Neubaufassade in ocker und beige mit einfachen schmucklosen Fenstern.
Im Gebäudesektor zeigt sich, was Klimagerechtigkeit konkret bedeutet. (Foto: Martin Vorel/​Libreshot)

Die Bundesregierung will Klimaneutralität bis 2045 erreichen, die EU erst 2050. Und das ist noch umstritten.

Unstrittig ist: Um klimaneutral zu werden, müssen Millionen Häuser, Schulen, Büros, Supermärkte, Fabriken und Lagerhäuser ökologischer werden.

Klimawissenschaftler des Wuppertal-Instituts und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sind sich mit der Fridays-for-Future-Bewegung und Städten wie Konstanz oder Wuppertal einig, dass wir schon 2035 klimaneutral sein müssen, wenn Deutschland seinen Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel von Paris leisten will.

Die Klima-Union – eine Vereinigung von 1.000 CDU- und CSU-Mitgliedern – will Klimaneutralität sogar schon 2030, zumindest im Energiebereich.

Energie-Großverbraucher

Für 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU sind unsere Gebäude verantwortlich. 85 Prozent der heutigen Gebäude stehen auch noch im Jahr 2050, wenn die EU klimaneutral sein muss.

Deshalb will EU-Energiekommissarin Kadri Simson eine rasche energetische Gebäudesanierung, die so aussehen soll: 15 Prozent des Gebäudebestands mit der schlechtesten Klimabilanz müssen bis 2030 komplett saniert und gut gedämmt werden.

Ab 2030 müssen alle Neubauten klimaneutral errichtet und betrieben werden. 2050 sollen dann alle Gebäude in der EU klimaneutral sein.

Sowohl in Deutschland als auch in der gesamten EU wird zurzeit aber lediglich ein Prozent der Gebäude pro Jahr energetisch saniert. Diese Rate soll verdoppelt werden. Denn mit dem bisherigen Schneckentempo lässt sich das Klimaneutralitätsziel nicht erreichen.

Das wichtigste Ziel

In den klimaschädlichsten Gebäuden wohnen allerdings oft die Menschen mit den geringsten Einkommen. Sie können die hohen Sanierungskosten am wenigsten bezahlen. Hier wird bis zu zehnmal mehr Energie verbraucht als in den effizientesten Häusern.

Der Sanierungszwang für alte Häuser ist teuer. Je älter, desto teurer. Wer aber soll das bezahlen?

Franz Alt

ist Journalist und Buchautor. Er leitete 20 Jahre das politische Magazin "Report" beim Südwest­rundfunk, danach bis 2003 die Zukunfts­redaktion des SWR. Als einer der ersten deutsch­sprachigen Journalisten informierte er über den Klima­wandel und die nötige Energie­wende.

Durch die steigenden CO2-Steuern nimmt der Staat künftig durch besseren Klimaschutz viel Geld ein. Mit diesem Geld kann für die Ärmsten die Gebäudesanierung subventioniert werden.

Die Mittelschicht und die Reichen müssen und können die energetische Sanierung ihrer Häuser und Wohnungen selbst finanzieren. Sie sparen dafür in Zukunft Heizkosten und viel Geld durch den Umstieg auf erneuerbare Energien.

Allein in Deutschland wird die energetische Sanierung aller Gebäude bis zu einer Billion Euro kosten. Ein gigantisches Konjunkturprogramm, das viele Arbeitsplätze schafft.

Klimaschutz kostet. Aber kein Klimaschutz kostet noch viel mehr. Das wichtigste Ziel der neuen Bundesregierung ist Klimagerechtigkeit.

Interview mit Energieexperte Martin Pehnt: "Die Wärmewende muss eine soziale Wärmewende sein"

 

 

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