Aysel Osmanoglu. (Bild: Patrick Tiedtke/​GLS)

Immer wieder sonntags: Die Mitglieder unseres Herausgeberrats erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Aysel Osmanoglu, Vorstandssprecherin der GLS Bank.

Klimareporter°: Frau Osmanoglu, die Ampelkoalition hat sich im Haushaltsstreit geeinigt. Es soll an einigen Ecken gespart werden, so soll der Zuschuss für die Netzgebühren wegfallen und auch klimaschädliche Subventionen werden abgebaut.

Auf der anderen Seite sollen mehr Einnahmen stehen, etwa durch einen höheren CO2-Preis. Sind das die richtigen Maßnahmen, um das Haushaltsloch zu stopfen?

Aysel Osmanoglu: Kritisiert wird jetzt vieles, je nach Standpunkt. Ich möchte herausstellen, dass der Wirtschaftsminister sich für einige wegweisende Maßnahmen eingesetzt hat, die den Wirtschaftsstandort stärken und die Transformation voranbringen. Sie wurden nicht gestrichen.

Allerdings sind bei vielen Einzelmaßnahmen, die verkündet wurden, noch die Details unklar. Die bürokratische Sprache – "Überschreitungsbeschluss" statt "Notlage" – macht es nicht besser.

Der Abbau fossiler Subventionen ist überfällig und die Koalition tut damit einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Die GLS Bank setzt sich mit vielen Unternehmen schon länger dafür ein. Auch der höhere CO2-Preis ist richtig, damit Unternehmen Anreize für die Transformation haben. Dabei fehlt das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld, das höhere Preise und auch die steigenden Netzgebühren sozial abfedern könnte.

Ich möchte noch betonen, dass es weitere Möglichkeiten für höhere Staatseinnahmen gegeben hätte – etwa durch die Rücknahme von Steuerentlastungen für gut verdienende Menschen.

Der Klimagipfel in Dubai ist am Mittwoch zu Ende gegangen. Zum ersten Mal werden die Staaten in der Abschlusserklärung zur Abkehr von fossilen Energien aufgefordert. Allerdings bleiben die Formulierungen sehr schwammig. Trotzdem ein Erfolg für den Klimaschutz?

 

Wir können der Klimakrise nur gemeinsam begegnen, im Dialog. Auch wenn Räume wie die Klimakonferenz schwierig sind, kennen wir kein besseres Instrument. Das Abschlussdokument von Dubai ist ein Bekenntnis, dass fossile Energien keine Zukunft haben.

Ja, es gibt noch Schlupflöcher und ein klarer Ausstieg wäre noch besser gewesen. Trotzdem: Vor acht Jahren lag die Prognose des IPCC für die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts noch bei bis zu 4,7 Grad Celsius. Jetzt warnen die Forschenden noch vor 2,4 bis drei Grad – Klimaschutzmaßnahmen vorausgesetzt. Das reicht noch nicht, ist aber eine Verbesserung.

Übrigens hat mich der Brief der Opec-Staaten geradezu gefreut. Dass sie einander dazu aufgerufen haben, keine Kompromisse zulasten von fossilen Energien einzugehen, zeigt doch, dass es eng für sie wird. Das macht mir Mut.

Was in der Erklärung von Dubai weitestgehend fehlt, sind überzeugende Finanzzusagen für ärmere Staaten. War der Gipfel also ein kleiner Erfolg für den Klimaschutz, aber ein Misserfolg für die Klimagerechtigkeit?

Wir alle sind in der Verantwortung, die Transformation klimagerecht zu gestalten – daran erinnerten bunt und hörbar Demonstrant:innen vor dem Kongresszentrum in Dubai und Aktivist:innen anderswo.

Es ist wichtig, dass die COP 28 den Fonds zur Unterstützung des globalen Südens ins Leben gerufen hat. Das Geld, das Länder wie Deutschland einzahlen, wird natürlich nicht ausreichen, um die Klimaschäden zu bezahlen – wenn sie überhaupt bezahlbar sind.

Politiker:innen zaudern bei uns noch, dabei verpflichten immer mehr Gerichtsurteile Unternehmen und Staaten, ihrer Verantwortung nach 150 Jahren fossilen Wirtschaftens gerecht zu werden.

 

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Dass Donald Tusk der neue polnische Ministerpräsident ist und unser Nachbarland mit ihm eine neue Regierung hat. Er hatte eine denkwürdige Wahl-Kampagne mit einem Herz als Symbol. In seiner Regierungserklärung sprach er über Solidarität, Einigkeit, Gemeinschaft und Liebe.

Das hat mich beeindruckt. Er hat gesagt: "Ich weiß, das Wort Liebe weckt im öffentlichen Diskurs oft Spott." Er könne sich aber keine Politik ohne Liebe vorstellen.

Fragen: David Zauner