Sebastian Sladek. (Bild: Bernd Schumacher)

Das Wichtigste aus 52 Wochen: Sonst befragen wir die Mitglieder unseres Herausgeberrats im Wechsel jeden Sonntag zu ihrer klimapolitischen Überraschung der Woche. Zum Jahresende wollten wir wissen: Was war Ihre Überraschung des Jahres? Heute: Sebastian Sladek, Vorstand der Elektrizitätswerke Schönau (EWS).

Das vergangene Jahr hielt eine Vielzahl an Überraschungen für uns alle bereit, und auf nicht wenige hätte ich persönlich sehr gut verzichten können.

Der Tod meines Vaters am 24. September war die Überraschung, die – nicht nur – mich schwer getroffen hat.

Bereits die Diagnose seiner schlimmen Erkrankung hatte mich eiskalt erwischt: Mein Vater todkrank? Das kann nicht sein, mein Vater ist unsterblich! Natürlich, rational war das immer klar, dass jeder von uns den Weg alles Irdischen gehen muss – aber emotional hat mich die Sterblichkeit meines Vaters dennoch böse überrascht.

Eine schlimme Erfahrung, die sich dann bei seinem Tod nochmal wiederholt hat: Rational angesichts seiner Krankheit erwartet, emotional dennoch ein unerwarteter Nackenschlag. Mit Michael Sladek habe nicht nur ich meinen Papa und wir Sladeks unseren Familienhäuptling verloren. Die Energiewende muss künftig auf einen ihrer engagiertesten Mitstreiter und viele Mitmenschen auf einen guten Freund – einen echten Menschenfreund – verzichten.

Dieses Ereignis allein wäre für mich persönlich in Sachen böse Überraschungen absolut ausreichend gewesen, doch hatte das Jahr 2024 noch einiges mehr im Repertoire. Beginnen wir mit einem Blick auf Politik und Wahlen.

Einfache Antworten auf komplexe Probleme

Absolut überraschend war für mich die erneute Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Dies kam für mich tatsächlich noch überraschender als seine erste Wahl. Zunächst Fassungslosigkeit: Wie bitte? Jetzt machen die das schon wieder?! Was versprechen sich die US-Wähler von diesem kriminellen Hallodri?

Na ja, einfache Antworten auf komplexe Probleme eben, wie vom Populismus ständig suggeriert. Irgendwie war dann auch klar – und spätestens nach seiner Twitter-Übernahme nicht mehr wirklich überraschend –, dass ein Elon Musk da mitmischen muss. Mir jedenfalls fällt es zunehmend schwer, Elon Musk angesichts seiner so offensichtlich infantilen Weltsicht mit seinen bahnbrechenden Initiativen der Vergangenheit in Verbindung zu bringen.

Vor dem Hintergrund seiner "Bromance" mit Donald scheint sich seine Fangemeinde ohnehin zu verschieben – von Tech-Freaks hin zu Liebhabern von Telenovelas. Und ich muss gestehen, ich beobachte das Geschehen um die beiden ebenfalls mit einer gewissen Faszination: Zwei Hähne auf demselben Misthaufen? So was ist noch nie gut gegangen.

Sicher, jetzt kann man über die USA wieder sehr ausgiebig den Kopf schütteln, aber eigentlich brauchen wir gar nicht über den großen Teich zu blicken. Auch Deutschland und Europa haben den Weg des gesellschaftlichen Zerfalls in einander oftmals feindlich gegenüberstehende Gruppierungen eingeschlagen. Die Europawahl legte davon beredtes Zeugnis hab. Der Wunsch nach einfachen Lösungen scheint hier genauso zu grassieren.

Hierzulande wie in den USA sehr aktiv, hat sich Herr Musk nicht zufällig die AfD als Gesinnungsgenossen ausgesucht. Über einen ähnlich hohen Kontostand wie Musk, mit dem sich die Folgen dieser Gesinnung besser ertragen lassen, verfügt dann aber doch kaum ein AfDler. Bleibt zu hoffen, dass sich nicht auch noch die Union dieser Gesinnung anschließt, auch wenn die Tendenz für mich bereits klar erkennbar ist.

In der Zukunft ist weiter alles möglich 

Am meisten überrascht hat mich aber tatsächlich das Wahlverhalten der jungen Europäer, die ich in ihren Denkstrukturen für nicht so festgefahren gehalten hatte, dass populistische Trigger so zielsicher verfangen. Hier böte sich ein Blick auf die unrühmliche Rolle der Medien an – auch solcher, die ich bisher für journalistisch seriös hielt – und ihren Anteil an solchen Entwicklungen im Jahr 2024. In diesem Fall erhoffe ich mir allerdings viele positive Überraschungen im Jahr 2025.

Zum Beispiel eine Fokussierung der Medien auf ein Thema, das uns alle bewegen sollte: Der Klimawandel muss dringend zurück in die öffentliche Wahrnehmung, dafür braucht es eine klare und verständliche Berichterstattung. Denn dass die Klimakrise schnell und immer schneller abläuft, davon können wir ausgehen.

Und auch hier gibt es sie, die positiven Überraschungen. 2024 gab es einen Rekordausbau der Photovoltaik und eine ebenso überraschende Rekordzahl an erteilten Genehmigungen für den Windkraftausbau. Das ist schön und zeigt deutlich: Geht doch! Und ich bin sicher, da geht sogar noch mehr.

Mit Blick etwa auf die Energiepreisexplosion scheint aber auch diese Entwicklung weniger überraschend als folgerichtig. Vielen Menschen ist das schon klar, aber beileibe nicht allen. Umso dankbarer bin ich all denen, die mit uns seit nunmehr 30 Jahren die Energiewende vorantreiben.

Das eigene Portemonnaie ist auch weiterhin sehr viel näher als der Klimawandel. Stetig steigt aber die Zahl derjenigen Mitmenschen, die bereits erfahren mussten, dass die Klimafolgen auch mit einem noch so prall gefüllten Geldbeutel nicht mehr erträglich gestaltet werden können. Für 2024 erinnere man sich etwa an die Unwetterkatastrophen in Spanien und anderen europäischen Ländern.

 

Es gibt folglich auch im neuen Jahr genug zu tun. Ich bin dabei – Sie auch?

Schließen wir es also ab, das für mich auch aus persönlicher Sicht eher alte und bucklige Jahr 2024, und wenden uns 2025 zu. Denn in der Zukunft ist weiter alles möglich. Gleich im Februar können wir alle an der Wahlurne eine Entscheidung für die Energiewende und gegen einen großen Rückschritt ins vergangene Jahrtausend treffen.

Es liegt an jedem Einzelnen und uns allen zusammen, es anders und besser zu machen. Damit ich an dieser Stelle im kommenden Jahr auf ein 2025 zurückblicken kann, das uns als Gesellschaft in Transformation deutlich vorangebracht hat.