CDU-Wahlplakat mit der Aufschrift:
Kein CDU-Wahlplakat für die Bundestagswahl 2021, sondern für die Landtagswahl 2012 in Schleswig-Holstein. (Foto: Christian Alexander Tietgen/​Wikimedia Commons)

Beim Klimaschutz der Union geht es personell voran. Immerhin hat gerade Joachim Pfeiffer sein Amt als energie- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion niedergelegt, das er hauptsächlich zum Ausbremsen von Klimaschutz genutzt hatte. Ihm wird die Vermengung seines Abgeordnetenmandats mit privatwirtschaftlichen Beratungstätigkeiten vorgeworfen.

Erst vor ein paar Wochen hatte sich Fraktionsvize Georg Nüßlein nach Korruptionsvorwürfen aus der Politik zurückgezogen.

Beide haben auch enge Verbindungen zu dem Verein "Wirtschaftsrat der CDU", Pfeiffer als Vorstandsmitglied im baden-württembergischen Landesverband sogar ganz unmittelbar. Die Gruppe ist trotz der CDU im Namen keine offizielle Vereinigung der Partei, sondern ein Lobbyverband für Konzerne. Und der versucht bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu verhindern, dass es einen Fortschritt beim Klimaschutz gibt. Oftmals mit Erfolg.

Diese Woche hat sich sozusagen der Gegenentwurf gebildet: der Verein Klima-Union. Er ist das neue Projekt des aktivistischen Strategen Heinrich Strößenreuther, der bislang zum Beispiel für die erfolgreiche Initiative Volksentscheid Fahrrad von 2016 bekannt ist, der die rot-rot-grüne Berliner Landesregierung zu einem Fahrradgesetz brachte.

Strößenreuthers Projekte sind groß, knallig und gut orchestriert – die Klima-Union ist keine Ausnahme. Der Verein will die CDU dazu bringen, sich in ihren Wahl- und Parteiprogrammen zu dem Ziel zu bekennen, die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu begrenzen. Außerdem will er Deutschland bis spätestens 2040 klimaneutral machen, zehn Jahre vor der jetzigen Zielsetzung.

Das entspricht ungefähr dem, wofür die Grünen eintreten. Selbst dort war das Ziel aber nicht ohne Streit und Abstriche zu haben. Im Vorfeld des Grünen-Parteitags im vergangenen Herbst diskutierte die Partei ausgiebig darüber, ob das 1,5-Grad-Ziel im neuen Grundsatzprogramm zur "Maßgabe" für grüne Politik werden solle.

Susanne Schwarz ist Redakteurin bei Klimareporter°. In ihrer Kolumne "Schwarze Zeiten" schreibt sie über große und kleine klimabezogene Krisenmomente. Es herrscht meist kein Themenmangel.

Stattdessen steht dort nun die sanftere Feststellung, es sei nötig, auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Die Klimaneutralität müsse "deutlich vor Mitte des Jahrhunderts" erreicht werden.

Ob die Klima-Union es da leicht haben wird, Ähnliches in der CDU durchzusetzen, ist fraglich. Die Gründer:innen sind aber breit und glaubhaft aufgestellt – sie repräsentieren junge und alte, erfahrene und neue, umwelt- und wirtschaftsnahe CDU.

Neben Strößenreuther, der erst im vergangenen Monat extra in die CDU eingetreten ist, sind das zum Beispiel die Jura-Doktorandin Wiebke Winter aus dem CDU-Bundesvorstand, die außerdem Vorsitzende der Jungen Union Bremen ist, oder der früher den Grünen nahestehende Philipp Schröder, der schon verschiedene Öko-Start-ups aufgebaut hat und zwischenzeitlich Tesla-Chef in Deutschland war.

Hinzu kommen der ehemalige Siemens-Manager Frank Anton, die Digitalisierungsberaterin Bianca Praetorius sowie Kim Thy Tong, die Teil des Bundesvorstands der Jungen Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft ist.

Was macht Klimaschutz konservativ?

Sie treten an, um Klimaschutz anders zu erzählen, als es Grüne oder Linke tun. Statt um globale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung geht es mehr um Wirtschaftlichkeit und die Bewahrung der heimischen Natur.

Wenn das dazu beiträgt, dass aus der CDU beim Klimaschutz vielleicht bald ernsthafte Vorschläge zum Wie kommen statt nur ermüdende Debatten zum Ob – sehr gut.

Noch schöner wäre es natürlich, wenn es nicht zur Gewohnheit würde, dass konservativer Klimaschutz das Schüren etwa anti-muslimischer Ressentiments bedeutet. "Lieber Strom vom Deich als Öl vom Scheich", habe er seiner Kollegin Wiebke Winter als Slogan empfohlen, um die Energiewende auf dem norddeutschen Land zu bewerben, berichtet Strößenreuther.

Die Warnung vor der Abhängigkeit von arabischen Ländern ist angesichts der Importzahlen nun wirklich ein Scheinargument – außer vielleicht, man sieht sich die Statistiken aus den 1970er Jahren an.

Bei den aktuellen Ölimportmengen listet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die arabischen Ölländer nicht mal mehr einzeln auf, sondern lässt sie wegen ihres geringen Anteils unter "Sonstige" verschwinden.

Von den 83 Millionen importierten Tonnen Öl kam 2020 ein Drittel aus Russland, der größte Anteil eines einzelnen Lands. Es folgen Großbritannien, USA, Norwegen, Kasachstan und Nigeria. Besonders die Bedeutung der USA nimmt zu. Seit 2017 stieg die von dort eingeführte Ölmenge um das Zehnfache.

Für "US-Ölmagnat" lässt sich natürlich kein so schöner Reim auf ein deutsches Kulturlandschaftsgebilde finden. Vor allem aber wäre das als Feindbild für konservative Köpfe wohl einfach nicht tauglich gewesen.

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