Der frühere Ölmanager Sultan Al Jaber leitet den kommenden Klimagipfel in den Vereinigten Arabischen Emiraten. (Bild: Scottish Government/​Wikimedia Commons)

Klimaschutztechnologien boomen. Die Investitionen in erneuerbare Energien, Batterien, Elektroautos und Wärmepumpen sind seit 2020 um 40 Prozent gestiegen. "Der Übergang zu sauberer Energie findet weltweit statt und ist unaufhaltsam. Es ist keine Frage des 'ob', sondern nur des 'wie bald' – und je früher, desto besser für uns alle", sagte Fatih Birol, der Chef der Internationalen Energieagentur IEA, im Oktober. Trotzdem ist die globale Energiewende noch zu langsam, wenn die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll.

Doch die IEA hat in ihrem Jahresbericht drei Maßnahmen identifiziert, mit denen die Welt bis 2030 auf einen 1,5-Grad-Pfad kommen soll: die Verdreifachung der Erneuerbaren, die Verdoppelung der Energieeffizienzsteigerung und die Verringerung der Methanemissionen aus der Produktion von Öl und Gas um 75 Prozent – jeweils bis 2030. Mit diesen drei Maßnahmen lassen sich laut der Agentur über 80 Prozent der zusätzlichen Emissionsreduktion erreichen.

Sultan Al Jaber, der designierte Präsident der UN-Klimakonferenz COP 28 im Dezember in Dubai, hat sich diese drei Ziele nun zu eigen gemacht. Zuvor hatten dies bereits die G20-Länder getan, die für einen Großteil der globalen Treibhausgasemissionen stehen, sodass die Chancen gut sind, dass diese Ziele tatsächlich in Dubai beschlossen werden.

Doch lassen sich diese Maßnahmen tatsächlich in nur sieben Jahren umsetzen? Das untersucht ein Bericht der Energieagentur für die Erneuerbaren, Irena.

Schneller Ausbau braucht Finanzierung

Eine Verdreifachung der Erneuerbaren-Kapazität von 3.400 Gigawatt im vergangenen Jahr auf 11.100 Gigawatt im Jahr 2030 setzt eine enorme Ausbaubeschleunigung voraus. Konkret müsste der jährliche Zuwachs von 292 Gigawatt auf 1.000 Gigawatt gesteigert werden. Dafür müssen laut Irena 1.300 Milliarden US‑Dollar pro Jahr investiert werden statt knapp 500 Milliarden wie letztes Jahr.

Erneuerbaren-Wachstum

Zurzeit planen die Staaten mit einer Verdopplung der Erneuerbaren-Kapazität, zeigt eine Analyse des britischen Thinktanks Ember. Dazu müsse nur die aktuelle Ausbaurate von 500.000 Megawatt pro Jahr bis 2030 beibehalten werden. Es deute aber alles auf ein schnelleres Wachstum hin. Konkret müsste die Ausbaurate jedes Jahr um 17 Prozent gesteigert werden, so Ember. Das erscheine schwierig, aber "diese jährliche Wachstumsrate hat die Welt bereits im Zeitraum von 2016 bis 2023 erreicht".

Die Londoner Denkfabrik Bloomberg New Energy Finance (Bnef) mahnt allerdings an, beim Ausbau auf einen Technologiemix zu achten: "Solarenergie ist billig und einfach, und die Welt könnte die Kapazität allein durch Solarenergie verdreifachen", sagte Jenny Chase von Bnef. Windkraft und Batterien sollten jedoch nicht vernachlässigt werden, weil "Windenergie zu anderen Tageszeiten als Solarenergie erzeugt wird, im Winter mehr Leistung als die Solarenergie bringt und insgesamt einen höheren Kapazitätsfaktor aufweist".

Was die Herstellung von Solarpaneelen betrifft, ist das kein Problem. Die Branche leidet bereits heute an Überkapazitäten, die bis 2030 sogar noch zunehmen werden, wie der IEA-Bericht zeigt. Daher ist weiter mit schnell fallenden Kosten zu rechnen. Falls die Erneuerbaren-Kapazität bis 2030 verdreifacht wird, erwartet eine Studie der britischen Universität Oxford, dass die Kosten für Solarpaneele um weitere 40 bis 50 Prozent sinken.

Der rasante Kostenverfall geht also weiter, denn die Kosten für Solarstrom sind seit 2010 bereits um 90 Prozent und die für Windstrom um 70 Prozent gefallen und liegen heute deutlich unter den Kosten für Strom aus Kohle oder Gas.

Doch davon profitieren nicht alle Länder gleichermaßen. 95 Prozent aller Elektroautos und aller Wärmepumpen werden in den Industriestaaten und in China verkauft, bei Solar- und Windanlagen sind es 85 Prozent, so der IEA-Bericht. Der Grund sind hier oft die Finanzierungskosten. Außerhalb der Industriestaaten und Chinas sind sie oft sehr viel höher.

Immerhin haben die Staaten dieses Problem erkannt. Bei der Jahrestagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Oktober in Marrakesch wurden Reformen des internationalen Finanzsystems eingeleitet.

Energieeffizienter durch Elektrifizierung 

Der schnelle Ausbau der Erneuerbaren und die Elektrifizierung von immer mehr Bereichen wie Verkehr und Heizungen hilft beim Erreichen des zweiten Ziels: der Verdopplung der Steigerungsrate bei der Energieeffizienz. Aktuell wird die Welt jedes Jahr um 1,7 Prozent energieeffizienter. Dies soll auf rund vier Prozent gesteigert werden.

Dabei hilft die Elektrifizierung. Durch die Umstellung der Stromerzeugung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Quellen sinkt der Verbrauch an Primärenergie um 60 Prozent, und durch die Umstellung von Öl auf Strom im Verkehr und die Umstellung von Öl- und Gasheizkesseln auf Wärmepumpen spart man je rund 75 Prozent der Primärenergie.

 

Durch die Elektrifizierung werden die Länder also deutlich energieeffizienter. Sam Butler-Sloss und Kingsmill Bond vom Rocky Mountain Institute schreiben daher in einem aktuellen Artikel: "Das Ziel, die Steigerung der Energieeffizienz bis 2030 zu verdoppeln, ist deshalb viel leichter zu erreichen als gemeinhin angenommen."

Das dritte Ziel ist theoretisch das einfachste: eine Senkung der Methanemissionen der Öl- und Gaskonzerne um 75 Prozent. Hier sind weltweit nur wenige Dutzend Firmen betroffen, die meist das Know-how haben, um das Ablassen und Abfackeln und auch die meisten Lecks zu vermeiden. Oft könnten sie damit sogar Geld verdienen, da sich das Gas anschließend verkaufen lässt. Zudem lassen sich die Quellen von Methanemissionen inzwischen relativ einfach aufspüren.

Julien Perez von der Branchenorganisation Oil and Gas Climate Initiative (OGCI) meint daher: "Wenn man diese Technologien einsetzt, können die Methanemissionen sehr schnell reduziert werden." Da 60 Prozent der energiebedingten Methanemissionen aus der Produktion von Öl und Gas stammen, ließe sich hier also schnell eine nennenswerte Reduktion erreichen.

Der Beitrag wurde am 24. November ergänzt (Kasten).