Um fast zehn Prozent sind die erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr gewachsen. Weltweit waren Ende 2022 Ökostromanlagen mit einer Kapazität von 3,37 Terawatt installiert.

Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten laut der Erneuerbaren-Agentur Irena bis 2030 insgesamt zehn Terawatt erreicht werden. Es bräuchte also ab sofort jedes Jahr einen Zubau von über einem Terawatt. Das wäre mehr als das Doppelte der in ganz Europa installierten Windkraft- und Photovoltaik-Leistung.

In der deutschen Klimadiplomatie ist man sich der Herausforderung bewusst. Jennifer Morgan, Staatssekretärin für Klima-Außenpolitik, forderte unlängst ein "Terawatt-Ziel für die Erneuerbaren bis 2030". Dieses solle auf der kommenden Klimakonferenz COP 28 in Dubai beschlossen werden.

Auf einem Vorbereitungstreffen zur Klimakonferenz, das vor wenigen Wochen im dänischen Kopenhagen stattfand, sprachen die Delegierten auch über das Ziel für Erneuerbare. Ein solches Ziel wäre ein wichtiges Signal für Regierungen und Märkte, sagte der dänische Klimaminister Dan Jørgensen.

"Ein globales verbindliches Ausbauziel für erneuerbare Energien ist dringend notwendig, um die Energiewende weltweit voranzutreiben", findet auch Petter Lydén, zuständig für internationale Klimapolitik bei der Umweltorganisation Germanwatch. Ein solches Ziel könne auch ein starkes Investitionssignal an den Privatsektor senden.

"Bundeskanzler Scholz sollte gemeinsam mit dem künftigen COP-Präsidenten Al Jaber den Weg bereiten für den Beschluss eines globalen Erneuerbare-Energien-Ziels bei der Weltklimakonferenz", sagte Lydén. Gelegenheit dazu gebe es beim diesjährigen Petersberger Klimadialog, der morgen in Berlin stattfindet.

Petersberger Klimadialog unter Haushaltsvorbehalt?

Minister:innen aus 40 Ländern sind dazu eingeladen, darunter die G20-Staaten, kleine Inselstaaten und wirtschaftlich am meisten benachteiligte Länder. Das zweitägige Gesprächsformat, das 2010 von Angela Merkel ins Leben gerufen wurde, soll für strittige Fragen der kommenden Klimakonferenz inhaltliche Lösungsmöglichkeiten ausloten.

In diesem Jahr dürfte es dabei vor allem um die Einrichtung des neuen UN-Fonds zur Bewältigung von klimabedingten Schäden und Verlusten gehen, der im vergangenen Jahr auf dem Klimagipfel im ägyptischen Sharm el-Sheik beschlossen wurde.

Ein Ausschuss, der die Details zum Fonds ausarbeiten sollen, hat inzwischen die Arbeit aufgenommen. Harjeet Singh vom Climate Action Network bezeichnete die Gespräche als konstruktiv. Aber es gebe unterschiedliche Perspektiven, welche Schäden der Fonds abdecken soll. "Wir haben einen Fonds für Schäden gefordert, der das gesamte Spektrum der Bedürfnisse abdecken soll und nicht nur bestimmte Ereignisse", sagte Singh.

Erste Finanzierungszusagen könnten die Einrichtung des Fonds beschleunigen. "Deutschland sollte beim Petersberger Klimadialog als erstes Land, gerne gemeinsam mit dem Mit-Gastgeber Vereinigte Arabische Emirate, eine finanzielle Zusage für den Fonds für Klimaschäden machen", forderte Sven Harmeling von der Entwicklungsorganisation Care.

Ob Deutschland aber neues Geld lockermacht, ist fraglich. Auch die Zahlungen für die internationale Klimafinanzierung stagnieren, obwohl sie eigentlich von Jahr zu Jahr steigen müssten. Dieses Jahr fällt der Haushalt des Bundesentwicklungsministeriums deutlich kleiner aus, das betrifft auch die deutsche Klimafinanzierung, die eigentlich bis 2025 auf sechs Milliarden Euro anwachsen sollte.

"Um der Zusage aus Deutschland nachzukommen, hätten schon seit 2021 die jährlichen Mittel schrittweise angehoben werden müssen", sagt Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Das sei nicht passiert, die Bundesregierung laufe in Richtung Wortbruch.

In Dubai kommen die Karten auf den Tisch

Auf der COP 28 in Dubai soll erstmals im Rahmen der Klimakonferenzen hochoffiziell Bilanz gezogen werden, ob die gemeinsamen Anstrengungen der Länder reichen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 einzuhalten – also die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst bei 1,5 Grad zu begrenzen. Die UN wollen unmittelbar vor Konferenzbeginn die Ergebnisse der ersten "globalen Bestandsaufnahme" veröffentlichen, an der seit dem Klimagipfel in Glasgow im November 2021 gearbeitet wird.

Das Ergebnis wird keine Überraschung sein. Schon heute belegen zig Berichte und Studien, dass die Welt nicht auf Kurs ist. Erst vor wenigen Wochen hatte der Weltklimarat IPCC mit der Veröffentlichung des letzten Teils des sechsten Sachstandsberichts deutlich gemacht, dass man eher bei fast drei Grad zum Ende des Jahrhunderts landen wird.

Die Gastgeber des kommenden Klimagipfels, die Vereinigten Arabischen Emirate, haben angedeutet, dass die Bestandsaufnahme eine ihrer Prioritäten sein soll. Der Präsident des kommenden Klimagipfels, Sultan Al Jaber, versprach einen "frischen" Ansatz zur Bewältigung des Klimawandels.

Bis zur COP 28 wolle er einen Fahrplan aufstellen, kündigte der Konferenzpräsident an. Einer der Schwerpunkte könnten technologische Ansätze sein. Al Jaber forderte bereits einen massiven Ausbau der CCS-Technologie.

Klimaschützer:innen sehen ihre Zweifel bestätigt, ob Al Jaber als Chef der nationalen Ölgesellschaft Adnoc die geeignete Wahl für den Vorsitz eines Klimagipfels ist – vor allem, weil ein Ende der klimaschädlichen fossilen Brennstoffe jetzt eingeleitet werden muss, wenn die Pariser Klimaziele erreicht werden sollen. Irlands frühere Präsidentin Mary Robinson drückt es so aus: "Jeder Gipfel, der keinen Fortschritt bei der Beendigung des fossilen Zeitalters erzielt, ist verschwendete Zeit."

Lesen Sie hier unseren kommentierenden Bericht nach Abschluss des Treffens: Goodwill-Klimaschutz

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