Gaszähler zeigt 4741 Kubikmeter an.
Die Gaspreise steigen doch nicht ganz so stark wie befürchtet. (Foto: Kilo Lux/​Shutterstock)

Ende September letzten Jahres kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seinen "Doppelwumms" an. Die Ampel stellte "bis zu 200 Milliarden Euro" bereit, um die explodierten Erdgas-, Fernwärme- und Strompreise für Haushalte, Industrie und Gewerbe abzufedern.

Nun zeigt sich: Die Kosten für die Energiepreisbremsen werden für den Staat deutlich geringer ausfallen als befürchtet. Der Grund: Die Neukundenpreise bei Gas und Strom sind wieder stark gesunken. Dadurch reduziert sich der Zuschussbedarf.

Das Vergleichsportal Verivox hat die veränderte Lage jetzt analysiert. Hauptgrund für den sinkenden Zuschussbedarf sind danach die in den letzten Wochen deutlich gesunkenen Großhandelspreise für Gas und Strom, die sich nun zunehmend auch in den Endkunden-Tarifen niederschlagen.

Beim Gas deckelt der Staat den Arbeitspreis für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf zwölf Cent pro Kilowattstunde. Was mehr verbraucht wird, wird zum Arbeitspreis des aktuellen Gastarifs abgerechnet.

Beim Strom läuft es ähnlich. Hier wird der Preis für 80 Prozent durch den staatlichen Zuschuss auf 40 Cent gesenkt. Hinzu kommt die Grundgebühr, die oft unverändert bleibt.

Im Herbst lagen die Neukundentarife zum Teil deutlich über diesen Werten. So verlangten die Versorger für Erdgas bis zu 40 Cent pro Kilowattstunde, bei Strom bis zu 60 Cent. Inzwischen sind die Preise deutlich gesunken. In diesem Januar kostet Gas laut Verivox im Grundversorgungstarif des örtlichen Versorgers im Schnitt 16,75 Cent, bei überregionalen Versorgern liegt der günstigste Tarif mit empfehlenswerten Bedingungen bei 13,28 Cent.

Beim Strom betragen die jeweiligen Werte rund 42 respektive 36 Cent, liegen also teils bereits unter dem Deckelbetrag von 40 Cent. 

Volle Speicher, milde Witterung, LNG-Lieferungen

Dämpfend auf die Gaspreise wirkten sich die gut gefüllten Speicher aus, ebenso wie die im Dezember und in der ersten Januarwoche ungewöhnlich milde Witterung sowie Einsparungen in Haushalten, Industrie und Gewerbe. Hinzu kommen die Lieferungen von regasifiziertem Flüssigerdgas (LNG) über Pipelines aus Frankreich, den Niederlanden und Belgien sowie die Inbetriebnahme deutscher LNG-Terminals.

Bei den ersten beiden dieser Anlagen in Wilhelmshaven und Lubmin hat der Regelbetrieb unlängst begonnen, das dritte in Brunsbüttel befindet sich in der Testphase. Da der Großhandels-Strompreis an die Kosten der Elektrizität aus Erdgas-Kraftwerken gekoppelt ist, wirken sich Preissenkungen bei diesem Energieträger auch beim Strom aus. 

Das Vergleichsportal hat nun für den erwarteten Erdgasverbrauch der Haushalte im Jahr 2023 von insgesamt rund 282 Milliarden Kilowattstunden und den Stromverbrauch von rund 127 Milliarden Kilowattstunden die Kosten der Energiepreis-Bremsen geschätzt. Es kommt dabei auf "Näherungswerte" von 7,8 Milliarden Euro beim Gas respektive 1,4 Milliarden beim Strom.

Verivox-Experte Thorsten Storck sagte dazu, die Kosten für die Gaspreisbremse könnten 2023 unter zehn Milliarden Euro liegen. "Die Haushalte müssten dann deutlich weniger stark entlastet werden als geplant." Beim Strom werde es für den Staat noch günstiger, denn da viele Stromtarife einen Arbeitspreis von unter 40 Cent je Kilowattstunde hätten, bekämen viele Haushalte keine staatliche Hilfe.

Ampel diskutiert über Verwendung ungenutzter Mittel

Marktforscher des Prognos-Instituts hatten unlängst für Gas ähnliche Werte ermittelt. Bei den meisten Verträgen werde sich der Zuschussbedarf im Laufe des Jahres bei zwei bis vier Cent je Kilowattstunde einpendeln. Für 2023 entstünden so nur Kosten von fünf bis zehn Milliarden Euro, allerdings plus der Ausgaben für den Gasverbrauch in der Industrie.

Rund 8,5 Milliarden flossen bereits in die Gas-Soforthilfe, bei der die Dezember-Abschläge übernommen wurden. Die 40 Milliarden Euro, die von den 200 Milliarden des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) für die Gaspreisbremse vorgesehen sind, würden am Ende jedoch bei Weitem nicht erreicht. 

Kein Wunder, dass intern in der Ampel bereits über die Frage diskutiert wird, was mit den Mitteln passieren soll, die nun wohl doch nicht für die Preisbremsen benötigt werden. Im WSF-Gesetz werden neben der Kappung der gestiegenen Energiepreise auch Hilfen für Unternehmen genannt. Damit wäre es denkbar, auch andere Programme aus den 200 Milliarden zu finanzieren.

Konkrete Ideen dazu wurden noch nicht geäußert. An mehr Klimaschutz und Energiesparen zu denken, liegt freilich auf der Hand. FDP-Haushälter Otto Fricke indes betonte schon einmal vorbeugend, die ungenutzten Gelder stünden für "sachfremde Ausgabenwünsche" nicht zur Verfügung. 

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