Frau mit langem Rock und Kopftuch geht auf leerer Straße, im Hintergrund Bäume und kleine Häuser.
Im dörflichen Rumänien hat es "Fridays for Future" schwer. (Foto: Körös Egyesület/​Pixabay)

Meine Freunde und ich befinden uns in einem kleinen Dorf in der Nähe von Sibiu, einer Stadt mitten in Rumänien. Vor uns steht eine Gruppe rumänischer Kinder und Jugendlicher. Ich frage sie, ob sie wissen, was die Klimakrise ist. Die Dolmetscherin übersetzt, die Kinder schauen ratlos und schütteln die Köpfe.

Umweltschutz, CO2? Erneutes Kopfschütteln. Natur kennen sie: Tiere, Pflanzen. Das Meer – Unsicherheit. Rumänien hat zwar einen Zugang zur See, doch das Schwarze Meer liegt etwa 500 Kilometer von Sibiu entfernt.

Zusammen mit der Dolmetscherin versuche ich es noch mal: Das Meer ist wie ein sehr großer See. Aber wenn das Wasser steigt, sind manche Dörfer überschwemmt – so, wie wenn es hier ganz stark regnet. Wir erklären den Anstieg des Meeresspiegels. So einfach es geht, beschreiben wir die Klimakrise und auch das Plastikproblem. Wir erklären, was getan werden muss und wie junge Menschen überall auf der Welt für Klimagerechtigkeit und Klimaschutz auf die Straße gehen.

Unsere Debatten-Blase

Für drei Wochen war ich für ein Sozialpraktikum in Rumänien. Nur einige Autominuten entfernt von dem kleinen Dorf, in dem ich war, gibt es tatsächlich eine Fridays-for-Future-Gruppe. Sie wird von einem Mädchen organisiert, das es sehr schwer hat, Menschen zum Streiken zu motivieren. Die Mentalität der Leute sei eine komplett andere, sagt sie mir.

Das habe auch ich selbst erfahren. Doch nach unserer kurzen Einführung in den Klimaschutz gehen wir zusammen Müll sammeln. Die Kinder sind erstaunlich motiviert, trotz des vielen Mülls auf den Straßen.

Elena Balthesen spricht in ein Mikro.
Foto: privat

Elena Balthesen

ist 17 Jahre alt und geht in die 11. Klasse einer Waldorf­schule in München. In ihrer Kolumne "Balthesens Aufbruch" macht sie sich auf die Suche nach Wegen für ihre Generation, aus der Klimakrise heraus­zu­kommen. Sie ist bei "Fridays for Future" in München aktiv.

Es hat mich zum Nachdenken gebracht: Nur einige Zugstunden entfernt sieht die Welt von Gleichaltrigen komplett anders aus als meine. Von den Weltgeschehnissen bekommen viele der Menschen, die ich während meines Praktikums getroffen habe, nichts mit.

"Fridays for Future" wird in Deutschland immer größer und wir bekommen die Illusion, bereits etwas erreicht zu haben. Dass es durch unseren Kampf gegen die Klimakrise langsam, aber stetig vorangeht. Ich habe das Gefühl, hier in einer Blase zu leben.

Natürlich ist es bekannt, dass die Klimakrise in anderen Ländern nicht so groß in der Debatte steht, nicht nur in Rumänien. In vielen Ländern ist das Klima kaum ein Thema in den Medien und die Menschen machen sich über Anderes Gedanken.

Reden allein ist kein Klimaschutz

Wenn ich zum Beispiel lese, wie in Brasilien gerade enorme Flächen Regenwald abgeholzt werden, werde ich pessimistisch. Aber Brasilien, das ist ein anderer Kontinent, das fühlt sich für mich weit weg an. Rumänien ist viel näher – dass meine Klima-Debatten-Blase schon in Europa platzt, hat mich erschreckt.

In Deutschland gibt es eine stabile Demokratie und die meisten Politiker erkennen die Klimakrise als Problem und menschengemacht an. Das sind gute Voraussetzungen für unsere Bewegung, die längst nicht überall gelten. Die ältere Generation wacht langsam auf. Politiker, denen vorher alles Grüne und Nachhaltige unbekannt oder egal zu sein schien, reden plötzlich über CO2-Steuer und Kohleausstieg.

Gleichzeitig muss einem bewusst sein, dass eine große Debatte allein noch kein Klimaschutz ist. Bisher hat auch die deutsche Regierung noch lange nicht die notwendigen Maßnahmen gegen die Klimakrise ergriffen. Wir sind im Zugzwang, denn wir haben viel zu tun. Unser kollektiver CO2-Fußabdruck gehört zu den größten der Welt. Den von Rumänien übertrifft er auf jeden Fall um Längen.

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