Vor einem Hausstromzähler eine Hand mit Euromünzen, nicht mehr als ein paar Euro.
Der CO2-Preis steigt und damit auch die Energiekosten. Damit das zu mehr Klimaschutz führt und nicht zu mehr sozialer Spaltung, müssen Konzepte her. (Foto: Federico Candoni/​Wikimedia Commons)

Klimaschutz, bei dem die Kosten vor allem auf künftige Generationen verschoben werden? Damit ist es in Deutschland seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorbei. Die Politik kommt nicht mehr umhin, die Folgekosten der Treibhausgasemissionen in die heutige Zeit einzupreisen – in Produkte und Dienstleistungen, in die Kosten von Energie, Mobilität, Wohnen und Ernährung.

Ein sofortiges Einpreisen der vollen Klimakosten einer Tonne CO2 – die zurzeit laut Umweltbundesamt bei 201 Euro liegen – würde zu unzumutbaren sozialen Verwerfungen führen. Darin sind sich die politischen Kräfte hierzulande einig.

Aber selbst ein langsamer Anstieg des CO2-Preises droht einkommensschwächere Haushalte zu überlasten. Wer knapp bei Kasse ist, kann nicht viel draufzahlen und häufig auch nicht auf emissionsärmere Alternativen ausweichen.

Und schließlich drohen, wenn vor allem Öl und Gas sich verteuern, nicht nur beim Tanken höhere Kosten, sondern auch beim Wohnen und bei vielen anderen Dingen, die mit fossiler Kraft transportiert werden.

Die sozialen Folgen eines absehbar steigenden CO2-Preises gehören denn auch zu den Wahlkampfklassikern: Die einen warnen von Verarmung und sozialer Spaltung, die andern weisen darauf hin, dass gerade Arme und sozial Benachteiligte zu den Gewinnern eines konsequenten Klimaschutzes gehörten.

Was aber schlagen die Parteien in ihren Wahlprogrammen konkret vor, um die sozialen Folgen des Klimaschutzes zu bewältigen? Wie gewichten sie das Thema? Was versprechen sie in ihren Wahlprogrammen?

SPD

Gewichtung: Auf 66 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff CO2-Preis fünfmal vor, davon einmal als CO2-Bepreisung. Die SPD geht dem Problem nicht aus dem Weg, betont es aber auch nicht besonders.

Inhalt: Zum sozialen Ausgleich will die SPD die EEG-Umlage bis 2025 abschaffen und die Förderung erneuerbarer Energien aus dem Bundeshaushalt finanzieren. Dazu sollen auch Einnahmen aus der CO2-Bepreisung dienen.

Das soll für die SPD aber nicht vordergründig einer sozial gerechten Finanzierung der Energiewende dienen, sondern den Einsatz der Erneuerbaren im Verkehr und für Gebäudewärme unterstützen. Mit dem absehbaren Ansteigen des CO2-Preises verspricht die Partei, für weitere soziale Ausgleichsmaßnahmen zu sorgen. Auch einen Pro-Kopf-Bonus will die SPD allgemein prüfen.

Im Gebäudebereich will die SPD gesetzlich dafür sorgen, dass der CO2-Preisaufschlag allein von der Vermieterseite getragen wird. Dabei orientiert sich die Partei am Ziel der Warmmieten-Neutralität.

Im Verkehr will die SPD eine Mobilitätsgarantie geben: Für jede Bürgerin und jeden Bürger in Stadt und Land soll es einen wohnortnahen Anschluss an den öffentlichen Verkehr geben. Ideen wie das 365-Euro-Ticket oder Modelle für einen ticketfreien Nahverkehr finden die Unterstützung der SPD.

CDU CSU

Gewichtung: Auf 140 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff CO2-Preis gar nicht und die CO2-Bepreisung ganze zweimal vor. Die Union tut eher so, als sei ihr die Bepreisung von außen zwangsweise aufgedrückt worden.

Inhalt: CDU und CSU wollen den "Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung straffen" und so schnell wie möglich zu einem europäischen Emissionshandel auch für die Bereiche Mobilität und Wärme übergehen. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen in vollem Umfang an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe zurückgegeben werden, und zwar durch "Stromverbilligung" – wobei etwas unklar ist, ob diese auch für die Bürger die vorgesehene Entlastung darstellt.

Auf jeden Fall wollen die Unionsparteien als Erstes die EEG-Umlage abschaffen. Dazu, wie dies finanziert wird, gibt es keine Angabe.

Bündnis 90/Die Grünen

Gewichtung: Auf 272 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff CO2-Preis – auch als CO2-Bepreisung, CO2-Mindest- oder -Schattenpreis – zwölfmal vor. Die Grünen pflegen einen entspannten Umgang mit dem Problem.

Inhalt: Die Grünen wollen die Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis direkt an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben. Das soll über die Senkung der EEG-Umlage sowie über das Energiegeld geschehen. Das Energiegeld ist als Rückerstattung pro Kopf geplant. Davon sollen auch Bezieher von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe profitieren, weil das Energiegeld nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird. 

Für Geringverdienende, die pendeln müssen, wollen die Grünen einen Klimabonus-Fonds auflegen, um den Umstieg auf Bus und Bahn oder ein emissionsfreies Fahrzeug zu erleichtern.

Kosten für klimafreundliche Modernisierungen wollen die Grünen zwischen Vermietern, Staat und Mietern zu jeweils einem Drittel aufteilen. Mit einem "Klimawohngeld" als Zuschuss soll auch das Wohngeld ausreichen, um in einer klimafreundlichen Wohnung leben zu können.

Die Grünen haben auch eine Idee, wie die Transformation in den Unternehmen sozial begleitet werden kann – mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld. Das soll es Unternehmen ermöglichen, in Phasen der Transformation ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren.

FDP

Gewichtung: Auf 68 Seiten Wahlprogramm kommen CO2-Preis und -Bepreisung insgesamt siebenmal vor. Durch ihren Fokus auf den Emissionshandel kommt die FDP nicht umhin, sich ausführlicher mit der Wirkung von Preissignalen auseinanderzusetzen.

Inhalt: Die FDP will das CO2-Budget deckeln und den Emissionshandel so ausrichten, dass das Budget eingehalten wird. Weiter will die FDP die EEG-Umlage abschaffen sowie die Stromsteuer auf den niedrigsten nach EU-Recht möglichen Satz absenken und so schnell wie möglich komplett streichen.

Darüber hinaus verspricht die FDP Aufkommensneutralität der CO2-Bepreisung durch die Rückzahlung eines jährlich zu berechnenden pauschalen Betrages, einer Klimadividende, an jede Bürgerin und jeden Bürger.

Der europäische Emissionshandel soll auch auf den Verkehrssektor ausgeweitet werden. Dadurch könnten nach Ansicht der FDP die bestehenden Maßnahmen zur CO2-Reduktion im Verkehr beendet werden.

Sorgen macht sich die FDP auch um die CO2-Kosten für die Wirtschaft. Als Übergangslösung bis zu einem globalen CO2-Zertifikatehandel unterstützt die Partei deswegen die EU darin, eine WTO-konforme Weiterentwicklung des "Carbon Leakage"-Schutzes einzuführen.

Die Linke

Gewichtung: Auf 168 Seiten Wahlprogramm schafft es die Linke, die Begriffe CO2-Preis oder -Bepreisung nicht ein einziges Mal zu erwähnen, zweimal kommt immerhin CO2-Steuer vor. Die Linke will gar nicht erst in den Verdacht kommen, sich für eine CO2-Bepreisung einzusetzen.

Inhalt: Die Linke will den Strompreis für Endkunden senken, indem die Förderung erneuerbarer Energien zu wesentlichen Teilen über den Bundeshaushalt statt über die EEG-Umlage finanziert und die Stromsteuer für private Verbraucher gesenkt wird.

Wohngeld soll künftig auf der Basis der Bruttowarmmiete gezahlt und um eine Komponente für Stromkosten erweitert werden. Des Weiteren soll die Heiz-, Warmwasser- und Stromkostenkomponente im Wohngeld zu einer Energiekostenkomponente ("Klimawohngeld") zusammengeführt werden. Aufschläge auf die Miete sollen nur noch in Höhe der erreichten Einsparung bei Heizung und Warmwasser zulässig sein.

Die Pendlerpauschale will die Linke in ein sozial gerechtes Mobilitätsgeld umwandeln und zusätzlich einen Anreiz zum Benutzen des Umweltverbunds bieten.

Zu einer gerechten Transformation gehört für die Linke auch, dass sich Beschäftigte, die den Beruf und die Branche wechseln, weiterqualifizieren können, ohne ihr Einkommen zu gefährden. Für die Zeit der Weiterbildung soll es ein Weiterqualifizierungsgeld geben, das 90 Prozent des letzten Gehalts beträgt.

afd

Gewichtung: Auf 210 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff CO2 im Zusammenhang mit Preis oder Bepreisung nicht vor, einmal nur als CO2-Besteuerung.

Inhalt: Die AfD lehnt Dekarbonisierungsmaßnahmen grundsätzlich ab und will jede Form der CO2-Besteuerung abschaffen, das Erneuerbare-Energien-Gesetz ersatzlos streichen und auch die Vorrangeinspeisung von Ökostrom beenden. Sofern die aus Sicht der AfD realitätsfremde europäische CO2-Reduktionsgesetzgebung im Verkehrssektor nicht verhindert werden kann, sollen synthetische Kraftstoffe als zukunftsfähige Treibstoffe für Autos mit Verbrennungsmotor berücksichtigt werden.

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