Die weltweiten Treibhausgasemissionen sind auch im Jahr 2023 weiter angestiegen. Dabei müssen laut dem jüngsten Weltklimabericht die Emissionen vor 2025 ihren Höhepunkt erreichen und danach rapide sinken, um das 1,5-Grad-Ziel nicht endgültig aus den Augen zu verlieren.

Ein neuer Bericht des Berliner Thinktanks Climate Analytics macht Hoffnung, dass zumindest der erste Teil dieser Herausforderung gemeistert werden kann. Wenn der derzeitige Boom der erneuerbaren Energien, besonders der Wind- und Solarenergie, anhält, könnten demnach die Emissionen schon im nächsten Jahr sinken.

 

Bereits der "World Energy Outlook", den die Internationale Energieagentur IEA vor einem Monat veröffentlichte, attestierte den erneuerbaren Energien einen "phänomenalen Aufstieg" und kam zu dem Schluss, dass die fossilen CO2-Emissionen noch vor 2025 gipfeln könnten.

Dafür gibt es laut Climate Analytics verschiedene Hinweise. Mehr als die Hälfte des globalen Energiesystems hat ihren fossilen "Peak" bereits hinter sich. Hinzu kommt, dass die Energiewende in China, dem größten Einzelemittenten, schneller voranschreitet als angenommen.

China könnte laut Bericht sein Ausbauziel für Erneuerbare – 1,2 Millionen Megawatt bis 2030 – bereits 2025 deutlich übererfüllt haben. Damit übersteigt der Erneuerbaren-Ausbau in China den wachsenden Energiebedarf des Landes. Die Autor:innen folgern daraus, dass die Emissionen des chinesischen Energiesektors schon ab nächstem Jahr fallen werden.

Weltweit erreichen die Emissionen mit einer 65-prozentigen Wahrscheinlichkeit noch dieses Jahr ihren Höhepunkt, sofern die Erneuerbaren weiter mit gleichbleibender Geschwindigkeit ausgebaut werden. Wenn dazu noch Maßnahmen ergriffen werden, um weitere Treibhausgase wie Methan und Stickoxide zu vermeiden, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 70 Prozent.

Staatliche Finanzierung wirkt in die Gegenrichtung

Der Rekordzuwachs bei Wind- und Solarenergie habe bisher mit dem Wachstum des Energiebedarfs nicht mithalten können, das sei nun vorbei, sagte Neil Grant von Climate Analytics. Der Energieexperte aus London ist Hauptautor des Berichts.

"Wir nähern uns jetzt dem Wendepunkt, an dem die erneuerbaren Energien das Nachfragewachstum überholen und beginnen, Kohle, Öl und Gas zu verdrängen", so Grant. "Das würde den Anfang vom Ende der fossilen Wirtschaft bedeuten." Kohle würde gemäß der Analyse ihren Höhepunkt noch 2023 erreichen, Erdgas 2024 und Erdöl – sofern die hohen Wachstumsraten bei der Elektromobilität anhalten – 2025.

So optimistisch sind freilich nicht alle Prognosen. Dass der "World Oil Outlook" des Erdölkartells Opec von einem Anstieg der Ölnachfrage bis 2045 ausgeht, überrascht vielleicht noch nicht. Aber auch die US-Energiestatistikbehörde EIA geht in einer aktuellen Analyse davon aus, dass die Emissionen des Energiesektors in den nächsten Jahren entweder steigen oder auf gegenwärtigem Niveau stagnieren werden.

Auch Claire Fyson, Klimapolitik-Expertin bei Climate Analytics und Mitautorin des Berichts, hält es nicht für ausgemacht, dass 2023 als das fossile "Peak"-Jahr in die Geschichte eingeht. Das sei zwar möglich, sagte Fyson, "aber nur, wenn die Regierungen mit dem Markt zusammenarbeiten, erneuerbare Energien unterstützen und aufhören, mit der Finanzierung und Subventionierung fossiler Brennstoffe in die entgegengesetzte Richtung zu ziehen".

Verpflichtung auf dem Klimagipfel?

Eine Trendumkehr allein reicht zudem nicht aus. Die Emissionen müssen sinken. Und zwar rapide, laut Weltklimabericht um 43 Prozent bis 2030. Dafür müsste, so die Autor:innen, der Ausbau von grünen Technologien noch stärker anziehen.

Zudem müssten internationale Abkommen und Zusagen zur Minderung weiterer Treibhausgase endlich eingehalten werden. Für Methan gibt es zum Beispiel den "Global Methane Pledge", und sogenannte F‑Gase sind im "Kigali Amendment" geregelt.

"Anti-Klima-Politik" kann also dazu führen, den Emissions-Peak weiter in die Zukunft zu verschieben und die Energiewende auszubremsen. Und dieses Szenario ist nicht von der Hand zu weisen.

 

Ein erst vor wenigen Tagen veröffentlichter Bericht des UN-Umweltprogramms Unep zeigt, dass die aktuelle Klimapolitik der Staaten nur für eine Begrenzung der Erderhitzung auf knapp drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts ausreicht.

Um die 1,5 Grad in Sichtweite zu halten, muss die Staatengemeinschaft auf dem Weltklimagipfel COP 28, der in gut einer Woche in Dubai beginnt, die richtigen Weichen stellen. Claire Fyson: "Eine Verpflichtung auf der COP 28, den Emissions-Peak noch vor 2025 zu erreichen, würde ein klares Signal aussenden und zeigen, dass die Länder es ernst meinen."