Die erste Einigung der möglichen Koalitionspartner CDU, CSU und SPD in puncto Energiewende und Klimaschutz ist sozial ungerecht, teuer und geht größtenteils in die völlig falsche Richtung.
Die mögliche Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes ist hochproblematisch. Dies schiebt die dringend gebotenen Maßnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden und die damit benötigten finanziellen Unterstützungen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Dabei gibt es im Gebäudesektor die größten Nachholeffekte.
Zudem führt eine drohende Abschaffung zu Verunsicherungen von Gebäudeeigentümern, behindert die Energiewende und zieht hohe Kosten nach sich, da Deutschland im europäischen Kontext verpflichtet ist, Ziele zur Emissionsminderung sowohl im Sektor Verkehr als auch Gebäude zu erreichen. Eine Nichterfüllung dieser Ziele zieht hohe Strafzahlungen nach sich.
Das Heizungsgesetz sollte nicht abgeschafft, sondern reformiert werden. Im Gebäudebereich sollten besser sozial gestaffelte Förderprogramme eingeführt werden, da gerade Bezieher niedriger Einkommen die Möglichkeit zur energetischen Sanierung bekommen müssen.
Besser wären auch zielgerichtete Tarife für Wärmepumpen oder Elektromobilität. Die energetische Gebäudesanierung braucht finanzielle Unterstützung. Investitionen in die Sanierung stärken das regionale Handwerk und die Wirtschaft, sie wirken als Konjunkturprogramm.
Claudia Kemfert
leitet die Energieabteilung am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Sie ist Professorin für Energiewirtschaft und Energiepolitik an der Universität Lüneburg, außerdem Vize-Vorsitzende des Sachverständigenrats für Umweltfragen der Bundesregierung und Herausgeberratsmitglied von Klimareporter°.
Die vorgeschlagene Strompreissenkung per Gießkanne schafft Fehlanreize, ist ineffizient und teuer. Eine so beabsichtigte Absenkung der Strompreise ist nicht zielgerichtet und nicht bedarfsgerecht wie beispielsweise die Auszahlung eines Klimageldes.
Ohnehin ist der Plan, die Strompreise für alle zu senken, kaum umsetzbar. Selbst wenn Netzentgelte und Stromsteuer wirklich gesenkt werden, ist das mit über zehn Milliarden Euro enorm teuer und ineffizient – und wird konterkariert durch das Ziel, 20.000 Megawatt Gaskraftwerke zu bauen.
Der Bau neuer Gaskraftwerke wirkt strompreissteigernd und kann mögliche Strompreisentlastungen sogar überkompensieren. Besser als eine teure und ineffiziente pauschale Senkung wäre eine bedarfsgerechte Entlastung der stromintensiven Industrie.
Atomkraft ist eine gefährliche Investitionsbremse
Die beste Energiepreisbremse ist ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien, denn diese wirken börsenstrompreissenkend. Die Industrie könnte sehr von sogenannten Power Purchase Agreements (PPA) oder auch von Differenzverträgen mit erneuerbaren Erzeugern profitieren. Dafür sollten also die Rahmenbedingungen verbessert werden.
Wer wie CDU und CSU eine Abschaffung des Flächenziels für den Ausbau der Windenergie auf die Agenda hebt, liegt falsch und handelt kontraproduktiv. Die Energiewende findet dezentral vor Ort statt, in jedem Bundesland. Ausreichende Flächen für Windenergie werden in ganz Deutschland benötigt.
Tacheles!
In unserer Kolumne "Tacheles!" kommentieren Mitglieder unseres Herausgeberrates in loser Folge aktuelle politische Ereignisse und gesellschaftliche Entwicklungen.
Auch ein möglicher Verzicht auf den naturschutzrechtlichen Ausgleich und eine Reduzierung der Verbandsklagerechte ist falsch und hochproblematisch und würde den Zielen des Umwelt- und Naturschutz widersprechen.
Beim Wasserstoff-Hochlauf ist eine Beschränkung auf grünen Wasserstoff nötig, da alle anderen Herstellungsarten entweder emissionsintensiv sind, wie blauer Wasserstoff, oder risikoreich, wie Wasserstoff auf Atomstrombasis.
Eine Rückkehr zur Atomenergie wäre teuer und falsch. Die alten Atomkraftwerke befinden sich größtenteils im Rückbau, die Betreiber haben sich deutlich dagegen ausgesprochen. Ihr Wiederbetrieb wäre unnötig, kostenintensiv, langwierig und ineffizient.
Dazu müsste das Atomgesetz geändert werden, müssten Brennstäbe gekauft, Mitarbeiter wieder eingestellt und Atomanlagen sicherheitstechnisch geprüft werden. Der Neubau ist gigantisch teuer, was man an den Neubauprojekten in England, Frankreich oder Finnland sieht.
In geopolitisch so risikoreichen Zeiten ist Atomenergie unnötig riskant und teuer. Atomenergie ist eine teure Innovationsbremse und gefährliche Investitionsbarriere.
Atomenergie ist energiewirtschaftlicher Wahnsinn. Sogenannte Small Modular Reactors (SMR) sind reine Power-Point-Reaktoren, teuer und nicht einsatzfähig. Die energetische Nutzung von Kernfusion liegt in weiter Ferne.
Und schließlich: Dass ein Klimageld nicht ausgezahlt werden soll, ist schade. Es würde zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen. Zudem wäre – auch klimapolitisch – ein generelles Tempolimit wünschenswert.