Einige bangladeschische Frauen stehen vor einem weißen Zyklon-Hochbunker.
Länder wie Bangladesch benötigen Hilfe zur Klimaanpassung, etwa für zyklonsichere Schutzbauten. (Foto: Norbert Neetz/​Brot für die Welt)

Die Erfüllung des Pariser Klimaabkommens beruht auf dem implizit gegebenen Versprechen aller Länder zu einer neuen Dimension globaler Kooperation – für die gegenseitiges Vertrauen die wohl wichtigste Zutat ist. Dazu gehört, sich darauf verlassen zu können, dass gesetzte Ziele erreicht und gegebene Zusagen eingehalten werden.

Das gilt gerade auch für die Zusagen der Industrieländer zur finanziellen Unterstützung bei der Bewältigung des Klimawandels in den ärmeren Ländern – zu der die Industrieländer nach dem Paris-Abkommen auch völkerrechtlich verpflichtet sind.

Umso ärgerlicher, wenn die Zusagen nicht eingehalten werden. Vor der letzten UN-Klimakonferenz COP 26 in Glasgow kamen die Industrieländer – wenig überraschend – zu dem Eingeständnis, dass sie ihr Versprechen von 2009 zur Steigerung der Klimafinanzierung bis 2020 auf jährlich 100 Milliarden US-Dollar nicht gehalten haben. Das drohte die mühsam über die Jahre aufgebaute Vertrauensbasis erheblich zu beschädigen.

Neue Zusagen der Industrieländer im Vorfeld der COP 26 sollten dem entgegenwirken, darunter auch die Erklärung der damaligen Bundesregierung auf dem G7-Gipfel 2021, die deutschen Mittel für die internationale Klimafinanzierung bis 2025 auf jährlich sechs Milliarden Euro zu steigern. Diese Zusage war international als wichtiger Schritt begrüßt worden, auch wenn sie für einen fairen deutschen Beitrag hätte höher ausfallen müssen.

Auf Basis der neuen Zusagen gaben sich die Industrieländer zuversichtlich, das versprochene Niveau, wenn schon nicht 2020, so doch immerhin drei Jahre später zu erreichen – immer noch eine Enttäuschung, aber trotzdem Grundlage für ein halbwegs passables Ergebnis der COP 26.

Plant Minister Lindner den Vertrauensbruch?

Um dieses Ergebnis nicht gleich wieder infrage zu stellen, wäre es wichtig, dass die Bundesregierung die Mittel für die Klimafinanzierung nun schrittweise erhöht. Ausgehend von den für 2021 geplanten etwas über vier Milliarden Euro (abschließende Zahlen sind noch nicht verfügbar) müssten die Mittel jetzt jedes Jahr um rund eine halbe Milliarde anwachsen, um 2025 das gesteckte Ziel zu erreichen. Für dieses Jahr wären das also etwa 4,7 Milliarden Euro.

Nichts dergleichen soll geschehen. Offiziell steht die neue Bundesregierung zu der Sechs-Milliarden-Zusage, mit seinem Haushaltsentwurf für das laufende Jahr möchte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aber keinen Aufwuchs ermöglichen, sondern ein Verharren auf aktuellem Niveau durchsetzen. Die Bundesregierung prognostiziert denn auch für 2022 knapp 4,2 Milliarden Euro für die Klimafinanzierung, was in etwa dem Niveau des Vorjahres entspricht.

Balkengrafik: Klimafinanzierung von 2019 bis 2021, Prognose für 2022 und - deutlich höher - die Zusage für 2025.
Klimafinanzierungsmittel von 2019 bis 2021 nach üblicher Zählweise der Bundesregierung, Prognose für 2022, Zusage für 2025 sowie fairer Beitrag aus Sicht von Oxfam. (Grafik: Oxfam; Daten: Bundesregierung)

Für die Folgejahre gibt es zwar keine Prognosen, allerdings soll der Etat des Entwicklungsministeriums, über den der Großteil der Klimafinanzierung ausgegeben wird, in den kommenden Jahren sogar leicht absinken. Kaum vorstellbar, dass innerhalb dieses Rahmens das nötige Wachstum bis 2025 stattfinden könnte.

Üble Aussichten also. Bleibt es aber bei den Plänen für 2022 und die Folgejahre, steuert die Bundesregierung auf einen Vertrauensbruch erster Klasse zu, mit dem sie sich auf dem kommenden G7-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft einigermaßen blamieren könnte.

Ganz zu schweigen von dem negativen Signal, das Deutschland für die kommende UN-Weltklimakonferenz COP 27 in Sharm el-Sheikh aussenden würde. Am fehlenden Geld liegt es sicher nicht, wie das Beispiel der in Windeseile möglich gewordenen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zeigt.

Dabei geht es nicht einfach um Reputation auf internationalem Parkett. Die ärmeren Länder benötigen die Unterstützung ganz konkret, um ihre wirtschaftliche Entwicklung klimakompatibel gestalten zu können und die Abkehr von den fossilen Energien voranzutreiben.

Zudem brauchen sie die Unterstützung, um sich an die Veränderungen anpassen und die Lebensgrundlagen der Menschen gegen die Auswirkungen des Klimawandels abzusichern – zur Bewältigung einer Krise also, zu der sie oft kaum oder gar nicht beigetragen haben.

Bundestag muss Klimafinanzierung aufstocken

Knapp eine Woche bleibt dem Bundestag noch, um auf der Zielgeraden für die Verabschiedung des Haushalts 2022 sicherzustellen, dass die entsprechenden Töpfe aufgestockt werden.

Portraitfoto Jan Kowalzig
Foto: Oxfam

Jan Kowalzig

ist Spezialist für Klima­finanzierung und -politik bei der Entwicklungs­organisation Oxfam Deutsch­land. Er verfolgt seit Jahren die UN-Klima­verhandlungen. Zuvor war Kowalzig mehrere Jahre in Brüssel für den Umwelt­dach­verband Friends of the Earth Europe tätig.

Das betrifft etwa die Titel der bilateralen Finanziellen und Technischen Zusammenarbeit im Entwicklungsetat, die Beiträge an die verschiedenen multilateralen Klimafonds und auch Mittel für die Internationale Klimaschutzinitiative. In der Summe müssten insgesamt rund 500 Millionen Euro mehr als im vorgelegten Entwurf zusammenkommen, natürlich als zusätzliche Mittel.

Mittelfristig sollte sich die Bundesregierung aber nicht damit begnügen, nur die alte Zusage zu erfüllen. Für einen fairen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung sollte die Regierung angesichts der Verantwortung Deutschlands für die Verursachung der Klimakrise und seiner hohen Wirtschaftskraft die Zusage selbst aufstocken.

Dazu könnte sie etwa zum G7-Gipfel Ende Juni in Elmau verkünden, die Mittel aus dem Bundeshaushalt bis 2025 auf jährlich rund acht Milliarden Euro erhöhen zu wollen. Damit würde Deutschland angesichts der gegenwärtigen multiplen Krisen zumindest bei der Klimakrise wieder eine Führungsrolle einnehmen.

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