Auf dem Gelände der Klimakonferent in Dubai steht zwischen anderen Menschen ein Afrikaner und hält ein einfaches Schild hoch, darauf steht auf Englisch: Schluss mit fossilen Energien.
Protest ist in Dubai nur schwer möglich und außerhalb des Konferenzgeländes überhaupt nicht, beklagen zivilgesellschaftliche Organisationen. (Bild: Mike Muzurakis/​IISD/​ENB)

"In den nächsten Tagen haben wir die Möglichkeit, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen, der die Wirtschaft der Zukunft definiert", sagte am Freitag Sultan Al Jaber, der Präsident der 28. UN-Klimakonferenz (COP 28). Damit hat er recht, denn auf der Agenda steht auch ein Komplettausstieg aus den fossilen Energien.

Auf der COP 28 muss über die Folgen aus der "globalen Bestandsaufnahme" (Global Stocktake) entschieden werden. Diese Bilanz fällt ernüchternd aus: Die Staaten tun nicht genug, um die Ziele des Paris-Abkommens zu erreichen. Das Klima wird sich um 2,5 bis 2,9 Grad erwärmen und nicht um 1,5 Grad.

Die Länder müssen also mehr tun. Viel Unterstützung erhalten hier eine Verdreifachung der Erneuerbaren-Kapazität und eine Verdopplung der Steigerungsrate bei der Energieeffizienz bis 2030.

Viele Länder wollen außerdem einen Ausstieg aus den fossilen Energien. Doch einige kleinere Staaten sind dagegen und auch mehrere große: China, Indien, Russland, Saudi-Arabien und de facto auch die USA.

Nun gehe es darum, möglichst viele Länder aus dieser Allianz herauszubrechen, sagt Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Dabei muss man schrittweise vorgehen und die letzten verbleibenden Länder möglichst isolieren."

Auf EU-Ebene fällt diese Aufgabe vor allem der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock zu. Sie wird auf Ministerebene im Namen der Europäischen Union über das Thema Emissionsminderung verhandeln.

Dabei muss Baerbock auch verhindern, dass ein Schlupfloch für fossile Energien in Form der CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) geschaffen wird: "Es geht um den Ausstieg aus den fossilen Energien und eben nicht um den Ausstieg aus den fossilen Emissionen. Das ist, auch wenn es nur nach einem Wort klingt, ein riesengroßer Unterschied", sagte sie am Freitag.

Ärmere Länder warten auf Gegenleistung

Denn ein Ausstieg aus den "Emissionen" würde die CCS-Option offen lassen. Baerbock weiter: "Es ist jetzt schon klar, dass es um diesen Punkt am Ende das heftigste Gerangel geben wird, weil es auch auf dieser COP nach wie vor mächtige Stimmen aus der alten fossilen Welt gibt."

Um genug Druck aufzubauen, hoffen die Nichtregierungsorganisationen auf eine Wiederbelebung der "High Ambition Coalition". Diese hatte im Jahr 2015 in Paris dafür gesorgt, dass das 1,5-Grad-Ziel im Paris-Abkommen steht.

Die Koalition der Ambitionierten umfasst die progressiven Industriestaaten wie die EU, die kleinen Inselstaaten und die ärmsten Länder der Welt. Damit durchbricht das Bündnis die klassische Frontstellung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Zudem stellt sie unter den knapp 200 Ländern auf der COP die Mehrheit.

COP 28 in Dubai

Bei der 28. UN-Klimakonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten geht es um ein verbindliches Ausstiegsdatum aus den fossilen Energien. Klimareporter° ist mit einem Team vor Ort und berichtet mehrmals täglich.

Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch mahnt allerdings an, dass die EU den ärmeren Koalitionsmitgliedern etwas bieten muss: "Man kann nicht einfach zu diesen Ländern gehen und sagen: 'Macht doch mit.'

Denn der rasante Ausbau der Erneuerbaren beschränkt sich auf die G20-Staaten, und das private Kapital macht einen großen Bogen um die ärmeren Länder." So entfallen nur zwei Prozent der Investitionen in klimafreundliche Technologien auf Afrika.

Daraus folgt für Bals: "Man muss diesen Ländern ein 'Implementierungspaket' anbieten und dann sagen: 'So könnt ihr das auch umsetzen.' Nur in diesem Kontext können diese Länder die High Ambition Coalition unterstützen."

Verhandlungen bei vielen Themen nicht im Zeitplan

Bei den Verhandlungen kommt erschwerend hinzu, dass die Verhandler in der ersten Woche der Konferenz bei vielen Themen ihr Ziel verfehlt haben. So liegen für wichtige Teile der Global-Stocktake-Entscheidung keine weitgehend "sauberen", ausverhandelten Texte vor, sondern nur "Bauteile".

Das Gleiche gilt für die Anpassung an den Klimawandel, ein Thema, das bislang auf jeder Klimakonferenz vernachlässigt wurde. Nun rächt sich, dass bei einer Vorbereitungskonferenz im Juni in Bonn ein Streit über die Tagesordnung dominiert hat. Dadurch ist wertvolle Zeit verloren gegangen.

Nun liegt es an Al Jaber und seinem Team, aus den "Bauteilen" in den verschiedenen Verhandlungssträngen ein Paket zu schnüren, dem alle Länder zustimmen können.

Behindert wird Al Jaber dabei durch das weit verbreitete Misstrauen ihm gegenüber. Al Jaber ist auch Chef des staatlichen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate, Adnoc. Viele befürchten, dass er daher nicht der "ehrliche Makler" ist, den es in der jetzigen Lage braucht.

Al Jaber und die Emirate haben allerdings ein großes Interesse daran, dass die COP 28 zu einem Erfolg wird. Für Kowalzig heißt das: Al Jaber muss die Konferenz "nicht nur als Großveranstaltung, sondern auch als Fortschritt im weltweiten Kampf gegen die Klimakrise erfolgreich abschließen".

Aber selbst das scheint Al Jaber nicht genug zu sein. Er will das Konzept Klimagipfel neu erfinden und hofft, dass die COP 28 als eine Konferenz in die Annalen eingehen wird, "die die Art und Weise transformiert hat, wie COPs ablaufen". Dem Klima könnte das nur recht sein.

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