Porträtaufnahme von Olaf Scholz.
Olaf Scholz hatte nur leichtes Gepäck dabei. (Foto: Alexandros Michailidis/​Shutterstock)

Wer beim diesjährigen Petersberger Klimadialog auf große, wegweisende Beschlüsse zur Bewältigung der Klimakrise gehofft hat, kann nur enttäuscht sein. Die Ergebnisse sind so wenig spektakulär, dass man die Frage stellen könnte: Sind solche Klima-Gipfeltreffen nicht sinnlos, wenn sie keine neuen, starken Zusagen hervorbringen?

Die Antwort lautet: Nein. Sonst dürfte es ein Format wie den Petersberger Klimadialog gar nicht geben. Das Treffen, das von Deutschland seit 2010 alljährlich ausgerichtet wird, hat einen anderen, aber ebenso wichtigen Zweck.

Eingeladen ist politisches Spitzenpersonal aus rund 40 Ländern, sowohl aus den G20-Staaten als auch aus ärmeren, vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern. Es geht darum, die 27. UN-Klimakonferenz, die COP 27, im November im ägyptischen Sharm el-Sheikh vorzubereiten und schwierige Fragen möglichst schon im Vorfeld zu klären, damit große Beschlüsse überhaupt zustande kommen können.

Insofern ging es bei dem dreitägigen Treffen über weite Strecken vor allem um Atmosphärisches und um Signale, die Vertrauen aufbauen und Kooperationen anbahnen sollen – um angesichts vielfacher Krisen doch voranzukommen.

António Guterres, der mit einer Videobotschaft zugeschaltet war, mahnte mehr internationale Zusammenarbeit an. "Die Nationen spielen weiterhin das Spiel der Schuldzuweisungen, anstatt Verantwortung für unsere gemeinsame Zukunft zu übernehmen", sagte der UN-Generalsekretär. "Wir müssen auf der COP 27 zeigen, dass eine Revolution der erneuerbaren Energien im Gange ist."

Vertane Chance zur Vertrauensbildung

Außenministerin Annalena Baerbock, deren Haus erstmals den Klimadialog ausrichtete, nannte die Klimakrise das mittlerweile "größte Sicherheitsproblem für alle Menschen auf dieser Erde". Um gegenzusteuern, bleibe nur noch wenig Zeit, sagte die Grünen-Politikerin. Auch sie sprach von Verantwortung und forderte von den Industrieländern, "endlich das 100-Milliarden-Dollar-Ziel für Klimafinanzierung zu erreichen".

Diese Summe ist seit Langem zugesagt. Der globale Süden, der zur Klimakrise wenig beigetragen hat, aber besonders darunter leidet, soll pro Jahr 100 Milliarden erhalten, um sich besser wappnen zu können. Eigentlich sollte das Niveau schon 2020 erreicht sein. Bislang fließen jedoch nur 80 Milliarden.

Auch der deutsche Anteil ist noch zu gering. Hier anzusetzen wäre definitiv eine vertrauensbildende Maßnahme gewesen. Doch Kanzler Olaf Scholz versprach beim Klimadialog lediglich, dass die Gelder "so schnell wie möglich" aufgestockt werden. Im Haushaltsentwurf für das laufende Jahr jedenfalls ist keine Erhöhung vorgesehen. Die Chance, ein Zeichen zu setzen und einen Streitpunkt auszuräumen, der die Klimaverhandlungen belastet, wurde vertan.

Immerhin stellte das Bundesentwicklungsministerium ein Konzept für einen Schutzschirm gegen Risiken und Schäden in Entwicklungsländern vor. Auch beim Thema Klimaschäden ("Loss and Damage") kündigte Scholz mehr Anstrengungen an, ohne konkreter zu werden.

Der Punkt ist besonders heikel, da den Industrieländern milliardenschwere Schadenersatzforderungen drohen könnten, wenn sie hier die Verantwortung übernehmen würden. Nicht nur ein Finanzminister von der FDP möchte das tunlichst vermeiden.

Klimaneutrales Wohlstandsversprechen

Scholz nutzte seinen Auftritt bei der Konferenz vor allem dazu, die eingeladenen Länder zu umwerben und ihnen eine gemeinsame Vision eines besseren Lebens schmackhaft zu machen. Für alle Menschen weltweit, sagte er, solle es die Perspektive geben, das Ziel der Klimaneutralität mit einem neuen Wohlstandsversprechen zu verbinden.

Dafür verwies er auf die Beschlüsse des G7-Gipfels Ende Juni in Elmau, vor allem auf das Projekt einer globalen Energiewende-Partnerschaft. Für dieses "weltumspannende Modernisierungsprogramm" sollen 600 Milliarden Euro in Infrastrukturmaßnahmen fließen, um ärmere Länder bei der Dekarbonisierung zu unterstützen. Das erste Partnerland ist Südafrika.

Lediglich eine "Erklärstunde" habe Scholz da geliefert, kritisierte Christoph Bals von der Nichtregierungsorganisation Germanwatch. "Notwendig wären aber echte Impulse für die Klimapolitik gewesen – die sind ausgeblieben."

Klimaschutz, das könnte das Fazit des Treffens sein, ist derzeit weder ohne Energiepolitik noch ohne Geopolitik zu haben. Viele der 40 Länder, die bei dem Treffen dabei waren, haben sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht gegen Russland gestellt.

Das gilt auch für Ägypten, das als Gastgeber der COP 27 mit Deutschland zusammen den diesjährigen Petersberger Dialog ausrichtete. Scholz mahnte gegenüber dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi zwar auch Menschenrechte an. Vor allem aber vereinbarte er mit ihm eine Zusammenarbeit bei der Gewinnung von Wasserstoff, den Deutschland künftig in großen Mengen importieren will.

Der Neubau von Erdgas-Infrastruktur, den Scholz in Elmau weiter ermöglicht hat, soll hingegen nur eine "zeitlich eng befristete Notmaßnahme" darstellen und "keine neuen Abhängigkeiten" schaffen, versicherte Scholz. Was zu beweisen sein wird.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar:

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