Hausdach mit roten Dachziegeln und einem Gasheizungs-Schornstein.
Der Gaspreis sinkt – der CO2-Ausstoß nicht. (Foto: Karsten Paulick/​Pixabay)

Gute Neuigkeiten. Die gibt es. Erdgas ist wieder viel billiger geworden, Neuverträge kann man bei vielen Anbietern jetzt für rund zwölf Cent pro Kilowattstunde abschießen. Das ist genau der Preis, den der Staat für noch vertretbar hält – er entspricht dem Niveau, auf das er das Gas mit seiner Energiepreisbremse heruntersubventioniert.

Und beim Strom gibt es sogar schon Tarife, die deutlich unter dem 40-Cent-Deckel liegen, den Scholz und Co festgelegt haben. Die Zeiten, in denen es so aussah, als würden Gas und Strom im Zuge von Putins Energiekrieg völlig unbezahlbar werden, scheinen vorbei.

Daraus folgt: Die Entspannung an den Energiemärkten entlastet den Staat. Der "Doppelwumms" von bis zu 200 Milliarden Euro, mit dem der Bund den Angriff auf die Energiekosten für Haushalte und die Industrie kontert, wird in dieser Stärke gar nicht gebraucht.

So sieht es zumindest aktuell aus. Könnte sein, dass schon die Hälfte reicht. Das hätte, als sich Bundeskanzler Scholz (SPD) im September mit dem 200-Milliarden-Versprechen vor die Bürger:innen und Unternehmen stellte, niemand erwartet.

Natürlich ist es positiv, wenn die überdrehten Energiemärkte sich wieder beruhigen. Allerdings sollte das nicht zu Sorglosigkeit verführen. Energiepreise von zwölf beziehungsweise 40 Cent pro Kilowattstunde sind immer noch deutlich mehr, als die meisten Haushalte vorher bezahlten, und auch viele Unternehmen kommen trotz der Staatshilfen nur schwer über die Runden.

Doch die Discount-Zeiten aus der Zeit vor dem Ukraine-Krieg, als Erdgas teils für fünf Cent pro Kilowattstunde zu haben war, werde nie wiederkommen. Der Staat wird nicht auf Dauer die Preise der fossilen Energien heruntersubventionieren können, schon gar nicht auf das Niveau der "guten alten Zeiten", die so gut nicht waren, wie man heute weiß. Das würde ihn überfordern.

Wo bleiben Energieeinsparung und Erneuerbare?

Deswegen muss die Bundesregierung die richtige Balance finden. Sie muss natürlich die Bürger:innen beruhigen, die sicher sein können müssen, dass sie nicht in existenzielle Energiearmut fallen ("You'll never walk alone"). Sie muss auch kurzfristig die alternative Versorgung mit Gas und Elektrizität sicherstellen, durch (temporäre) LNG-Terminals und (temporär) mehr Kohleverstromung.

Doch sie muss endlich auch bei der Energiewende und der effizienten, sparsamen Energienutzung den versprochenen Turbo zünden. Letzteres ist sogar besonders wichtig.

Der Energiemarkt ist nämlich nicht so stabil, wie es vielen derzeit scheint. Die Gasspeicher sind zwar noch gut gefüllt, sogar besser als in den Vorjahren. Doch ein kalter Februar und ein kaltes Frühjahr können das schon ändern. Außerdem profitierte Deutschland davon, dass die Nachbarländer teils noch besser beim Gassparen waren und dorthin weniger als in früheren Jahren exportiert wurde.

Hinzu kommt: Während im vergangenen Jahr die Speicher bis zum Sommer noch zu einem großen Teil mit Gas aus Russland gefüllt wurden, fällt diese Quelle 2023 weg. Dadurch ist Deutschland, neben erhöhten Lieferungen per Pipeline aus Norwegen und den Niederlanden, sehr stark vom Flüssigerdgas-Weltmarkt abhängig.

Und der hängt vor allem von den großen Gaskunden in Asien ab. Kaufen China, Japan und Südkorea viel LNG ein, bleibt weniger für Deutschland und die anderen europäischen Staaten. Das heißt, der zuletzt abgerutschte Preis könnte wieder steigen.

An fehlendem Geld kann es nicht liegen

Die Lage ist also weiter prekär. Deswegen müssen Scholz und seine Minister Habeck und Lindner dafür sorgen, dass die wegen der Energiepreis-Explosion endlich besser in Fahrt gekommene "Wärmewende" nicht wieder ins Schleichtempo verfällt.

Tatsächlich haben die Deutschen ja im Rekordtempo auf die neue Lage reagiert. Etwa, indem im vorigen Jahr mehr als 200.000 Wärmepumpen zur Hausheizung installiert wurden, so viele wie noch nie. Und indem die Quote von energetischen Häusersanierungen endlich anzog, die vorher jahrzehntelang viel zu niedrig lag, um die Klimaziele zu erreichen.

Das darf nicht wieder erlahmen, trotz der Entspannung bei den Energiepreisen. Denn statt einigen Hunderttausend Wärmepumpen braucht Deutschland Millionen, und statt einem Prozent Häusersanierungen pro Jahr wie in der Vergangenheit sind dauerhaft drei, vier, besser sogar fünf Prozent notwendig.

Dann könnte die Wärmewende in den Haushalten inklusive der bereits sanierten Häuser bis Ende der 2030er Jahre abgeschlossen sein, gerade früh genug, um den nötigen Beitrag zum 1,5-Grad-Limit der Klimaerwärmung zu leisten.

Damit das so kommt, muss der Bund bei der Förderung des klimagerechten Wohnens dringend noch einen Zahn zulegen. Die Einspar-Vorgaben gerade für die Energieschleuder-Häuser, die vor den 1980er Jahren gebaut wurden, müssen deutlich angehoben werden. Und parallel die staatlichen Zuschüsse, denn das Sanieren und Wohnen (auch für Mieter) muss bezahlbar bleiben.

Geld dafür ist genug da. Wer einen Doppelwumms für fossile Subventionen ausführen kann, kann das auch fürs Klima tun. Zumal, wenn dabei viele Milliarden übrig bleiben.

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