Es ist ein Schock für ganz Spanien, seit Donnerstag gilt eine dreitägige Staatstrauer. Die Unwetterkatastrophe im Süden und Osten des Landes dürfte in die Klimageschichte Spaniens eingehen, so wie die verheerenden Fluten im Ahrtal vor drei Jahren in die Deutschlands.

Wahrscheinlich mehr als 100 Tote, Schäden in hoher Milliardenhöhe, jahrelange Wiederherstellungsarbeiten. Die Tragödie ist so groß, dass eigentlich auch der letzte Klimawandel-Skeptiker verstummen müsste.

Die Spanien-Flut reiht sich ein in eine Serie von extremen Unwettern mit zum Teil historischen Niederschlagsrekorden, die Europa in allerjüngster Zeit heimgesucht haben. Polen, Österreich, Rumänien und Tschechien traf es im September, Frankreich Mitte Oktober, und nun ist Spanien dran.

Bis vor wenigen Jahren hätte die Klimaforschung dazu gesagt: Es ist zwar wahrscheinlich, dass Häufigkeit und Schwere solcher Ereignisse durch den Klimawandel zunehmen, der jeweilige Einzelfall lässt sich jedoch nicht darauf zurückführen. Das ist heute anders.

Die Erde ist bereits in einem neuen Modus

Inzwischen kann man eindeutig nachweisen, wie stark die globale Erwärmung die Extremwetterereignisse triggert. Für die Spanien-Katastrophe ist das noch nicht erfolgt. Doch für die September-Flut gibt es eine Berechnung der renommierten Forschungsgruppe World Weather Attribution.

Danach hat der Klimawandel ihre Wahrscheinlichkeit gegenüber einem noch nicht aufgeheizten Klima verdoppelt, und die Niederschlagsmengen lagen im Schnitt um sieben Prozent höher als "normal". Insgesamt handelte es sich regional um die stärksten Regenfälle, die dort bisher je gemessen wurden.

Am Mittwoch in der ostspanischen Provinz Valencia: Ein Tornado hat Zerstörungen an einem Verbrauchermarkt angerichtet. (Bild: Eduard Eidursson/​Wikimedia Commons)

Es ist höchst wahrscheinlich, dass eine Analyse für den aktuellen Fall Ähnliches ergeben wird. Für jeden halbwegs aufgeklärten Menschen ist klar, dass die Welt in einem neuen Modus rotiert.

Das im Pariser Klimaabkommen von 2015 angepeilte Sicherheitslimit einer globalen Erwärmung um maximal 1,5 Grad, die als noch beherrschbar gilt, ist heute praktisch schon erreicht. Und es zeigt sich, dass bereits dieses Niveau zumindest regional extreme Verwüstungen mit sich bringen kann.

Europa ist hierbei nicht einmal der Hotspot. Viele Länder, vor allem in Afrika und Südasien, haben schon deutlich stärker unter den Klimaveränderungen zu leiden als der alte Kontinent. Und es ist programmiert, dass die Schäden immer größer werden, da die Erwärmung mit jeder Tonne CO2, die in die Atmosphäre zusätzlich entlassen wird, zunimmt.

Nötig ist eine Doppelstrategie

Trotzdem: Für Resignation ist kein Platz. Die Spanien-Flut macht noch einmal deutlich, dass es eine Doppelstrategie braucht: CO2 sparen und sich an den Klimawandel anpassen. Es sind die zwei unverzichtbaren Komponenten der Überlebenshilfe im Jahrhundert der globalen Erwärmung.

Einerseits muss der Treibhausgasausstoß endlich weltweit drastisch heruntergefahren werden. Trotz aller Bemühungen seit Anfang der 1990er Jahre ist er in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegen, zuletzt auch nach der Corona-Delle wieder.

Doch angesichts der enormen Verbilligung der erneuerbaren Energien scheint eine Trendwende nun machbar. Diese Chance gilt es zu ergreifen, international durch das konsequente Verfolgen der einschlägigen Ziele etwa zur Verdreifachung der klimafreundlichen Energien bis 2030, aber auch durch den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas.

Andererseits müssen alle Länder in Nord und Süd viel mehr Geld in eine bessere Vorwarnung, Notfallpläne und die Anpassung an den Klimawandel stecken, als sie es bisher tun. Durch solche Strategien können nicht nur die akuten Gefahren von Extremwetter minimiert werden, auch die langfristigen wirtschaftlichen Schäden bleiben im Großen und Ganzen beherrschbar.

"Wir können nicht länger auf Zeit spielen"

Beides sind Themen, für die 1992 auf dem "Erdgipfel" in Rio de Janeiro die jährlichen UN-Klimakonferenzen eingerichtet wurden. Die 29. dieser Konferenzen beginnt in gut einer Woche in Aserbaidschan. Die vielen Extremwetterereignisse in diesem Jahr auf fast allen Kontinenten müssen hier als Weckruf wirken.

Denn was passiert, wenn sie das nicht tun, hat das UN-Umweltprogramm Unep gerade erst vorgerechnet. Dann nämlich ist nicht nur das 1,5-, sondern auch das Zwei-Grad-Limit der Erwärmung unrealistisch, sondern die Welt steuert auf ein Plus von mindestens drei Grad zu.

Dann würden diverse Kippelemente des Weltklimas ausgelöst werden, wie die Austrocknung des Amazonas-Regenwalds und das Abschmelzen der Eisschilde an Nord- und Südpol.

 

UN-Generalsekretär António Guterres mahnte angesichts der Unep-Zahlen, die immer häufigeren und intensiveren Klimakatastrophen stünden im direkten Zusammenhang mit steigenden CO2-Emissionen. Die Rekordemissionen bedeuteten Rekordhitze und Rekordregen.

Als Guterres das sagte, wusste er noch nichts von der aktuellen Katastrophe. Doch er sagte zu Recht: "Wir spielen mit dem Feuer, aber wir können nicht länger auf Zeit spielen."