Ein Gipfel zum Ausstieg aus den fossilen Energien, veranstaltet in einem Erdöl-Land. Kann doch gar nicht funktionieren? Zuerst war das Erstaunen groß. Lange sah die COP 28 in Dubai wie die perfekt organisierte Klimakonferenz aus. Ein Schnellstart, ein ehrgeiziger Gastgeber, Hilfszusagen der reichen Staaten für arme Länder, die klimabedingte Katastrophen erleiden.
Doch dann der Rückschlag. Die Konferenz ging entgegen der Ankündigung des Gipfelpräsidenten, Sultan Al Jaber, nicht nur in die Verlängerung, sie drohte komplett zu scheitern. Der von vielen Staaten geforderte "Ausstieg" aus Kohle, Öl und Gas, möglichst mit klarem Zeitplan, war von der Präsidentschaft komplett aus dem geplanten Abschlussdokument herausoperiert worden.
Dieses wichtige Ziel kam am Ende auch nicht wieder hinein. Trotzdem wurde der Gipfel nicht der befürchtete Flop. Das ist, in diesen weltpolitischen Krisenzeiten, immerhin ein Signal.
Ein Scheitern der Konferenz, die das wichtigste Zukunftsthema der Welt verhandelt, wäre ein Fiasko gewesen. Es ging in Dubai immerhin um eine "globale Bestandsaufnahme" acht Jahre nach dem Gipfel in Paris, auf dem das Weltklimaabkommen geschlossen wurde.
Jeder weiß, dass seitdem nicht genug geschehen ist, um auf den geforderten 1,5‑Grad-Pfad zu kommen. Stattdessen steuert die Welt auf katastrophale drei Grad zu, vor allem, weil die fossilen Energien trotz der Ansage in Paris von 2015 weiter boomten, statt abzunehmen.
Die logische Konsequenz daraus, endlich einen globalen Fahrplan für den Ausstieg (Konferenzsprech: phase-out) aufzustellen, wurde immerhin von der Mehrheit der knapp 200 Staaten auf der Konferenz unterstützt – darunter die EU, ein Großteil der Entwicklungsländer und, wenn auch nicht vehement, die USA, nach China der weltweit zweitgrößte CO2-Einheizer und der größte Erdöl- und Erdgasproduzent.
Doch sie konnten sich mit dieser Forderung nicht gegen den vehementen Widerstand von Opec-Staaten wie Saudi-Arabien durchsetzen, in deren Ökonomien die fossilen Energien weiterhin die Haupteinnahmequelle darstellen. Für viel Aufregung in Dubai sorgte in diesem Zusammenhang der durchgestochene Brief des Opec-Generalsekretärs Haitham al-Ghais, der seine Mitgliedsländer darin aufforderte, auf dem Gipfel ein Veto gegen jedes Festschreiben eines Ausstiegs-Szenarios im Abschlussdokument einzulegen.
Die Nachfrage bestimmt das Angebot
Die Einstimmigkeits-Regel der Klimaverhandlungen gab Saudi-Arabien und Co das Druckmittel, um das gefürchtete Wort "Ausstieg" tatsächlich fernzuhalten. Doch immerhin werden die Staaten nun aufgefordert, für einen "gerechten, geordneten und ausgewogenen Übergang weg von den fossilen Brennstoffen" zu sorgen.
Das ist zwar ein Formelkompromiss und lässt Raum für Interpretationen. Doch immerhin werden konkrete Ziele benannt, die noch in diesem Jahrzehnt, also innerhalb der nächsten sechs, sieben Jahre, erreicht werden sollen: eine Verdreifachung der globalen Kapazität der erneuerbaren Energien sowie eine Verdopplung des Tempos bei der Energieeffizienz. Dabei handelt es sich um die wichtigsten Hebel, die ein schnelles Herunterfahren der fossilen Energien quasi erzwingen.
Die fortschrittlichen Länder haben weitere Kröten geschluckt. Es gibt große Schlupflöcher. Erdgas wird als Übergangslösung benannt, obwohl es ebenfalls, besonders in Form von LNG, CO2-intensiv ist. Die CCS-Technologie, also die unterirdische "Endlagerung" von CO2, wird als Möglichkeit zur Emissionssenkung gepriesen. Und auch die umstrittene Atomkraft fand Aufnahme in den Klimakatalog.
Mag sein, dass sich einiges davon am Ende ohnehin erledigt, weil zu teuer, nicht wirklich effizient oder weil die Kapazitäten nicht ausreichen. Doch es drohen damit unnötige Umwege auf dem Weg zur Netto-Null bei den Treibhausgasen, die viel von der knappen Zeit kosten würden.
Wie knapp die Zeit ist, um die Klimakatastrophe in der Zwei-bis-drei-Grad-Welt zu verhindern, ist bekannt. Laut dem Weltklimarat IPCC muss der CO2-Ausstoß bis 2030 um mehr als 40 Prozent gesenkt werden, um das 1,5-Grad-Ziel nicht ganz abschreiben zu müssen.
Nachdem der Dubai-Gipfel hierfür immerhin einen Rahmen gegeben hat, kommt es nun auf die wichtigen Nutzer-Länder der fossilen Energien an, den "Ausstieg" ganz praktisch bei sich zu Hause umzusetzen. Schritt für Schritt, mit klaren Zeitplänen.
Denn eine solche Entscheidung kann ihnen keines der fossilen Länder von außen wegverhandeln. Stattdessen werden sich diese gezwungen sehen, selbst schneller auf grüne Energien umzusteigen, wenn der Absatz von Kohle, Öl und Gas sinkt.
Die USA und die EU können die Erneuerbaren-Lokomotiven sein, gute Ansätze wie das grüne Mega-Investitionsprogramm der Biden-Regierung und der Green Deal der Union sind vorhanden, sie müssen aber konsequent verfolgt werden.
Eine weitere Hoffnung ruht auf China, das sich in Dubai auffällig zurückgehalten hat. Von dort kommen Anzeichen, dass der CO2-Höchststand bald erreicht sein könnte.
Wird dies mit mehr Finanzhilfen für die Energiewende in ärmeren Staaten und Technologieaustausch ergänzt, was dringend nötig ist, kann das Ende der fossilen Energien schneller in Sicht kommen, als viele heute denken.