Darling Wind Farm
Afrika hat mehr als genug Sonne und Wind für eine saubere Elektrifizierung, aber viele Länder sitzen in der Schuldenfalle. (Bild/​Ausschnitt: Warren Rohner/​Flickr)

Die Durchschnittstemperaturen auf dem afrikanischen Kontinent steigen. Damit nehmen auch wetter- und klimabedingte Risiken wie Überschwemmungen, tropische Zyklone und anhaltende Dürren zu.

Allein im vergangenen Jahr waren 110 Millionen Menschen in Afrika unmittelbar von Wetterextremen, klima- oder wasserbedingten Unwettern und Gefahren betroffen, die mehr als 8,5 Milliarden US-Dollar an wirtschaftlichen Schäden verursachten.

Mindestens 5.000 Menschen starben. Wahrscheinlich sind die Zahl der Toten und der Umfang der Schäden weit höher, weil Datenbasis und Berichterstattung unzureichend sind.

Die Zahlen stehen in einem Statusbericht zum Zustand des Klimas in Afrika, den die Weltwetterorganisation WMO am heutigen Montag zu Beginn des Africa Climate Summit veröffentlicht hat. "Afrika ist für weniger als zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Aber es ist der Kontinent, der am wenigsten in der Lage ist, mit den negativen Auswirkungen des Klimawandels umzugehen", sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas.

Wenn der Klimawandel nicht eingedämmt wird, werden die nächsten Jahrzehnte und auch schon die kommenden Jahre durch schwere klimabedingte Belastungen für die Wirtschaft, die Lebensgrundlagen und die Ökosysteme auf dem Kontinent gekennzeichnet sein, heißt es in dem Bericht.

"Angesichts der hohen Exposition, Fragilität und geringen Anpassungsfähigkeit Afrikas werden die Auswirkungen des Klimawandels voraussichtlich schwerwiegender sein", sagte Josefa Sacko, Landwirtschaftskommissarin der Afrikanischen Union. "Die Gesundheit der Menschen, der Frieden, der Wohlstand, die Infrastruktur und andere wirtschaftliche Aktivitäten in vielen Sektoren in Afrika sind erheblichen Risiken durch den Klimawandel ausgesetzt", schreibt sie im Bericht.

Enormes Potenzial für Erneuerbare

Kosten zwischen sieben und 15 Milliarden US-Dollar jährlich könnten klimabedingte Katastrophen die Länder Afrikas kosten, schätzt die Afrikanische Entwicklungsbank. Bis 2030 sei sogar ein Anstieg auf 50 Milliarden US-Dollar möglich.

Wie sich die afrikanischen Länder auf die neuen Realitäten der Klimakrise vorbereiten können, ist Thema des Africa Climate Summit, der noch bis Mittwoch in der kenianischen Hauptstadt Nairobi stattfindet. Es ist der erste Gipfel, bei dem sich Regierungsvertreter:innen Afrikas darüber austauschen, wie sich der Kontinent an den Klimawandel anpassen kann und wie die Lebensgrundlagen und die Volkswirtschaften künftig gesichert werden können. 

Erklärtes Ziel ist, das Wachstum der afrikanischen Volkswirtschaften in grüne Bahnen zu lenken, durch den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien und sauberen Technologien. Bislang fließt nur ein kleiner Teil der weltweiten Erneuerbaren-Investitionen in afrikanische Länder – dabei ist das Potenzial für erneuerbare Energien enorm.

"In der vergangenen Dekade sind nur zwei Prozent der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien nach Afrika geflossen", sagte Wangari Muchiri von Africa Wind Power, einer Windkraft-Initiative für den afrikanischen Kontinent. Bislang ist dort lediglich Windenergie mit einer installierten Leistung von 7.300 Megawatt verfügbar.

Dabei gebe es ein Potenzial von 1,8 Millionen Megawatt, so Muchiri. Eine Studie der International Finance Corporation (IFC), einer Entwicklungsbank der Weltbank-Gruppe, schätzt die technische Windkraftkapazität Afrikas sogar auf mehr als 59 Millionen Megawatt.

Vorschlag zur Reform des Finanzsystems

Auf dem Gipfel wollen die afrikanischen Länder bei der internationalen Gemeinschaft um mehr Investitionen werben – auch alle anderen Länder weltweit wurden zur Gipfelteilnahme eingeladen. Außerdem es geht um die Reform des internationalen Finanzsystems, die schon im Juni auf dem Pariser Finanzgipfel besprochen wurde.

Aus Sicht der afrikanischen Staaten benachteiligt das internationale Finanzsystem ihre Länder systematisch, weil sie höhere Zinsen zahlen müssen. Etliche Entwicklungsländer drohen dadurch in eine Schuldenkrise zu rutschen, da ein Großteil ihres Haushaltsbudgets in die Tilgung von öffentlichen und privaten Krediten fließt. Steigende Zinsen haben die Situation zuletzt verschärft.

Kenias Präsident William Ruto, der zu dem dreitägigen Gipfel lädt, ist einer der Bekannteren, die sich für eine Neuordnung der internationalen Finanzinstitutionen einsetzen. Beim Finanzgipfel in Paris forderte Ruto, die Länder, die aufgrund wirtschaftlicher Schocks und anderer Herausforderungen mit erheblichen Schuldenproblemen zu kämpfen haben, zu entlasten.

Ruto hat sich auch der Forderung nach mehr Mitteln angeschlossen, mit denen neue Finanzierungsinstrumente für den Klimaschutz aufgelegt werden sollen. Dabei geht es um gezielte Abgaben, um die Abschaffung von Subventionen und eine globale Steuer auf fossile Brennstoffe. Außerdem sollen bestehende Geldtöpfe effizienter genutzt werden. 

 

David Ryfisch von der deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht in Rutos Vorschlag großes Potenzial. "Der Mix aus globalen Steuern nach dem Verursacherprinzip, Schuldenerleichterungen, der Vermeidung von Investitionen in fossile Strukturen und der Nutzung innovativer Finanzinstrumente kann eine ganze Klimainvestitionswelle auslösen", sagte Ryfisch.

Der Vorschlag könne sogar verkrustete Machtstrukturen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg überwinden und zu Mitsprachemöglichkeiten für alle Länder führen, die dem 21. Jahrhundert entsprächen.

Lesen Sie dazu den Gastbeitrag von Kathrin Henneberger: Hört auf die Stimmen der afrikanischen Zivilgesellschaft