Am gestrigen Donnerstag ist in Bonn die Konferenz zur Vorbereitung des UN-Klimagipfels COP 28 im Dezember in Dubai zu Ende gegangen. Die knapp zweiwöchige Bonner Konferenz wurde durch einen Grundsatzstreit überschattet, der erst am vorletzten Tag beigelegt werden konnte.

 

Dabei ging es um die Frage, ob ein Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung auf der Agenda stehen soll oder nicht. Die Industriestaaten unterstützten diesen Programmpunkt, doch eine Gruppe von Ländern lehnte dies ab. Zu dieser Gruppe gehörten China, Indien, Russland und Saudi-Arabien, aber auch einige sozialistische Länder Südamerikas wie Bolivien und Venezuela.

Diese Länder brachten am Mittwoch der ersten Woche einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt ein: Falls über CO2-Emissionsminderung verhandelt werden soll, dann müsse auch über die finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer verhandelt werden.

Aus Sicht vieler Nichtregierungsorganisationen war das legitim. "Es überrascht nicht, dass Entwicklungsländer nicht weiter über ihre Verpflichtungen verhandeln wollen, wenn sie keine Mittel erhalten, um sie zu erfüllen", sagte Teresa Anderson von Action Aid. "Nach all den Jahren der gebrochenen Versprechen wollen sie diesen Vertrauensvorschuss nicht mehr geben."

"Verrückt, nicht über die Ursache der Klimakrise zu reden"

Allerdings gab es auch einige Entwicklungsländer, die das Arbeitsprogramm befürworteten und den Tagesordnungspunkt zu den Klimahilfen ablehnten. Dazu gehörten die kleinen Inselstaaten und progressive Länder Südamerikas wie Kolumbien oder Chile.

Am Dienstag der zweiten Woche richtete Nabeel Munir, einer der Vorsitzenden der Verhandlungen, schließlich einen dringenden Appell an die Staaten: "Wenn wir die Agenda nicht verabschieden, geht alle Arbeit, die wir tun, verloren." Der Grund ist technischer Natur: Ohne Tagesordnung können formell keine Entscheidungen getroffen werden.

Blaue und weiße Zelte einer Hilfsorganisation sind in Reihe aufgebaut, im Hintergrund sind Felder weithin überflutet.
Staaten wie Pakistan stecken schon mitten in der Klimakrise, doch der Streit ums Geld blockiert die UN-Verhandlungen. (Bild: Tuncay Işık/​Shutterstock)

Munir erinnerte an die Überschwemmungen in seinem Heimatland Pakistan im letzten Jahr: "33 Millionen Menschen waren betroffen und ein Drittel des Landes stand unter Wasser – und ich soll in mein Land zurückkehren und den Menschen sagen, dass wir zwei Wochen lang über die Tagesordnung gestritten haben?"

Der Appell zeigte Wirkung und die Länder einigten sich auf eine Agenda. Allerdings beinhaltet diese nun weder das Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung noch den Tagesordnungspunkt zu den Klimahilfen.

Das stieß umgehend auf Kritik: "Es ist verrückt, dass bei internationalen Verhandlungen über den Klimawandel die Regierungen nicht darüber verhandeln sollen, wie sich die Ursache begrenzen lässt", sagte etwa Wendel Trio, ein langjähriger Beobachter der UN-Klimaverhandlungen.

Das Kalkül der Gegner des Arbeitsprogramms sei aufgegangen, so Trio. Ihre Strategie, Klimahilfen gegen Emissionsminderung auszuspielen, habe funktioniert. "Bestimmte Länder ziehen es vor, dass das Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung so wenig Aufmerksamkeit und Unterstützung wie möglich erhält."

Nun müsse die Präsidentschaft der Klimakonferenz im Dezember dafür sorgen, dass der Senkung der CO2-Emissionen und den Klimageldern dennoch genug Zeit eingeräumt wird, sagte Trio. Er ist jedoch skeptisch, ob dies passiert: "In Anbetracht der Kontroversen um die neue Präsidentschaft und der Ereignisse in Bonn gibt es Zweifel an den Fortschritten, die auf der Konferenz in Dubai erzielt werden können."

Bleiben die Verwundbarsten auf der Strecke?

Sultan Al Jaber, der designierte Präsident der Konferenz, ist nicht nur der Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, sondern auch der Chef der nationalen Ölfirma Adnoc – eine Ämterhäufung, die viele für problematisch oder sogar inakzeptabel halten.

Auf der Konferenz in Dubai sollen eigentlich einige wichtige Beschlüsse gefasst werden. Zum einen soll der Klimaschutz einen neuen Schub bekommen, da eine Bestandsaufnahme zeigt, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen.

Zum anderen muss der Fonds für Verluste und Schäden infolge der Klimakrise aufgesetzt werden. Dazu muss entschieden werden, wer in den Fonds einzahlt und wer bei klimabedingten Katastrophen Entschädigungen bekommen kann.

Ob das gelingt, ist nach dem Agendastreit in Bonn allerdings fraglich. Die Staaten haben bei der letzten UN-Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh beschlossen, dass es einen solchen Fonds geben soll – ein wichtiges Anliegen der Entwicklungsländer. Im Gegenzug erreichten die Industriestaaten, dass ein Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung erarbeitet wird.

Doch nachdem dieses Programm nun von einigen Entwicklungsländern blockiert wurde, könnten sich die Industriestaaten revanchieren und dafür beim Fonds mauern.

Dann ginge der Winkelzug mit dem Tagesordnungspunkt zu den Klimageldern zulasten der Verwundbarsten wie der Inselstaaten: Die CO2-Emissionen bekämen zu wenig Beachtung und mit den Schäden in Folge der Erwärmung würden sie alleingelassen.