Windräder in der Abenddämmerung
Das neue EEG hat für die Windenergie nicht viel zu bieten. (Foto: Markus Distelrath/​Pixabay)

Vor gut einem Monat beschloss der Bundestag das EEG 2021, die jüngste Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lobte die mehrere hundert Seiten starke Novelle, nicht ohne unfreiwilligen Humor, als "großen und zentralen Schritt für die Energiewende".

Von der Zustimmung, mit der die EEG-Novelle zuletzt auch von der Ökostrombranche übergossen wurde, ist nicht viel übrig. Die in hunderten Seiten Gesetzestext verankerten Stolpersteine treten jetzt hervor, etwa das Recht der Bundesnetzagentur, bei kommenden Ausschreibungen für Windkraft an Land das Gesamtvolumen zu kürzen, sofern nicht genügend Gebote eingehen.

Neue EEG-geförderte Windprojekte wollen einfach nicht billiger werden. 2020 blieben sie hartnäckig jenseits der sechs Cent je Kilowattstunde. Mit der Kürzung des Volumens sollen die Projektierer in einen härteren Preis-Wettbewerb gezwungen werden.

Ob das klappt, ist natürlich fraglich. Denn die Gründe dafür, dass es nicht genügend konkurrierende Windkraft-Projekte gibt, liegen jenseits von Wettbewerb und Ausschreibung – vor allem bei den Hemmnissen, neue Windanlagen genehmigt oder alte repowert zu bekommen.

Hier hat die EEG-Novelle nicht viel vorangebracht. Die inzwischen formelhaften Aufforderungen etwa der Windbranche an Altmaier, doch seine Aufgabenliste von 2019 endlich abzuarbeiten, laufen ins Leere.

Gebotsspirale nach unten bei Wind-Ausschreibungen

Die Branche selbst befürchtet, dass mit den Kürzungen bei den Ausschreibungen ein fataler Mechanismus in Gang gesetzt wird. Die Zahl der Gebote könnte nach und nach sinken, weil Unternehmen aussteigen, die befürchten, keinen Zuschlag zu erhalten.

Dadurch sinkt die Gebotsmenge – was zu einer weiteren Reduzierung des Ausschreibungsvolumens führt. Der Bundesverband Windenergie (BWE) fordert dagegen, die 2018 und 2019 "übrig" gebliebenen Ausbauvolumina von diesem Jahr an erneut auszuschreiben.

Bundesumwelt- und -wirtschaftsministerium beschwichtigen hier mit den nahezu gleichen Argumenten: Das habe man aufgrund der Forderungen der EU-Kommission machen müssen, und ob es zu der Spirale nach unten komme, sei gar nicht ausgemacht, auch würden die Kürzungen ab 2024 wieder draufgepackt.

Bei solcher Einigkeit der beiden entscheidenden Player wird die nächste EEG-Novelle an der Gebotspolitik wohl nichts ändern. Auch zum augenscheinlich noch offenen Thema, den Ausbauzielen, kann das Umweltministerium seinen Staatssekretär Jochen Flasbarth gern vorschicken, um via Tagesspiegel die Wünsche zu verkünden – der Drops ist, wie man so sagt, gelutscht.

Das wettbewerbsverliebte Haus Altmaier kann sich nämlich ganz bequem auf einen Entschließungsantrag der Koalition berufen. Auf den hatten sich Union und SPD parallel zum EEG 2021 geeinigt, um ihren Streit über die Erneuerbaren-Ausbauziele beizulegen, besser gesagt: in dieses Jahr zu verschieben.

In dem mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD beschlossenen Antrag fordert der Bundestag die Bundesregierung unter Punkt eins auf, "in Anlehnung an das Vorgehen für die Jahre 2021/2022 ein Konzept zu erarbeiten, das die schrittweise Absenkung der EEG-Umlage mittels eines alternativen, haushaltsneutralen Finanzierungsmodells gewährleistet".

Höhere EEG-Umlage ausgeschlossen

Erst dann folgt unter Punkt zwei das Versprechen, "im ersten Quartal 2021 einen weitergehenden Ausbaupfad der erneuerbaren Energien zu definieren", kompatibel mit dem neuen europäischen Klimaziel von 55 Prozent CO2-Minderung bis 2030 gegenüber 1990.

Und damit jeder versteht, was wirklich wichtig ist, steht gleich nach dem Klimaziel-Satz noch einer zu den Kosten: "Eine Erhöhung der EEG-Umlage muss dabei ausgeschlossen werden."

Der Ausbau der Erneuerbaren soll also "haushaltsneutral" und ohne höhere EEG-Umlage vor sich gehen. Schon jetzt zieht sich das Bundeswirtschaftsministerium erkennbar auf dieses Kostenargument zurück – und kontert damit die wiederholte Forderung der Bundesumweltministerin, für 2030 einen Ökostromanteil von 80 Prozent statt wie bisher von 65 Prozent anzupeilen.

Für die 80 Prozent will die Bundesumweltministerin mit 150.000 Megawatt Photovoltaik und 95.000 Megawatt Wind an Land 2030 das Ausbautempo der Erneuerbaren quasi verdoppeln. Das ist für viele Experten das Mindesttempo, um die drohende Ökostromlücke nicht zu groß werden zu lassen.

Wie aber soll das finanziert werden, ohne die EEG-Kosten zu steigern? Wo im coronageschüttelten Bundeshaushalt will man etwas einsparen, um "haushaltsneutral" Milliarden Euro lockerzumachen? Aus der Umverteilung von noch mehr Einnahmen aus dem CO2-Preis?

Oder hoffen die Ökostromausbauer auf steigende Strompreise, damit sich mehr frei finanzierte Anlagen rechnen? Von sich aus werden die EEG-Kosten mit dem Abgang ausgeförderter Anlagen erst ab Mitte der 2020er Jahre spürbar zu sinken beginnen. Aber da soll die EEG-Umlage schon Geschichte sein, sagen jedenfalls Altmaier und auch die Grünen. Dass das alles vorn und hinten nicht zusammenpasst – wen kümmert's im Superwahljahr?

Mit der Union kommt 2021 Klimaschutz light

Von einem verdoppelten Ausbautempo will der Bundeswirtschaftsminister nach allem, was bisher bekannt ist, weniger als nichts wissen. Sein Haus verweist in einer an Medien verteilten Bilanz darauf, dass das Tempo des Erneuerbaren-Ausbaus in Deutschland in den letzten Jahren so hoch wie kaum in einem anderen Land gewesen ist. Kunststück: In der Zeit funktionierte das EEG ja noch leidlich.

Zumindest will auch Altmaier, dem Entschließungsantrag folgend, bis Ende März Vorschläge für einen weitergehenden Ausbaupfad der Erneuerbaren vorlegen. Der Rest seines energiepolitischen Ehrgeizes besteht jedoch eher im Klein-Klein.

Angekündigt werden eine Verordnung, um Wasserstoff-Elektrolyseure von der EEG-Umlage zu befreien, und eine Regulierung reiner Wasserstoffnetze, um die H2-Infrastruktur schnell auszubauen. Dass das Ministerium bereits einen richtigen Plan für solche Netze hätte, wie ein Nachrichtenmagazin schon mal verkündete, ist aber eher Wunschdenken.

Wasserstoff bleibt 2021 das Lieblingsthema von Altmaier und der Union. Braucht man dazu nicht mehr Ökostrom? In den Augen der Union nicht. Selbst wenn der Wasserstoff mit dem deutschen Strommix hergestellt wird, der ja inzwischen zur Hälfte erneuerbar ist, werden gegenüber früheren Jahren immer noch ein paar CO2-Emissionen gespart.

Das ist Klimaschutz light. Mehr ist in diesem Wahljahr nicht zu erwarten.

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