"Schluss mit fossilen Brennstoffen – rettet unseren Planeten und unsere Zukunft", fordert eine Aktivistin beim Klimagipfel in Dubai. Die Security kann das nicht dulden, da gerade auf höchster Ebene verhandelt wird. (Bild: Mike Muzurakis/​IISD/​ENB)

Mit weniger als 24 Stunden Verspätung ist am Mittwoch die 28. UN-Klimakonferenz in Dubai (COP 28) mit der Annahme des "VAE-Konsenses" zu Ende gegangen. VAE steht für Vereinigte Arabische Emirate, das Gastgeberland der Konferenz.

Wie COP‑28-Präsident Sultan Al Jaber betonte, enthält der Abschlusstext "zum ersten Mal" die Worte "fossile Energien". Tatsächlich war es in der langen Geschichte der Klimakonferenzen bislang nicht möglich, den Hauptgrund für CO2-Emissionen und die daraus resultierende Klimaerwärmung zu nennen.

Nur "Kohle" schaffte es vorletztes Jahr in den Abschlusstext der Konferenz in Glasgow, aber Öl und Gas blieben unerwähnt. Diese Lücke wurde nun mit der Nennung von "fossilen Energien" geschlossen.

Der VAE-Konsens verpflichtet die Länder allerdings nicht dazu, aus der Verbrennung der Fossilen "auszusteigen". Das Dokument "ruft die Länder auf, zur globalen Anstrengung beizutragen", um die Welt auf einen 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Der Text sagt auch, was das bedeutet: Die Emissionen müssen vor 2025 ihren Höhepunkt erreichen und bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 fallen.

Der Text listet dann eine Reihe von Maßnahmen auf, zu denen die Länder beitragen sollen. Eine davon ist "der Übergang weg von fossilen Energien in den Energiesystemen". Diese etwas umständliche Formulierung war nötig, um einen Konsens zu erzielen, dem sowohl progressive Länder wie die EU als auch öl- und gasexportierende Länder zustimmen konnten.

Die acht Maßnahmen beinhalten eine Verdreifachung der Kapazität der erneuerbaren Energien, eine Verdopplung der Steigerungsrate bei der Energieeffizienz und eine "substanzielle" Absenkung der Methan-Emissionen bis 2030.

Bei einigen Maßnahmen werden allerdings auch umstrittene Technologien zur Umsetzung genannt. Dazu gehören fossiles Erdgas als Übergangslösung, Atomkraft und die CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS).

"Die ökonomische Realität wird einige Scheinlösungen verhindern"

Die meisten Umweltorganisationen lobten den VAE-Konsens als "Anfang vom Ende der fossilen Ära", bedauerten aber die Erwähnung von Erdgas und vor allem CCS. Linda Kalcher, Chefin des paneuropäischen Thinktanks Strategic Perspectives, sagte allerdings auch: "Die wirtschaftlichen Realitäten werden einige der falschen Lösungen, die in diesem Text noch immer enthalten sind, wie CCS und 'Übergangsenergien', zunichtemachen."

Die schärfste Kritik am VAE-Konsens kommt von Anne Rasmussen, der Umweltministerin von Samoa und Sprecherin der kleinen Inselstaaten: "Die erforderliche Kurskorrektur wurde nicht erreicht. Wir haben einen inkrementellen Fortschritt erzielt, obwohl wir eine exponentiell schnellere Gangart brauchen."

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock griff das in ihrem Statement auf und sagte an die Inselstaaten gewandt: "Wir sehen euch und fühlen mit euren Kindern, für die der Text nicht genug sein könnte." Dann betonte sie, dass der VAE-Konsens nur "ein Startpunkt" sei.

Letzteres ist einerseits eine Binse, denn es kommt ja nicht auf die Verabschiedung eines – letztlich unverbindlichen – Textes an, sondern auf die Umsetzung. Andererseits ist es aber auch ein Verweis auf das weitere Vorgehen nach dem Paris-Abkommen: Die Staaten müssen bis Anfang 2025 neue Klimaziele für das Jahr 2035 einreichen, die dann auch auf dem VAE-Konsens beruhen müssen.

Diese Pläne sollen künftig auch Ziele für die Anpassung an die Erderwärmung enthalten. Die Reaktionen auf das Kapitel zur Klimaanpassung im VAE-Konsens waren allerdings gemischt.

Für Ana Mulio Alvarez vom britischen Umwelt-Thinktank E3G ist das Glas halb voll: "Ursprünglich war die Anpassung an den Klimawandel ein Randthema, doch schließlich spielte sie eine Schlüsselrolle in den Ergebnissen der COP 28." Es gebe nun einen "Weg zur Verbesserung der Anpassungsmaßnahmen, der den Beginn einer koordinierten globalen Anstrengung für Anpassung und Widerstandsfähigkeit markiert".

Rixa Schwarz von der deutschen Umweltorganisation Germanwatch kritisiert hingegen, dass für diese Anstrengung nicht genug Geld zur Verfügung steht. Die vereinbarten Maßnahmen seien hinsichtlich der "finanziellen Unterstützung zur Klimaanpassung in Entwicklungsländern zu schwach", sagte Schwarz.

Keine Einigung zum CO2-Zertifikatehandel zwischen Staaten

Kritik gab es auch an den Passagen zur Klimafinanzierung allgemein. Hier waren größere Fortschritte aber aus zwei Gründen unwahrscheinlich. Zum einen soll nächstes Jahr entschieden werden, wie es mit den 100 Milliarden US-Dollar an jährlichen Klimahilfen von den Industriestaaten ab 2025 weitergeht. Deshalb wurden die meisten Diskussionen über Finanzierung schlicht ins kommende Jahr vertagt.

COP 28 in Dubai

Bei der 28. UN-Klimakonferenz in Dubai geht es um ein verbindliches Ausstiegsdatum aus den fossilen Energien. Klimareporter° ist mit einem Team vor Ort und berichtet mehrmals täglich.

Zum anderen ist die Klimakonferenz für viele Finanzströme nicht verantwortlich. Entscheidend sind hier die Entwicklungsbanken. Dem VAE-Konsens blieb daher nur, "die Bedeutung der Reform der multilateralen Finanzarchitektur, unter anderem der multilateralen Entwicklungsbanken" zu unterstreichen.

Ein Dämpfer bei den Finanzfragen war zudem die Zurückhaltung von wohlhabenden Entwicklungsländern mit hohen Pro-Kopf-Emissionen wie etwa Saudi-Arabien. Nachdem die Emirate 100 Millionen Dollar für den neuen Fonds für Verluste und Schäden zugesagt hatten, bestand die Hoffnung, dass andere nachziehen würden. Doch das ist nicht passiert.

Lob gab es schließlich für einen erneut gescheiterten Verhandlungsstrang. Die Staaten konnten sich wieder nicht über die Regeln für den Handel mit Zertifikaten einigen, die die Übertragung von Emissionsminderungen von einem Land auf ein anderes Land ermöglichen sollen.

"Das Fehlen einer Einigung verhindert, dass die Fehler des freiwilligen CO2-Marktes wiederholt werden", sagte Gilles Dufrasne von der Initiative Carbon Market Watch. "Wie die zahlreichen Skandale im Zusammenhang mit dem freiwilligen CO2-Markt in den letzten zwölf Monaten gezeigt haben, erfordert der Handel mit Zertifikaten strenge Umwelt- und Menschenrechtsvorschriften."

Ein Land, das hiervon betroffen ist, ist die Schweiz. Deren Delegationsleiter Felix Wertli gab sich angesichts des Fehlschlags jedoch gelassen: Die Verhandlungen zu dem Thema seien "sehr technisch" und bräuchten "mehr Zeit". Dass man auch in Dubai zu keinem Ergebnis gekommen sei, komme daher "nicht unerwartet".

 

Kritische Analyse: "Ab 1,5 Grad gibt es nur noch Verluste und Schäden" 

Kommentar von Joachim Wille: Fossiles Endgame – Klimaschutz beginnt zu Hause

Kommentar von Christian Mihatsch: Deutschland darf nicht wie Saudi-Arabien enden

Interview mit Mojib Latif: "Wir drehen uns im Kreis"

Expertenanalyse: Klimagipfel endet im Wünsch-dir-was