Mindestens zwölf Beschäftigte des staatseigenen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate übernehmen Aufgaben bei der Ausrichtung der diesjährigen Weltklimakonferenz, der COP 28. Die Konferenz findet im kommenden Dezember in Dubai statt.
Vor einigen Wochen sorgte die Ernennung von Sultan Ahmed Al Jaber zum Präsidenten des Weltklimagipfels für Aufsehen. Dieser ist nämlich Geschäftsführer der Abu Dhabi National Oil Company, kurz Adnoc. Der Konzern besitzt über 90 Prozent der landesweiten Erdöl- und Erdgasvorkommen und ist damit der weltweit zwölftgrößte Ölproduzent.
Die Neuigkeiten über die weiteren Verstrickungen von Adnoc und den "Sonderbeauftragten für den Klimawandel" befeuern die Sorgen vor einer Unterwanderung des Gipfels durch fossile Lobbyinteressen.
Eine Gruppe unabhängiger Investigativjournalist:innen des Centre for Climate Reporting (CCR) und des britischen Guardian hatte die Accounts des Karrierenetzwerks Linkedin von Mitgliedern des Teams um Sultan Al Jaber analysiert. Offenbar arbeiteten zwölf von ihnen unmittelbar zuvor bei Adnoc.
Manche der jetzigen Sonderbeauftragten gaben an, von Adnoc abgestellt worden zu sein. Eine Person deutete in ihrem Linkedin-Account sogar an, dass ihre Arbeit als Sondergesandter Teil ihres Jobs bei Adnoc sei.
Zwei weitere Mitglieder des COP-28-Teams arbeiteten vor einigen Jahren für Adnoc beziehungsweise unmittelbar davor für das Energieunternehmen Taqa.
Sami Joost, ein Sprecher der Sonderbeauftragten, erklärte dazu: "Sobald sie ihre Stelle angetreten haben, konzentrieren sich diese Personen ganz auf die COP 28 und haben keine Verpflichtungen gegenüber ihren früheren Arbeitgebern." Dass damit nicht alle Fragen geklärt sind, dürfte auch Joost bewusst sein.
Sonderbeauftragte und Adnoc teilen sich Büros
Laut einem Bericht der US-Zeitung Politico haben die Vereinten Nationen die Klima-Beauftragten der Emirate bezüglich ihrer Unabhängigkeit von Adnoc befragt. Anfragen von Klimareporter°, ob dies bereits neue Einsichten gebracht habe, ließ das UN-Klimasekretariat bis Mittwochabend unbeantwortet.
Tatsächlich häufen sich die Hinweise auf einen weitgehenden Einfluss von Adnoc auf die Planung und Ausrichtung des Klimagipfels. Einige der Sonderbeauftragten scheinen selbst in einem Adnoc-Gebäude zu arbeiten. Das soll allerdings nur eine vorübergehende Lösung sein, wie Joost erklärte. Im Laufe des Februars sollen die Beauftragten eigene Büros beziehen.
CCR und Guardian berichten zudem von einer Stelle, die sich ausschließlich auf die Arbeit an der Konferenz bezieht, aber von Adnoc ausgeschrieben war. Laut Stellenbeschreibung soll die Kandidat:in die Verbindung zwischen den Sonderbeauftragten und wichtigen Botschaften der Emirate im Ausland halten.
Im Gespräch mit Klimareporter° erklärt Ben Stockton vom CCR, dass Adnoc bis heute nicht auf Anfragen reagiert habe. Auch wie groß das COP-28-Team ist und woher die restlichen Mitglieder stammen, sei bisher unklar.
Dass Al Jaber die Trennung zwischen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei Adnoc und der Präsidentschaft der COP 28 nicht allzu ernst nimmt, lässt sich jedoch kaum übersehen.
Aus dem Auswärtigen Amt heißt es dazu lediglich: "Die Bundesregierung steht bereits in konstruktivem Austausch mit den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Durchführung der COP 28. Beide Seiten bereiten gemeinsam den Petersberger Klimadialog in Berlin vor, der den Auftakt für informelle Konsultationen zur Vorbereitung auf die COP 28 setzt."
Wirtschaft der Emirate lebt von der fossilen Industrie
Die Verflechtungen zwischen Adnoc und der Präsidentschaft der COP 28 kommentiert das Auswärtige Amt nicht. Kritischer äußern sich Umweltverbände.
Diese hatten bereits kurz nach der Ernennung von Sultan Al Jaber zum Präsidenten der Konferenz gefordert, dass dieser von seinem Posten als Adnoc-Geschäftsführer zurücktreten solle. Dem schließt sich auch Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, im Gespräch mit Klimareporter° an.
Eine vorübergehende Niederlegung des Amtes, etwa nur für dieses Jahr, würde jedoch nichts nützen, meint Müller-Kraenner. Besser sei es deshalb, wenn eine neue Person für den Job gefunden werde. Auch das Team um den Präsidenten dürfe natürlich nicht direkt aus der fossilen Industrie stammen. Die Emirate müssten "vollste Transparenz" in der Planung gewährleisten.
Das ist aber wohl leichter gesagt als getan. Die Wirtschaft der Emirate lebt von ihrer fossilen Industrie und die Industrie ist eng mit der Herrschaftsfamilie verknüpft. Eine Person zu finden, die genug Einfluss und Erfahrung hat, um die Konferenz zu leiten, aber gleichzeitig unabhängig von der Erdöl- und Erdgasindustrie ist, dürfte eine Herausforderung sein.
"Je nachdem, wie die diesjährige Konferenz läuft, muss man sich eventuell Gedanken über Regeländerungen machen", sagt Müller-Kraenner. "Im Moment obliegt die Leitung und Ausrichtung der Konferenz dem Gastgeberland. Aber das muss ja nicht so bleiben."
Der letzte Klimagipfel in Ägypten dient als mahnendes Beispiel. Die schwache Präsidentschaft führte zu einem ebenso schwachen Ergebnis. Das ist wenig überraschend. Schließlich obliegt es der Präsidentschaft, ambitionierte Kompromisstexte zu erarbeiten. Es ist ihre Aufgabe, einen gemeinsamen Weg in eine klimagerechte Zukunft zu finden.