Energiewende ja. Aber rückwärts. Das war eines der wichtigsten Wahlversprechen von US-Präsident Trump anno 2016, mit denen er ins Amt kam.

Den "Krieg gegen die Kohle" wollte er stoppen, den Vorgänger Barack Obama angekündigt hatte. Außerdem die USA zum größten Erdölproduzenten der Welt machen.

Und dann noch raus aus dem von der Obama-Regierung unterzeichneten Pariser Klimavertrag. Denn der, so Trump, knebele das Land und bremse das Wirtschaftswachstum.

Die Bilanz vier Jahre danach fällt gemischt aus. Ganz so düster wie befürchtet ist das Bild der amerikanischen Energiewelt nicht.

Auffällig vor allem, dass die USA ihren Treibhausgas-Ausstoß auch seit Trumps Amtsantritt weiter gesenkt haben, wenn auch bis zur Corona-Krise deutlich langsamer als unter Obama.

Von dem Land, das vom Kohle-Fan und Klimawandel-Leugner Trump regiert wird, hätte man eher einen Anstieg erwartet. Die Emissionen lagen 2019 um 0,5 Prozent niedriger als im letzten Obama-Jahr 2016, als eine Reduktion um rund zwölf Prozent gegenüber dem in den USA festgesetzten Basiswert von 2005 erreicht war.

2020 wird nun ein weiteres, diesmal spürbares Minus bringen, zehn bis elf Prozent gegenüber dem Vorjahr, so die Prognosen des europäischen Thinktanks "Climate Action Tracker". Ausgelöst wird das allerdings vor allem durch die Corona-Folgen – weniger Verkehr und gesunkener Stromverbrauch.

Trumps Pro-Kohle-Politik jedenfalls schlug nicht durch. "Wenn wir gewinnen, bringen wir die Bergarbeiter zurück", hatte der Präsidentschaftskandidat 2016 auf Wahlveranstaltungen in den von hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Kohlestaaten wie West Virginia, Ohio und Pennsylvania vollmundig versprochen. Damit fing er viele Wählerstimmen ein.

Mehr Ökostrom als Kohlestrom – trotz Trump

Doch den Niedergang der Branche, der bereits im Jahrzehnt vorher begonnen hatte, konnte er nicht aufhalten. Und das, obwohl der Präsident den unter Obama aufgelegten "Clean Power Plan" stark entschärfte, der niedrige Emissionsgrenzwerte für Kohlekraftwerke festgelegt hatte.

Die Entwicklung ist dramatisch. Bis 2008 lieferte das "schwarze Gold" noch rund die Hälfte der in den USA verbrauchten Elektrizität, in diesem Jahre werden es laut einer Prognose der US-Energie-Informations-Behörde nur noch 19 Prozent sein – das ist mehr als eine Halbierung.

Die Kohlebranche, bei Trumps Amtsantritt 2017 bereits von einst rund 250.000 Jobs auf 50.000 geschrumpft, wurde von einer ganzen Reihe weiterer Insolvenzen getroffen. Noch einmal rund 50 Kohlekraftwerke sind seit 2016 stillgelegt worden oder stehen kurz davor. Damit hat sich der Kohle-Kraftwerkspark binnen eines guten Jahrzehnts glatt halbiert. 

Die Energiewende im Stromsektor läuft weiter, Trump zum Trotz. Der Grund: Billiges Erdgas, das freilich mit der umstrittenen Fracking-Methode gewonnen wird, und die immer preiswerter werdenden erneuerbaren Energien nehmen der Kohle weiter Marktanteile weg.

Seit 2016 ist Erdgas der wichtigste Primärenergieträger zur Stromerzeugung, inzwischen liegt der Anteil bei 38 Prozent. Zudem übertreffen die Öko-Energien in diesem Jahr erstmals die Kohleverstromung – ein Meilenstein für die Energiewende.

Eine große Rolle spielen hierbei auch die Bundesstaaten, von denen viele die Erneuerbaren pushen. Nicht nur in "linken" Staaten wie Kalifornien, auch in konservativen wie Illinois oder Texas boomt die Windkraft, und die Photovoltaik legt überall rasant zu, seit die Modulpreise im Keller sind. 

Lange "Erfolgsliste" der Deregulierung von Umweltgesetzen

In anderen Bereichen allerdings konnte Trump die rückwärtsgewandte Energieagenda durchsetzen. Er brüstet sich gerne damit, dass die USA in seiner Amtszeit zum weltweit größten Erdölproduzenten aufgestiegen sind – vor allem eine Folge der Fracking-Technologie, mit der sich Öllager anzapfen lassen, die sich vorher nicht lohnten.

Die Genehmigungen für Öl- und Gasbohrungen wurden in seiner Amtszeit vervierfacht, und er gab bisherige Schutzgebiete in North Dakota und Alaska für Ölbohrungen frei. Proteste der Umwelt- und Naturschützer nützten nichts.

Zuletzt hob Trumps Regierung Vorschriften zur Kontrolle des besonders klimaschädlichen Methangases auf, das bei der Öl- und Gasförderung als Nebenprodukt ausströmt.

Trumps "Erfolgsliste" bei der Deregulierung von Umweltgesetzen ist ohnehin lang. Umweltschützer bilanzierten, dass in seiner Amtszeit fast 80 Bestimmungen gekippt oder abgemildert wurden, die den Ausstoß von Kohlendioxid und Schadstoffen begrenzten.

Überall, wo er konnte, zog Trump seine Pläne durch. Er besetzte die Spitze der Umweltbehörde EPA mit Klimawandel-Leugnern, stutzte das zentrale Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung für Infrastrukturprojekte wie Autobahnen, Pipelines und Kraftwerke, ließ Effizienzstandards für Haushaltsgeräte abschwächen.

Gerade jetzt, da die US-Wirtschaft durch die Corona-Pandemie geschwächt ist, setzt der Präsident darauf, dass laxere Umweltstandards helfen, sie wieder anzukurbeln.  

Besonders einschneidend wirkt seine ökologische Abrisspolitik beim Verkehr. Er ließ die unter Obama verschärften Spritspar-Standards für Autos lockern, was dazu führt, dass die Emissionen langfristig langsamer sinken. In die gleiche Richtung wirkt, dass Washington fortschrittliche Staaten wie Kalifornien untersagte, eigene, strengere CO2-Flottengrenzwerte vorzuschreiben.

Dass der Verkehr in der CO2-Bilanz derzeit recht gut dasteht, ist allein eine Folge des Corona-Lockdowns. So lag der Treibstoff-Verbrauch in den USA im zweiten Quartal 2020 um ein Viertel niedriger als im selben Vorjahres-Zeitraum. Im Land der SUV, Riesen-Trucks und Jets wirkt sich das natürlich spürbar auf die Gesamtemissionen aus. Ein Ausweis für ein nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik ist es jedoch nicht. 

Biden verspricht Jobs durch Erneuerbare und Wärmesanierung

Trumps Gegenkandidat in der Präsidentschaftswahl, Joe Biden, fährt bei den Themen Klima, Energie, Umwelt- und Naturschutz einen klaren Gegenkurs zu Trump. Das könnte durchaus mit wahlentscheidend sein. Diese Fragen spielen nämlich gerade in den "Swing States", den am stärksten umkämpften Bundesstaaten, eine große Rolle.

Vor allem entscheidet der Urnengang Anfang November darüber, ob die USA sich etwa in der Klimapolitik national und international zurückmelden oder nicht.

Biden hat einen zwei Billionen Dollar schweren Plan zur Bekämpfung der Klimakrise und zur Erneuerung der Infrastruktur vorgelegt, und er will den Austritt des Landes aus dem Pariser Klimavertrag rückgängig machen. Dieser tritt just am Tag nach der US-Wahl, am 4. November, in Kraft.  

Biden will die USA auf einen Pfad zur CO2-Neutralität bis 2050 bringen, wie das zum Beispiel auch die EU beschlossen hat. Er plant unter anderem eine beschleunigte Energiewende, hohe Investitionen in die Wärmesanierung von Gebäuden und den Bau von einer halben Million staatlich geförderter Ladestationen für Elektroautos.

Das gesamte Projekt soll Millionen neuer Jobs bringen. Die Finanzierung ist bislang nicht komplett geklärt, Biden hat sich allerdings schon mehrfach für höhere Unternehmenssteuern und eine Vermögenssteuer ausgesprochen.

Andererseits fällt auf, dass Biden das umweltschädliche Fracking bei der Öl- und Gasgewinnung nicht verbieten will. Die negativen Folgen für die Branche, die schon unter Corona zu leiden hat, erscheinen ihm offenbar unkalkulierbar. Außerdem nimmt er Rücksicht auf die Wählerschaft, die hier arbeitet. Denn eine zu radikale Öko-Linie könnte ihn gerade in den Swing States wichtige Stimmen kosten.

Rückkehr in die internationale Klimapolitik

Neue Perspektiven würde ein Biden-Sieg auf jeden Fall in der internationalen Klimapolitik eröffnen. Die von Obama geschmiedete Achse mit China könnte wiederbelebt werden, besonders, nachdem Peking kürzlich erstmals die Klimaneutralität als Ziel ausgegeben hat.

Experten erwarten zudem, dass der Demokrat ein US-Klimaziel für 2030 verkünden wird, das deutlich über die bisherigen Festlegungen hinausgeht, die noch aus der Obama-Zeit stammen – minus 26 bis 28 Prozent CO2 bis 2025 gegenüber 2005.

Das ist auch dringend nötig. Die USA sind nach China weiterhin weltweit der zweitgrößte Klimaeinheizer, und der Pro-Kopf-CO2-Ausstoß liegt doppelt so hoch wie der der Chinesen oder Europäer.

Der "Climate Action Tracker" bewertet Washingtons bisherige Klimapolitik denn auch mit "critically insufficient" – extrem unzureichend. Sie steuert danach statt auf maximal zwei Grad globaler Erwärmung auf hochgefährliche vier Grad und mehr zu.

Interview mit Klimapolitikforscher Reimund Schwarze: "Biden kann den Paris-Austritt nicht ungeschehen machen"

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