Ein Windpark, im Vordergrund liegen neue Rotoren für das Repowering.
Repowering im niedersächsischen Landkreis Cuxhaven. (Foto: Jens Meier/​BWE)

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) musste eigentlich direkt wieder los. Für den Abend hatte die Kanzlerin angesichts der steigenden Coronazahlen noch zum Gespräch mit den Ministerpräsidenten geladen, darum musste es am gestrigen Mittwochnachmittag schnell gehen bei der Pressekonferenz zur Windenenergie.

Dabei war Altmaiers Hektik durchaus mottogerecht, denn auch bei der Windenergie steht in nicht allzu ferner Zukunft ein Stichtag an, bei dem man sich beeilen sollte. Vom kommenden Jahr an rutschen Windräder, die 20 Jahre EEG-Förderung erhalten haben, aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz.

Der Bundesrepublik stehen dann empfindliche Einbußen im Bereich der Erneuerbaren bevor. Dabei sollen Photovoltaik, Windkraft und Co im Jahr 2030 immerhin 65 Prozent des deutschen Strommixes ausmachen.

Lange hat das Wirtschaftsministerium das Problem gerade bei der Windkraft ausgesessen. Auch der kürzlich von der Bundesregierung beschlossene Entwurf für das EEG 2021 überging das Förderende-Problem weitgehend.

Die Branche geriet langsam in Panik und machte mehr Druck – und siehe da: Obwohl das EEG 2021 schon im Bundestag schmort, fand der Wirtschaftsminister plötzlich Zeit für einen "Runden Tisch" mit Windbranche und windkraftinteressierten Ländern zu ebenjenem Problem: Was wird aus den Altanlagen, die aus der Förderung fallen?

Altmaier sieht enormen Repowering-Bedarf

Die Ergebnisse: Altmaier zufolge ist man sich darüber einig gewesen, in vielen Fällen ein sogenanntes Repowering der alten Anlagen durchzuführen. Repowering bedeutet, in die Jahre gekommene Windräder am selben Standort durch leistungsfähigere zu ersetzen, die den aktuellen Förderrichtlinien entsprechen. Für diesen Generationswechsel bestehe "enormer Bedarf", meinte der Minister: "Wir haben darüber diskutiert, ob es 40, 50 oder 60 Prozent sind."

Weiterer "weitgehender Konsens" sei gewesen, die Marktwirtschaft dort gewähren zu lassen, wo das Repowering nicht funktioniert. Altmaier bringt dazu mit den "Power Purchase Agreements" (PPA) nichts Neues in Spiel. Solche Verträge zwischen Windradbetreibern und Ökostromkunden gelten derzeit als letzter Rettungsanker für die Altanlagen und erlauben es den Betreibern, ihre alten Windräder außerhalb des EEG weiterlaufen zu lassen.

Für alle die Fälle, die sich weder repowern oder marktwirtschaftlich über PPA regeln lassen, versprach Altmaier, bis Weihnachten eine Lösung zu finden.

Olaf Lies (SPD), windkraftführender niedersächsischer Wirtschaftsminister, betonte nach dem Treffen zwar, er freue sich über das gemeinsame Ziel Repowering, bremste aber Altmaiers Kurs ab: In Niedersachsen gehe vor allem der Ausbau der neuen Anlagen "schleppend" voran. "Der allergrößte Teil selbst der genehmigten Projekte in Niedersachsen liegt vor Gericht", beklagte Lies. Anwohnereinwände und Artenschutz verzögerten vielerorts den Windradbau.

Altanlagen sollen eine Übergangsfrist bekommen

Lies setzte sich dafür ein, dass der Bund zunächst die Rahmenbedingungen verbessert und Genehmigungsbürokratie abbaut. Außerdem warb er dafür, in einer Übergangszeit – bis zum Neubau der repowerten Anlagen – den Strom aus den Post-EEG-Anlagen wirtschaftlich zu nutzen. Niedersachsen verliere ansonsten in den kommenden fünf Jahren rund 4.000 Megawatt Windkraftkapazität. Diese Übergangsphase gelte es vom Bund zu berücksichtigen und auszugestalten.

Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) bezifferte die Wind-Leistung, die in seinem Bundesland nicht mehr gefördert werde, auf 2.000 Megawatt. Auch er bekundete eine "große Bereitschaft zum Repowering" und hielt es bei schnelleren Genehmigungsverfahren mit seinem niedersächsischen Kollegen.

Dem Windbranchenverband BWE gefällt an den Ergebnissen vom "Runden Tisch" besonders der Wille zu Lösungen, um das Repowering deutlich nach vorn zu stellen und Bestandsanlagen überbrückend im System zu halten, wie der Verband hinterher mitteilte.

Aus Sicht der Branche ist allerdings "eine auf 24 bis 36 Monate zeitlich begrenzte Unterstützung für den wirtschaftlichen Weiterbetrieb" erforderlich, um "die Covid-19-Verwerfungen auszugleichen". Ein solcher Weiterbetrieb sichere zunächst die vorhandene Kapazität und verschaffe den Beteiligten Zeit, in der neue Genehmigungen erfolgen könnten.

Dafür reichten die Regelungen im EEG 2021 nicht aus, erklärte BWE-Präsident Hermann Albers. Die weitere Vergütung könne dabei zeitlich auf 24 bis 36 Monate beschränkt werden, wenn Bestandsflächen gesichert blieben, auf denen zügig repowert werde.

Anders gesagt: Die Gnadenfrist für die Altanlagen reicht nur dann aus, wenn die bisherigen Windkraft-Flächen gesichert bleiben und neue hinzukommen.

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