Im Zuge des Ukraine-Krieges wurden in Deutschland an mehreren Standorten innerhalb kurzer Zeit Schiffsterminals errichtet, an denen verflüssigtes Erdgas (LNG) importiert werden kann. Bislang handelt es sich dabei um schwimmende Anlegeterminals, auf denen das verflüssigte Gas wieder verdampft und anschließend ins Erdgasnetz eingespeist wird.

Eines dieser Terminals betreibt die belgische Firma Tree Energy Solutions (TES) in Wilhelmshaven. Es soll mittelfristig durch ein festes Terminal an Land ersetzt werden. Im März vermeldete TES, dass die Bundesnetzagentur für diese Pläne eine Freistellung von zahlreichen Regulierungen zugesichert hat – eine Sonderregelung, von der TES und andere Betreiber von LNG-Terminals profitieren.

TES bezeichnet das Terminal als "Wilhelmshaven Green Energy Hub". Allerdings hat das Projekt mit grüner Energie im Moment nichts zu tun. Es wird konventionelles Erdgas angeliefert. Doch langfristig, so verspricht TES, soll hier grünes Gas importiert werden – und zwar in Form von Methan, das mit erneuerbaren Energien hergestellt wird.

Methan aus grünem Wasserstoff und CO2

Für derartiges E‑Methan benötigt man zunächst grünen, also mit erneuerbaren Energien produzierten Wasserstoff. Der Wasserstoff wird anschließend zusammen mit Kohlendioxid im sogenannten Sabatier-Prozess zu Methan umgewandelt, als Nebenprodukt entsteht Wasser. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, chemisch unterscheidet sich E‑Methan davon nicht.

E‑Methan wird unter verschiedensten Namen diskutiert. TES selbst bezeichnet sein zukünftiges Produkt als E‑NG (Electric Natural Gas), andere Quellen sprechen auch von SNG (Synthetic Natural Gas) oder schlicht E‑Gas. Gemeint ist das Gleiche.

Dass es prinzipiell möglich ist, Methan so herzustellen, ist keine Neuigkeit. Die Möglichkeit, E‑Methan als Transport- und Speichermedium für erneuerbare Energien zu nutzen, wurde in Deutschland als Power-to-Gas bereits seit Längerem diskutiert.

Mit Unterstützung von Audi baute die Kiwi AG eine Pilotanlage im niedersächsischen Werlte, die 2013 in Betrieb ging. Der Erfolg blieb jedoch aus, die Kiwi AG wurde in einem Insolvenzverfahren aufgelöst.

Viele Fachleute und Wissenschaftler sind skeptisch, ob E‑Methan wirklich eine sinnvolle Energiewendetechnologie darstellt. Dafür lohnt es, zunächst einen Schritt zurückzugehen – und über die Rollen von Wasserstoff und seine verschiedenen Derivate zu sprechen.

Methanol, Ammoniak – oder doch Methan?

Erneuerbare Energien werden in Zukunft die dominierende Energiequelle sein, in den meisten Fällen in Form von elektrischer Energie. Doch während Elektrifizierung in vielen Fällen große Vorteile hat, etwa weil Verluste durch Abwärme und heiße Abgase vermieden werden können, wird es Bereiche geben, in denen eine Elektrifizierung schwierig oder unmöglich ist.

Das betrifft zum einen Fälle, in denen höhere Energiedichten benötigt werden, beispielsweise den Flugverkehr. Zum anderen gibt es diverse Anwendungen fossiler Rohstoffe, die chemisch bedingt sind. Das betrifft Prozesse wie die Reduktion von Stahl, aber auch die direkte stoffliche Nutzung von fossilen Rohstoffen, etwa bei der Herstellung von Düngemitteln oder Kunststoffen.

In einigen dieser Fälle kann Wasserstoff eine Lösung sein. Doch auch Wasserstoff hat seine Tücken. Er lässt sich nur schwer über längere Strecken transportieren, und in Fällen, in denen kohlenstoffhaltige Chemikalien nötig sind, hilft Wasserstoff nicht weiter.

Daher geht es bei der Diskussion um Wasserstoff auch viel um sogenannte Wasserstoff-Derivate. Statt Wasserstoff direkt zu nutzen, kann dieser in Folgeprodukte wie Ammoniak oder Methanol umgewandelt werden, die einfacher transportierbar sind und höhere Energiedichten pro Volumen ermöglichen.

Auch E‑Methan ist ein Wasserstoff-Derivat, doch lange spielte es in der Diskussion keine große Rolle. Man ging davon aus, dass es in den meisten Fällen anderen Alternativen unterlegen ist und dass es fast immer sinnvoller ist, entweder Wasserstoff direkt zu nutzen – dann spart man sich einen Umwandlungsschritt – oder auf andere Chemikalien wie Methanol oder Ammoniak zurückzugreifen.

Das wird etwa deutlich, wenn man Methan – ein gasförmiger Kohlenwasserstoff – und Methanol – eine flüssige Alkoholverbindung – vergleicht. Methan besteht aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen (CH4), ein Methanol-Molekül enthält zusätzlich ein Sauerstoffatom (CH3OH). Prinzipiell kann man beide Stoffe aus Wasserstoff und Kohlendioxid herstellen.

Grünes Methanol kann höhere Effizienzen erreichen

Rein von der thermodynamischen Effizienz hat die Produktion von Methanol Vorteile. Bei einer Produktion von Methan aus Wasserstoff und Kohlendioxid – dem Sabatier-Prozess – werden vier H2‑Moleküle und ein CO2-Molekül benötigt, um ein Methanmolekül zu produzieren, es fallen zudem zwei Wassermoleküle als Nebenprodukt an.

Bei der Methanolsynthese wird aus drei H2‑Molekülen und einem CO2-Molekül ein Methanolmolekül. Es braucht daher zumindest unter Idealbedingungen weniger energieintensiv hergestellten Wasserstoff, um grünes Methanol zu synthetisieren, und es entsteht weniger Abwärme. Die erreichbare Effizienz ist damit höher.

Zudem hat Methanol als Flüssigkeit einige Vorteile gegenüber einem Gas wie Methan. Es ist einfacher zu transportieren und zu lagern, und es gibt kein Problem mit Gasaustritten. Letztere sind bei Methan ein besonderes Problem, da es ein starkes Treibhausgas ist. Ähnliches gilt übrigens auch für reinen Wasserstoff, wenn auch in geringerem Maße.

Beide Moleküle – Methan und Methanol – benötigen für die Herstellung Kohlendioxid. Das ist keineswegs trivial. Zwar gibt es heute theoretisch genügend Emissionsquellen, die man dafür anzapfen könnte, doch langfristig müssen fossile CO2-Quellen ersetzt werden.

Die Nutzung von Kohlendioxid als Rohstoff – oft als Carbon Capture and Utilization (CCU) bezeichnet – verhindert in aller Regel keine CO2-Emissionen, sie werden lediglich verzögert. Wenn man mithilfe von Emissionen aus einer fossilen Quelle – oder auch aus chemisch bedingten Emissionen etwa aus der Zementindustrie – kohlenstoffhaltige Chemikalien produziert und diese anschließend wieder verbrennt, landet der darin enthaltene Kohlenstoff am Ende trotzdem als Kohlendioxid in der Atmosphäre. Dieselbe Problematik gilt für fast alle Formen von E‑Fuels.

Für solche Technologien kommen daher langfristig nur CO2-Quellen in Betracht, bei denen der Kohlenstoff entweder aus Biomasse stammt – mit Einschränkungen, dazu später mehr – oder bei denen Kohlendioxid direkt aus der Luft entnommen wurde. Letzteres wird als Direct Air Capture (DAC) bezeichnet, es benötigt viel Energie und ist vergleichsweise teuer.

Ohne Kohlenstoff, aber mit Sicherheitsproblem: Ammoniak

Aufgrund dieser Schwierigkeiten wäre es attraktiv, auf ein Wasserstoff-Derivat ohne Kohlenstoff zu setzen: Ammoniak. Ein Ammoniak-Molekül besteht aus einem Stickstoff- und drei Wasserstoff-Atomen, es enthält keinen Kohlenstoff.

Ammoniak ist ein Gas und wird heutzutage fast ausschließlich aus fossil produziertem Wasserstoff hergestellt. Es wird zur Produktion von Düngemitteln verwendet. Man könnte Ammoniak auch als Energieträger einsetzen, so wird diskutiert, künftig Schiffe mit grünem Ammoniak anzutreiben. Auch eine Verbrennung in Kraftwerken ist denkbar.

Ebenso wird diskutiert, Ammoniak als Wasserstoff-Transportmedium zu nutzen und in Ammoniak-Crackern wieder zurück in Wasserstoff zu konvertieren. Allerdings: Die Verluste durch die vielen Umwandlungsschritte sind dabei sind sehr hoch. Zudem macht es kaum Sinn, Ammoniak zurück zu Wasserstoff zu konvertieren, solange im Zielland in Düngemittelfabriken Ammoniak aus fossilem Wasserstoff hergestellt wird.

Der Transport von Ammoniak ist einfacher als der von reinem Wasserstoff, und in gewissem Umfang bereits etabliert. Doch Ammoniak hat einen großen Nachteil: Es ist extrem giftig. Bereits heute kommt es regelmäßig zu tödlichen Unfällen.

Ein weiteres Problem: Bei der Verbrennung von Ammoniak können große Mengen an Stickoxiden und Lachgas entstehen. Stickoxide sind gesundheitsschädlich, Lachgas wiederum ist ein starkes Treibhausgas. Ammoniak als Energiequelle kommt daher nur mit hohen Sicherheitsstandards und entsprechender Filtertechnologie infrage.

Eine Lösung ohne Nachteile gibt es nicht, was sicher dafür spricht, Wasserstoff und seine Derivate nur dort zu nutzen, wo es keine effizienteren Alternativen durch direkte Elektrifizierung gibt. Doch zumindest scheint es, dass sehr wenig für E‑Methan spricht.

Die direkte Nutzung von Wasserstoff kann Erdgas in vielen Fällen ersetzen. Wenn man ein kohlenstoffhaltiges Molekül oder eines mit höherer Energiedichte benötigt, bietet sich Methanol an. Ammoniak wiederum benötigt für die Produktion kein Kohlendioxid. Für E‑Methan, so scheint es, ist da wenig Bedarf, und wenn es in einigen speziellen Fällen wirklich Methan braucht, kann man auf Biogas zurückgreifen.

Doch Firmen wie TES und einige kleinere Start‑ups, die ebenfalls auf E‑Methan setzen, sehen einen großen Vorteil. Methan kann direkt die bestehende Erdgasinfrastruktur nutzen. Womit sich der Blick wieder auf das LNG-Importterminal in Wilhelmshaven richtet.

Ineffizient, aber ohne viel Umrüstung verwendbar

Im Zuge des Ukraine-Krieges hat Deutschland an mehreren Standorten Gas-Importterminals gebaut. Nicht alle waren davon begeistert, in Zeiten der Klimakrise mit viel staatlicher Unterstützung eine neue fossile Infrastruktur aufzubauen.

Doch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wiegelte ab und versprach: Die neuen LNG-Terminals seien "H2‑ready". Sie könnten in Zukunft genutzt werden, um Wasserstoff oder seine Derivate zu importieren. Allerdings: Das Ministerium von Robert Habeck hat nie gesagt, was mit "H2‑ready" genau gemeint ist.

An einer späteren Umrüstung der Terminals auf Wasserstoff gab es durchaus Zweifel. Wasserstoff und Erdgas sind sehr unterschiedliche Gase. Ein Import von Flüssigwasserstoff, den die meisten Fachleute sowieso für viel zu ineffizient halten, ist mit einem Erdgasterminal kaum vorstellbar.

Auch eine Umrüstung auf Ammoniak erscheint schwierig. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) kommt zu dem Schluss, dass "eine spätere Umrüstung von LNG-Terminals zum Import von Flüssigwasserstoff oder Ammoniak mit großen Unsicherheiten behaftet ist".

Hier kommt nun wieder TES ins Spiel. Das Unternehmen präsentierte zunächst die Idee, dass man synthetisch hergestelltes Methan importieren und anschließend damit Wasserstoff produzieren könnte. Machbar ist das, sonderlich effizient ist es nicht. Vermutlich ist die Methan-Variante sogar noch ineffizienter als die Lösung mit Ammoniak-Crackern.

Doch an den LNG-Terminals müsste man dafür überhaupt nichts ändern, und auch bestehende LNG-Transportschiffe und Transportleitungen könnten genutzt werden. Erdgas besteht überwiegend aus Methan, es kann eins zu eins durch E‑Methan ersetzt werden. Ist das also eine gute Lösung, um LNG-Terminals für Wasserstoffimporte zu nutzen – oder wegen der vielen Umwandlungsschritte zu teuer und ineffizient?

Zu den Kritikern von TES gehört der Londoner Energieexperte Michael Liebreich. Er berät Energieunternehmen und hat die Analysefirma New Energy Finance gegründet, die heute als Bloomberg NEF (Bnef) bekannt ist. Liebreich vertritt häufig kontroverse Positionen, auch zu Wasserstoff-Herstellung und -Transport, genießt aber in der Energie- und Klimadebatte ein hohes Ansehen.

Im Mai 2023 hatte Liebreich den Chef von TES, Marco Alverà, für seinen Podcast "Cleaning Up" befragt. Liebreich machte dabei deutlich, dass er vom Konzept von TES wenig hält – und warf Alverà indirekt vor, ein Geschäftsmodell entworfen zu haben, das auf das maximale Abgreifen von Subventionen abzielt.

Subventionen aus Washington, Brüssel und Berlin

TES plant inzwischen zwei E‑Methan-Produktionsfabriken im US-Bundesstaat Texas. Die USA haben 2022 unter Präsident Joe Biden den Inflation Reduction Act verabschiedet, ein Gesetz, das umfangreiche finanzielle Subventionen für zahlreiche Klimaschutztechnologien vorsieht.

Interessanterweise bestritt TES-Chef Alverà die Vorwürfe der Subventionsstapelung im Gespräch mit Liebreich nicht und sagte sogar selbst: "Man erhält eine Subvention für die CO2-Abscheidung, man erhält eine Subvention für die Produktion erneuerbarer Energien, man erhält eine Subvention für die Produktion von Wasserstoff. Und wissen Sie was? Vielleicht können wir in Europa sogar noch weitere Subventionen bekommen."

Auf Nachfrage relativiert TES-Technikchef Jens Schmidt die Subventionen. Was der Inflation Reduction Act für Wasserstoff bereitstellt, sei vergleichbar mit dem, was man in den USA an höheren Stromkosten im Vergleich zu noch besser für erneuerbare Energien geeigneten Standorten zahlt. Zudem rechne er nicht damit, dass die USA dauerhaft exportierte Energie subventionieren werden, so Schmidt. Und beim CO2 habe man durch die US-Subventionen sogar Nachteile.

Schmidt sagte auch, dass aus den TES-Anlagen in Texas möglicherweise gar kein E‑Methan nach Deutschland importiert wird. Es könnte auch aus Anlagen im Nahen Osten oder von innereuropäischen Standorten wie Spanien oder Schweden kommen.

Tatsächlich kann TES auch in Europa mit Subventionen rechnen, sowohl indirekt durch die EU als auch in Deutschland. Bereits jetzt hat das Unternehmen den Vorteil, dass das LNG-Terminal von den im Zuge des Ukraine-Krieges gewährten Sonderregelungen profitiert.

TES kann zudem darauf setzen, dass das importierte E‑Methan als "Renewable Fuel of Non-Biological Origin" (RFNBO) gilt. Damit bezeichnet die EU Produkte wie Wasserstoff und E‑Fuels, also Energie in Form von Molekülen, die grün produziert wurden, aber keine sogenannten Biokraftstoffe sind. Die Agrokraftstoff-Förderung ist an anderer Stelle geregelt.

Die EU plant an diversen Stellen Quoten für RFNBOs. So sollen etwa Kraftstoffe und perspektivisch auch industriell genutzte Brennstoffe in gewissen Anteilen durch solche erneuerbaren Energierohstoffe ersetzt werden. Neben den Quoten können Industrieunternehmen, die RFNBOs nutzen, sich unter bestimmten Bedingungen den Kauf von Emissionszertifikaten im europäischen Emissionshandel sparen – zumindest ist das bisher der Plan der EU.

In Deutschland wollten künftige Kunden von TES von einer weiteren Subvention profitieren, wodurch das Thema plötzlich zu einem heißen Eisen in Berlin wurde.

Ministerium empfahl Rücknahme von Anträgen für E‑Methan-Projekte

Die Bundesregierung plant, Industrieunternehmen bei der Umstellung auf innovative Klimaschutztechnologien mit sogenannten Klimaschutzverträgen zu unterstützen. Dabei sollen die Unternehmen Mehrkosten, die ihnen durch zunächst teurere Technologien entstehen, ersetzt bekommen.

In einem Vorab-Verfahren konnten Firmen, die solche Klimaschutzverträge nutzen möchten, ihr Interesse anmelden. Dabei meldeten sich insgesamt 14 Firmen, deren Klimaschutzprojekte darauf basierten, künftig E‑Methan einzusetzen. Die genaue Zahl der Interessenbekundungen ist nicht bekannt, nach Schätzungen dürfte es sich aber bei mehr als einem Zehntel um E‑Methan-Projekte handeln.

Die große Zahl an Projekten, die E‑Methan nutzen wollten, führte nun zu Sorgen, dass hierdurch andere Technologien ausgebremst werden, die langfristig wichtiger sind. So könnten etwa Gelder für Elektrifizierungsprojekte fehlen oder der Aufbau eines Wasserstoffnetzes ausgebremst werden. Bei Letzterem gibt es auch direkte Zielkonflikte mit E‑Methan.

Es besteht die Hoffnung, dass man künftig Teile des bestehenden Erdgasnetzes auf Wasserstoff umrüsten könnte. Dabei gibt es einige technische Herausforderungen, es ist aber wohl machbar. Doch das funktioniert natürlich nur, wenn die Leitungen nicht weiter zum Transport von Erdgas – oder anderweitig hergestelltem Methan – genutzt werden.

Im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz reagierte man skeptisch auf die vielen potenziellen E‑Methan-Projekte. Die betroffenen Unternehmen wurden angeschrieben, und es wurde ihnen empfohlen, die Anträge zurückzuziehen.

"Vorhaben sind dann förderfähig, wenn die behaupteten Treibhausgasemissionsminderungen Einsparungen im Sinne des EU‑ETS sind", schreibt das Wirtschaftsministerium auf Anfrage. Das EU-ETS ist das europäische Emissionshandelssystem. Begründung des Ministeriums: "Das geltende EU‑ETS-Rechtsregime muss angewendet werden, und synthetisches Methan ist derzeit im EU‑ETS nicht anerkannt."

Das Wirtschaftsministerium sagt also, im Moment werde E‑Methan nicht gefördert, weil es im europäischen Emissionshandel noch nicht vorgesehen ist. Die Anerkennung im Emissionshandel soll allerdings kurz bevorstehen, und es ist zu erwarten, dass E‑Methan von TES die Voraussetzungen dafür erfüllt. In Hintergrundgesprächen hört man die Einschätzung, dass dies eher ein vorgeschobener, formaler Ablehnungsgrund sei, und es eigentlich um etwas anderes geht.

In den Förderrichtlinien für die Klimaschutzverträge ist an mehreren Stellen davon die Rede, dass "transformative Produktionsverfahren" unterstützt werden sollen. Und das ist der eigentliche Knackpunkt: Handelt es sich bei Verfahren, die lediglich fossiles Methan durch erneuerbares Methan ersetzen, um transformative Verfahren?

Letztendlich ändert sich für die entsprechenden Industrieunternehmen überhaupt nichts, sie müssen keine neuen Technologien einsetzen. Sie kaufen statt Erdgas lediglich E‑Methan, das bereits von zahlreichen anderen Förderinstrumenten profitiert.

Indirekte Quersubventionierung durch fossile Infrastruktur?

Zudem besteht die Sorge, dass der scheinbare Vorteil von E‑Methan – die Nutzung bestehender fossiler Infrastruktur – sich auch als Nachteil erweisen könnte.

In der Anfangsphase könnte E‑Methan bestehende Gasleitungen, LNG-Terminals und andere Infrastruktur der fossilen Gasindustrie mitnutzen. Doch günstig sind diese Anlagen vor allem, weil sie weiterhin von der fossilen Industrie genutzt werden.

Langfristig könnte die Sache deutlich anders aussehen. Der Gasverbrauch wird zurückgehen müssen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, selbst wenn ein kleiner Teil des Gases durch grüne Alternativen wie E‑Methan – oder auch Biomethan – ersetzt wird.

Die Befürchtung: Das E‑Methan lohnt sich nur, solange es viele Subventionen gibt und die fossile Infrastruktur dessen Verteilung indirekt quersubventioniert. Und am Ende sind effizientere und günstigere Alternativen nicht ausgebaut, weil der Druck zur Umstellung wegfällt.

In ähnliche Richtung argumentiert auch eine Analyse des Thinktanks Agora Industrie. Dort heißt es: "Die kurzfristige Verwendung bestehender Erdgasnetze für SNG-Transporte beinhaltet ein Transformationsrisiko, wenn dadurch die notwendige Umstellung der Methan-Netze auf Wasserstoff verschleppt wird. Angesichts ihrer kritischen Bedeutung sollte der Fokus in Deutschland auf der Umrüstung zu und dem Bau von Wasserstoffpipelines liegen."

Auch aus LNG-Tankern entweichendes Methan wird unterschätzt

Ein weiteres Problem, das bei allen Nutzungen von Methan besteht, ist die Tatsache, dass es sich dabei selbst um ein starkes Treibhausgas handelt. Überall, wo Methan austritt und in die Atmosphäre entweicht, sorgt das für zusätzliche Klimaerwärmung.

Satellitenbilder, Wärmebildkameras und bessere Messmethoden haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass klar wurde, dass die Gasindustrie Methan in viel höherem Maße ausstößt, als bisher bekannt war. Ob es sich dabei um fossiles oder grünes Methan handelt, ist unerheblich. Es ist chemisch dasselbe Gas. Für den Klimaschutz ergibt die Nutzung von E‑Methan – oder auch Biomethan – nur dann Sinn, wenn diese Leckagen sehr gering gehalten werden.

Klimaschädliches Erdgas wird heute oft per Schiff als LNG transportiert. Ist es sinnvoll, künftig stattdessen E‑Methan zu transportieren? (Bild: Gordon Leggett/​Wikimedia Commons)

Das Konzept von TES sieht, zumindest für Deutschland, den Import über bestehende LNG-Terminals vor. Verflüssigtes Erdgas hat hierbei die Eigenschaft, dass ein Teil davon während des Transports wieder gasförmig wird. Dieses sogenannte Boil‑off-Gas wird üblicherweise genutzt, um die Motoren der LNG-Transportschiffe anzutreiben.

LNG galt lange Zeit als vergleichsweise sauberer Schiffstreibstoff. Doch auch hier zeigte sich, dass die Methanleckagen höher sind als erwartet. Im Rahmen einer 2022 veröffentlichten Studie wurden erstmals konkrete Messungen auf einem LNG-Transportschiff durchgeführt. Dabei entwichen etwa 3,8 Prozent des verwendeten Boil‑off-Gases in die Atmosphäre – deutlich mehr, als man bis dahin angekommen hatte.

Anfang dieses Jahres veröffentlichte Messungen eines Forschungsprojekts der Organisation ICCT legen nahe, dass in manchen Schiffsmotortypen über sechs Prozent Methan entweichen. Auch beim Abladen von LNG-Transportschiffen konnte ICCT Methanemissionen feststellen, wenngleich in vergleichsweise geringem Umfang. Diese Ergebnisse sind nicht nur für den Transport von LNG relevant, sondern auch für die teilweise diskutierte Möglichkeit, generell Schiffe mit LNG-Motoren künftig mit E‑Methan zu betanken.

Klar ist jedenfalls: Wenn E‑Methan eine Klimaschutzlösung sein soll, muss man die Methanemissionen entlang der gesamten Kette mitberücksichtigen – und Austritte weitgehend vermeiden.

Problematische Kohlendioxid-Quellen

Weitere Fragen ergeben sich bei den Quellen für das Kohlendioxid. TES hat hier auch die Möglichkeit ins Spiel gebracht, CO2 in einer Art Kreislauf zu nutzen. Dabei könnte das bei der Nutzung von E‑Methan frei werdende Kohlendioxid aufgefangen und zum Produktionsort zurückgebracht werden – möglicherweise sogar in denselben Schiffen.

Allerdings gibt es bislang keine CO2-Transportschiffe. Noch größer sind die technischen Hürden für Transportschiffe, die sowohl Methan als auch Kohlendioxid transportieren können.

Und auch das Einfangen des Kohlendioxids ist eine Herausforderung. Mit dem ursprünglichen Konzept von TES, Methan an Küstenorten zu Wasserstoff zu reformieren, wäre das vielleicht noch praktikabel. Wenn aber Methan von zahlreichen Industrieunternehmen dezentral genutzt wird, ist das Abfangen und Zurücktransportieren deutlich schwieriger. Zum einen, weil es über bislang nicht existierende CO2-Pipelines zurücktransportiert werden müsste, zum anderen, weil in der Industrie häufig eingesetzte Gasverbrennungsprozesse nur eine geringe CO2-Konzentration im Abgasstrom aufweisen. Das CO2 daraus abzutrennen, ist energieintensiv und teuer.

Zumindest für seine ersten Projekte will TES auf andere CO2-Quellen setzen. Im Gespräch sagte Technikchef Jens Schmidt, dass man für ein Projekt in Kanada Kohlendioxid aus einer Zellstoff- und Papierfabrik nutzen möchte. In den USA sei man mit Bioethanol-Raffinerien im Gespräch.

Schmidt erläuterte auch, warum seiner Ansicht nach die Förderung für die CO2-Abscheidung in den USA keinen Vorteil für TES bringt. US-Unternehmen können eine höhere Förderung erhalten, wenn sie das Kohlendioxid unterirdisch einlagern. Wer die Infrastruktur aufbaut, um es abzufangen, setzt das CO2 dort ein, wo es am meisten Geld bringt. Wenn ein Unternehmen wie TES Kohlendioxid kaufen möchte, wird das entsprechend eingepreist.

Unabhängig davon dürfte die Nutzung von CO2 aus Bioethanol-Raffinerien ebenfalls für Kontroversen sorgen. Hier lohnt es nochmal, die Frage zu stellen, was eigentlich klimaschonende CO2-Quellen sind. Klar ist: Kohlendioxid fossilen Ursprungs zu nutzen, das später wieder freigesetzt wird, ist mit einer klimaneutralen Zukunft nicht vereinbar.

Über die genauen Bedingungen, was als akzeptable CO2-Quelle gilt, wird auf EU-Ebene kontrovers diskutiert. Aus den Reihen potenzieller E‑Fuels-Produzenten gab es zuletzt Vorstöße, die geplanten Regelungen weiter aufzuweichen.

Sprit aus Bioethanol ist nicht klimafreundlich

Neben Direct Air Capture gilt Kohlendioxid aus Bioenergie als mögliche Quelle für TES. Die naive Ansicht hierzu – und auch der Grund, warum Bioenergie als klimafreundlich gilt: Bei der Verbrennung von Bioenergieträgern wird nur so viel CO2 frei, wie die Pflanzen bei ihrem Wachstum aufgenommen haben.

Doch die Realität ist komplexer. Die Klimabilanz von Bioenergiepflanzen wird durch zahlreiche Faktoren bestimmt. Stickstoffdünger wird in aller Regel aus fossilen Rohstoffen hergestellt und enthält teilweise sogar fossilen Kohlenstoff. Zudem sorgen die Düngemittel für Lachgasemissionen, die den Treibhauseffekt verstärken.

Der Anbau von Energiepflanzen sorgt dafür, dass Flächen nicht anders genutzt werden können, etwa um sie schlicht der Natur zu überlassen, was in vielen Fällen Kohlenstoff bindet. Und Bioenergie benötigt extrem viel Fläche. Diese Landnutzungseffekte sorgen indirekt für sehr hohe Emissionen, wenngleich sie schwierig zu berechnen sind.

In den USA wird Bioethanol in großem Stil als Beimischung für Treibstoffe genutzt. Doch klimafreundlich ist das nicht. Eine Studie, die auch indirekte Effekte der Landnutzung berücksichtigte, kam dort 2022 zu dem Schluss, dass Bioethanol in der Klimabilanz sogar schlechter als fossiler Treibstoff ist.

Für die EU gilt bislang, dass CO2 aus biogenen Quellen geeignet ist, um grüne Kraftstoffe herzustellen. Beim Biosprit strebt die EU allerdings darauf an, möglichst auf weniger schädliche Biokraftstoffe umzusteigen, etwa solche, die aus Reststoffen produziert werden.

Ob es da sinnvoll ist, für synthetische Treibstoffe und Gase CO2 aus der besonders umstrittenen Bioethanol-Produktion einzusetzen, erscheint zumindest fragwürdig. Diese Frage stellt sich allerdings nicht nur bei E‑Methan, sondern bei allen synthetischen kohlenstoffhaltigen Produkten, etwa bei E‑Fuels oder grünem Methanol.

Ob E‑Methan bei den vielen Schwierigkeiten einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, bleibt fraglich. Am Ende könnte es eine teure Lösung sein, die niemand bezahlen möchte – und zu einer Diskussion darüber führen, ob man länger auf fossiles Erdgas zurückgreift, weil Alternativen fehlen.