Menschen mit Gasmasken in einem Demonstrationszug, auf Transparenten steht
Demonstration gegen neue Kohlekraftwerke auf den Philippinen mit Unterstützung von 350.org. (Foto: 350.org)

Klimareporter°: Der Name 350.org geht auf eine Studie des Klimaforschers James Hansen von 2008 zurück. Danach darf die CO2-Konzentration in der Luft 350 ppm nicht dauerhaft übersteigen, um einen Klimakollaps zu verhindern. Inzwischen liegt der Wert bei 420 ppm. Wie muss die Klimabewegung darauf reagieren, dass trotz all ihrer Anstrengungen die Klimakrise weiter eskaliert?

Kate Cahoon: Ich glaube, wir sind im öffentlichen Diskurs schon viel weiter als noch vor ein paar Jahren: Das Thema Klimaschutz ist gesetzt. Aber das zeigt sich nicht wirklich in den politischen Maßnahmen, das stimmt.

Eine Vielfalt der Strategien und Schwerpunkte ist wichtig, um auch neue Zielgruppen zu erreichen. Wir reden immer davon, dass der Klimawandel mehr Beachtung findet, aber viele Leute denken noch gar nicht darüber nach.

Besonders wichtig ist es klarzumachen, dass es um Systemveränderungen geht. Klimaschutz wird auch heute noch oft auf individuelle Handlungsveränderungen verkürzt. Die Klimabewegung hat das verstanden, aber damit die Massen noch nicht erreicht.

Dass viele gesellschaftliche Gruppen diese Krise noch gar nicht im Blick haben, müssen wir beachten. Wir müssen überlegen, wie wir an sie rankommen, und neue Kommunikationsstrategien entwickeln. Wir dürfen als Klimabewegung nicht nur mit uns und unter uns reden.

350.org beschäftigt sich viel mit der Finanzierung fossiler Energien. Ist das ein Thema, mit dem sich neue gesellschaftliche Gruppen erreichen lassen?

Das Thema Finanzierung von fossilen Energien war lange zu abstrakt, um damit viele Menschen zu erreichen. Zusammen mit anderen Gruppen wie Fridays for Future haben wir das verändert. Wir haben die Verbindung von fossilen Energien zu staatlichen Subventionen, zu Krediten von großen Banken und anderen Institutionen nachvollziehbar gemacht. Wir haben gezeigt, dass es auch anders geht. Strategisch sind wir heute viel weiter als noch vor ein paar Jahren.

Unser Fokus ist dabei, Öffentlichkeit für diese Themen zu schaffen. Und ja, ich glaube auf jeden Fall, dass wir damit auch neue Gruppen erreicht haben.

Wir machen keine Lobbyarbeit. Einmal, weil wir nicht groß und wichtig genug sind, aber auch, weil wir glauben, dass der Druck von der Straße kommen muss. Es reicht nicht, wenn wir zum Beispiel mit den Grünen zusammenarbeiten und dann ein schönes policy paper vorlegen. Mit dem Papier passiert am Ende ohnehin nichts. Es braucht viel mehr Druck aus der Gesamtgesellschaft.

Aber wie entsteht dieser Druck aus der Gesamtgesellschaft?

Das kommt immer auf das jeweilige Thema an. Bei unserer Finanzkampagne versuchen wir zum Beispiel, Deutsche-Bank-Kunden zu erreichen. Das ist ein großer Querschnitt der Gesellschaft. Die wollen wir dazu bewegen, aus der Deutschen Bank auszusteigen. Junge Menschen, mit denen wir zusammen die Klimastreiks organisiert haben, können versuchen, ihre Eltern und Großeltern zu überzeugen. Als Massenaktion ist das eine coole Strategie.

Porträtaufnahme von Kate Cahoon.
Foto: Christian Schneider

Kate Cahoon

Die australische Feministin und Umwelt­schützerin arbeitet in Berlin als Campaignerin bei der internationalen Klima­schutz­organisation 350.org. Zuvor war sie bei Gender CC – Women for Climate Justice tätig. Sie hat an mehreren UN-Klima­konferenzen teilgenommen.

Was in Deutschland besonders wichtig ist, ist die Verknüpfung der verschiedenen Kämpfe und Bewegungen. Das klingt banal, aber für einen Systemwandel brauchen wir Bündnispartner:innen. Wir brauchen Bündnisse mit Gewerkschaften, der Mietenbewegung, Initiativen von Pflegekräften und so weiter.

Wir haben alle das gleiche Ziel: eine radikale Veränderung der Gesellschaft. Wir wollen, dass eine andere Art von Arbeit wertgeschätzt und aufgewertet wird, wir wollen weg von fossilen Energien, wir wollen eine Umverteilung von Reichtum.

Diese Bündnisse aufzubauen ist nicht einfach, weil alle in ihren eigenen Kämpfen stecken. Es passiert zwar schon punktuell, aber noch viel zu wenig. Großbritannien ist da schon weiter. Nach einigen Jahren Austeritätspolitik merken die Leute dort sehr deutlich, wie teuer Energie geworden ist und wie schwer das für viele Mieter:innen wird. Da sind Bündnisse zwischen Klima- und Mietergruppen wesentlich weiter verbreitet.

In der Klimabewegung wird diese Debatte seit einiger Zeit geführt: Wie lässt sich der politische Druck erhöhen? Über einige Punkte haben wir schon gesprochen. Was sind taktische next steps?

Ich glaube auch, dass es ein Problem ist, wenn sich die Taktiken immer nur wiederholen. Fridays for Future hat wahnsinnig viel geleistet. Aber immer wieder zu streiken und junge Leute auf die Straße zu bringen, ist zwar wichtig, aber für Medien irgendwann nicht mehr so interessant. Und es baut auch politisch nicht mehr so viel Druck auf, besonders wenn die Teilnahmezahlen eher abnehmen.

Wir versuchen immer, neue, auch kreative Taktiken zu etablieren, die zum Thema passen, und neue inhaltliche Zuspitzungen zu setzen. Es darf nicht bei einem allgemeinen Plädoyer für Klimaschutz stehen bleiben, sondern es müssen klare Themen mit klaren Zielen gesetzt werden.

Deshalb ist für uns das Thema Finanzierung zentral. Es könnte jetzt sofort die Finanzierung für fossile Projekte eingestellt werden, und das würde faktisch dazu führen, dass fossile Brennstoffe im Boden bleiben.

Es wird in der Klimabewegung momentan auch über Sabotage oder friedliche Sachbeschädigung diskutiert. Sind das legitime Aktionsformen?

"Eine Eskalation in den Strategien ist erforderlich"

Alle Formen von friedlichem zivilem Widerstand sind legitim. Ziviler Ungehorsam wurde immer wieder infrage gestellt. Dann hat Ende Gelände bewiesen, dass man das friedlich und anschlussfähig durchführen kann. Die Bilder der Ende-Gelände-Aktionen waren ganz anders, als viele erwartet hatten. Es waren die Bilder von Massen, die in die Kohlegruben gehen – friedlich, bunt, vielfältig.

Friedliche Sabotage war ein effektives Mittel in vielen Protesten und in vielen Ländern. Wenn gut kommuniziert wird, warum man das macht, hat das auf jeden Fall seinen Platz in der Klimabewegung.

Sollten sich die großen Gruppen, allen voran Fridays for Future, für solche Strategien aussprechen?

Friedliche Sabotage weiß ich jetzt nicht (lacht). Aber eine Eskalation in den Strategien ist erforderlich. Wie gesagt, vieles wurde erreicht, aber es führt nicht zu konkreten Veränderungen.

Doch die Klimabewegung muss auch darauf achten, anschlussfähig zu bleiben, und anschlussfähiger zu werden. Wenn sich die Bewegung zu sehr in eine Richtung bewegt, mit der sich viele Menschen unwohl fühlen, dann schadet das der Bewegung. Egal welche Aktionsform, Aktionen müssen so gestaltet werden, dass sie zugänglich für möglichst viele Menschen sind. Dann finde ich das sinnvoll.

Ich möchte nochmal zu der Kampagne gegen die Deutsche Bank zurückkommen. Was ist hier der Hauptfokus?

Das Kernthema unserer Kampagne sind fossile Finanzen. Das baut, wie wir finden, strategisch sehr klug, auf der Divestment-Kampagne auf. In der Divestment-Kampagne, die vor allem in den USA sehr groß war, ging es im Kern darum, über fossile Brennstoffe aufzuklären.

Es war natürlich toll, wenn man eine Universität oder eine Kirche dazu bringen konnte, nicht mehr in fossile Energien zu investieren. Aber das Hauptziel war, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass fossile Energien keine Zukunft haben können. Also weg von Kohle und Öl und Gas.

Divestment war eine tolle Einstiegskampagne. Jetzt geht es uns mehr um die direkte Finanzierung der Industrie. Also Banken, Regierungen, Zentralbanken. Die stecken nach wie vor viel Geld in diese Brennstoffe, obwohl wir wissen, dass das nicht kompatibel mit den Klimazielen ist. Unser Ziel ist es, diese Geldströme zu stoppen. Denn wenn die fossile Industrie kein Geld mehr hat, dann kann sie ihre Projekte nicht durchführen.

Warum gerade die Deutsche Bank?

Eigentlich ist es eine globale Kampagne. In Asien ist sie ziemlich groß, denn gerade die großen japanischen Banken investieren wahnsinnig viel in fossile Projekte, genauso wie US-amerikanische Banken. Aber es passiert eben auch nach wie vor in Europa.

Zu den größten Playern gehört dabei nun mal die Deutsche Bank. Deshalb konzentrieren wir uns auf sie. Die Deutsche Bank finanziert den Kohlekonzern RWE, Fracking in Argentinien – und eine schreckliche Ölpipeline in Uganda und Tansania.

Diese East African Crude Oil Pipeline, EACOP, ist ein Projekt des französischen Mineralölunternehmens Total. In den nächsten Jahren soll die EACOP gebaut werden. Viele Versicherungen und Banken haben sich von dem Projekt bereits zurückgezogen.

Deshalb nehmen wir die Deutsche Bank in den Blick – als eine der Letzten, die an dem Projekt festhalten und groß genug sind, es zu finanzieren. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir Erfolg haben und die Deutsche Bank wegen des öffentlichen Drucks einknickt.

Wieso?

Soweit ich weiß, sind gerade strengere Nachhaltigkeitsrichtlinien der Deutschen Bank in Arbeit. Und es gibt bereits neue soziale Richtlinien. Bei EACOP sind schon jetzt Menschenrechtsverletzungen nachweisbar. Das Projekt wird einfach immer heikler für die Investoren.

Ich denke, das Projekt wird der Deutschen Bank durch die viele negative Öffentlichkeit am Ende mehr schaden als nützen. Wir wünschen uns, dass die Bank die Finanzierung aller fossilen Brennstoffe ausschließt. Das wird so schnell nicht passieren, aber das Ende dieser Pipeline wäre ein wichtiger Zwischenschritt.

350.org versucht Kund:innen der Deutschen Bank zu überzeugen, ihr Konto zu kündigen. Wird noch auf andere Weise Druck auf die Bank ausgeübt?

Während der Deutsche-Bank-Hauptversammlung am 19. Mai in Frankfurt am Main gibt es öffentlichkeitswirksame Aktionen vor Ort, initiiert vom Koala-Kollektiv, einer Gruppe, die eng mit uns zusammenarbeitet. Wir haben auch eine Petition gestartet.

"Umweltschäden werden von europäischen Finanzinstitutionen outgesourct"

Eine weitere coole Aktion war, dass wir massenhaft schlechte Google-Bewertungen bei Filialen und dem Hauptsitz der Deutschen Bank abgegeben haben. In den Kommentaren haben wir geschrieben, welche Projekte die Deutsche Bank unterstützt und welche Folgen diese Projekte haben. Das ist eine schöne Taktik, weil sie sehr öffentlich ist und jede:r mitmachen kann. Die Deutsche Bank kann die Bewertungen und Kommentare auch nicht einfach wieder löschen.

Die Deutsche Bank soll also so sehr um ihr Image fürchten, dass sie schließlich von EACOP zurücktritt?

Genau. Und wir freuen uns, wenn das Thema von anderen Gruppen aufgegriffen wird. Fridays for Future hat uns stark bei der Kampagne gegen EACOP unterstützt. Die ugandische Fridays-Aktivistin Hilda Flavia Nakabuye kam über uns nach Berlin zum Klimastreik. Es gab eine spontane Aktion beim Energiekonzern Total in Berlin. So haben wir Öffentlichkeit für EACOP geschaffen.

Das Projekt war lange Zeit in Europa ziemlich unbekannt, obwohl es die größte beheizte Ölpipeline der Welt werden soll – finanziert mit europäischen Geldern. Das hat natürlich einen neokolonialen Charakter: Umweltschäden werden von europäischen Finanzinstitutionen outgesourct.

Die Stimmen von Betroffenen vor Ort in den Mittelpunkt zu rücken, ist uns sehr wichtig. Globale Gerechtigkeit ist eines der Kernthemen von 350.org.

Der Protestforscher Simon Teune sprach im Interview von einer strategischen Ratlosigkeit der Klimabewegung. Vor allem, seit der auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg nun ein mehr oder weniger verbindliches Ziel der Ampelregierung ist. Das hört sich bei 350.org ja nicht so an.

Ich verstehe schon, was er meint. Aber es gibt viele wichtige Themen und viele Gruppen mit verschiedenen Schwerpunkten. Und das ist auch gut so.

Früher haben sich Klimagruppen kaum um Erdgas gekümmert, weil Kohle immer Tagesordnungspunkt Nummer Eins war. Aber Erdgas ist ein äußerst wichtiges Thema. Wir müssen verhindern, dass es Lock-in-Effekte gibt und Deutschland auf Jahrzehnte von Erdgas abhängig wird.

Diese thematische Breite birgt zwar die Gefahr, dass man sich verzettelt, aber es ist auch wichtig, keine dieser Fragen zu vergessen. Ich halte die inhaltliche Vielfalt der verschiedenen Gruppen auch für eine Stärke der Klimabewegung.

Ich habe trotzdem noch nicht so richtig verstanden, welche Rolle 350.org eigentlich innerhalb der Klimabewegung einnimmt.

Wir konzentrieren uns auf öffentlichkeitswirksame Kampagnen. Außerdem machen wir viel Hintergrundarbeit. Das heißt, wir bauen neue Gruppen mit auf und unterstützen junge Gruppen.

Wie weiter mit dem Protest?

Die Klimabewegung hat erreicht, dass die Krise als Problem erkannt wurde und ein Umdenken begonnen hat. Zu konsequentem Klimaschutz, wie ihn das Paris-Abkommen verlangt, hat das noch nicht geführt. Mit welchen Strategien lässt sich der politische Druck erhöhen? Über die Herausforderungen, Veränderungen und Perspektiven spricht Klimareporter° mit Aktivist:innen aus einzelnen Zweigen der Klimabewegung und mit einem Protestforscher. Die ganze Interviewserie gibt es hier.

Wir haben sowohl Ende Gelände als auch Fridays for Future in ihren Anfängen unterstützt. Mittlerweile sind beide Gruppen, zumindest in Deutschland, wesentlich größer als wir. Luisa Neubauer war studentische Hilfskraft bei uns und gerade während des Aufbaus von Fridays for Future Deutschland haben wir wahnsinnig viel Energie in die Klimastreiks gesteckt.

Früher haben wir eine Scharnierfunktion zwischen den großen Umweltorganisationen und den radikaleren Klimagerechtigkeitsgruppen gehabt. Wir hatten da nie Berührungsängste. Heute gibt es diesen Austausch auch ohne uns. Und wir arbeiten digital, mit Petitionen, aber nicht überwiegend wie zum Beispiel Campact.

Nicht zuletzt ist 350.org ein globales Netzwerk. Wir haben Kontakte in viele Länder und auch zu vielen Aktivist:innen im globalen Süden. Das ist sehr wichtig, um etwa Redner:innen, die selbst von einem bestimmten Projekt betroffen sind, anzusprechen. Diese Netzwerkfunktion erfüllen wir nach wie vor.

Was ist denn der Hauptunterschied zwischen 350.org und den großen Umweltorganisationen wie Greenpeace, WWF oder Nabu?

Da wir weniger Berührungsängste haben, arbeiten wir mehr mit Graswurzelgruppen zusammen. Wir unterstützen kleinere Klimagruppen und helfen solche Gruppen aufzubauen.

Ich glaube, ein wichtiger Unterschied ist auch, dass wir nicht immer unser eigenes Logo in den Vordergrund stellen. Wir machen nicht nur "gebrandete" Kampagnen, um uns selbst als Marke zu pushen, sondern eben viel Hintergrundarbeit.

Susanne Egli von Extinction Rebellion wünschte sich im Interview mehr strategischen Austausch innerhalb der Klimabewegung ...

Sich zu vernetzen ist immer wichtig. Momentan haben wir nicht mehr die Kapazitäten, um Vernetzungstreffen zu organisieren oder häufig dran teilzunehmen. Aber das haben andere Gruppen übernommen: Parents for Future, Together for Future oder noch kleinere Initiativen wie das Movement Hub und das Konzeptwerk neue Ökonomie.

Es muss eine gewisse Rollenverteilung geben und dafür ist Austausch wichtig. Dann können zum Beispiel Extinction Rebellion und Greenpeace gut nebeneinander existieren. Solange sie sich gut ergänzen und sich die Bälle zuspielen, klappt das.

Ich muss allerdings auch sagen, dass ich eigentlich keine andere Bewegung kenne, die sich so intensiv austauscht wie die Klimabewegung. Ich bin auch in anderen Bewegungen aktiv, und da ist das bei Weitem nicht so (lacht).

350.org war eine der ersten Gruppen, die offen Selbstkritik an der Klimabewegung geübt hat: Sie sei zu weiß und zu akademisch. Wie lässt sich das durchbrechen?

Das ist eine der größten Herausforderungen für die Bewegung. Wir versuchen, vieles von vornherein mitzudenken. Wir nennen das Front-Loading (lacht). Also zum Beispiel: Welche Themen werden behandelt? Für welche Gruppen sind diese Themen besonders interessant?

"Die Kultur des Aktivismus in Deutschland ist ziemlich exklusiv"

Wir versuchen, neuen Gruppen im Entstehen Werkzeuge mitzugeben, mit denen sie diverser werden können. Auch Webinare haben wir dazu schon organisiert.

Wir arbeiten viel mit Betroffenen zusammen. Bei der EACOP-Kampagne haben wir versucht, auch die ugandische und tansanische Diaspora-Community in Deutschland anzusprechen. Wir erfragen auch bei Gruppen von Betroffenen, inwiefern wir sie unterstützen können. Es gibt da tolle Initiativen wie das Black Earth Collective, mit denen wir gemeinsame Projekte gemacht haben.

Letztendlich geht es darum, einen Blick für diejenigen zu bekommen, deren Stimmen weniger gehört werden, und zu versuchen, sie in den Vordergrund zu stellen. Das versuchen wir auch immer wieder in unserer Öffentlichkeitsarbeit. Wenn wir zum Beispiel neokoloniale Ausbeutungsstrategien behandeln, dann stößt das auf Resonanz bei einer anderen Zielgruppe.

Aber unser Anspruch ist es auch, diese Themen der weißen Mehrheitsgesellschaft zugänglich zu machen. Damit sie sehen: "Hey, das ist ja wirklich nicht gerecht."

Simon Teune meint, dass der ganze Habitus der Klimabewegung für manche gesellschaftlichen Gruppen nicht so ansprechend ist: wie dort diskutiert wird, wie die Organisierung läuft, welche Rolle Emotionen spielen.

Die Kultur des Aktivismus in Deutschland ist ziemlich exklusiv. Das sehe ich auch so. In anderen Ländern ist das nicht so ein Problem. Da bestehen viele Klimagruppen auch aus Betroffenen, zum Beispiel Menschen, die in ärmeren Stadtteilen wohnen und dort mit Umweltverschmutzung zu kämpfen haben. Bei der Selbstorganisation von Betroffenen sind andere Länder einfach wesentlich weiter.

In Deutschland spricht man lieber über Betroffene als mit ihnen. Wir versuchen neuen Gruppen zu zeigen, wie man das ändern kann. Zum Beispiel, einfache Sprache in der Gruppe verwenden oder darauf achten, zu welcher Uhrzeit Aktionen stattfinden.

Ob das ausreicht, ist eine andere Frage, aber ich finde, darauf muss geachtet werden. Gerade linksradikalere Gruppen reden gerne unter sich.

Das letzte Wort haben unsere Interviewpartner:innen.

Mir ist es wichtig, dass es ein sehr breites Angebot in der Klimabewegung gibt, mit verschiedenen Taktiken und Menschen. Nur so bauen wir genügend Druck auf, um was zu verändern. Wir wissen ja, es ist zu spät und es passiert viel zu wenig. Es ist also keine Zeit mehr für Selbstgespräche der Klimabewegung.

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