Fossile Energien destabilisieren in zunehmendem Maße diesen Planeten. Das geschieht auf zweierlei Weise. Zum einen – das ist nicht neu – werden Kriege etwa um Öl und Gas geführt.
Beispiel Irak: Im Chilcot-Report hat die britische Regierung im vergangenen Jahr die Beteiligung des Landes am Irakkrieg untersucht, der von 2001 bis 2009 dauerte. Bereits im Jahr 2001 stellte demnach eine interne Analyse des britischen Außenministeriums fest, welches die "fundamentalen Interessen" Großbritanniens in Bezug auf den Irak sind. Erstens war das regionale Stabilität und das Verhindern der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Zweitens aber ging es um "Energiesicherheit", da die Region um den Irak über "66 Prozent der globalen Ölreserven" verfüge. Die Hinweise auf Massenvernichtungswaffen beruhten allerdings auf "fehlerhaften Geheimdienstinformationen" – womit nur noch der Zugang zu den Ölreserven als Kriegsgrund blieb.
Zum anderen zeigt sich immer deutlicher die destabilisierende Rolle der fossilen Energien, der Hauptursache des Klimawandels als Risikoverstärker für Konflikte.
Beispiel Syrien: Laut einer Studie für die Nasa herrschte in der Region bis 2011 die längste Dürre seit 900 Jahren und die schwerste Dürre seit 500 Jahren. In Syrien verendeten rund 85 Prozent der Herden, 800.000 Bauern verloren ihren Lebensunterhalt, drei Millionen Syrer rutschten in die Armut ab und wanderten in die überbevölkerten Städte. Dort lebten bereits rund eine Million Iraker, die vor dem Krieg im eigenen Land geflohen waren. Im ländlichen Raum Syriens hatte sich lange Unmut wegen der ausbleibenden Landreform aufgestaut. Die Dürre gab den nun ausbrechenden heftigen Protesten eine zusätzliche Dringlichkeit. Die Rebellion wurde vom Assad-Regime mit großer Brutalität niedergeschlagen – so begann der bis heute tobende Krieg.
Eine Strategie, die weiter auf fossile Energieträger setzt, untergräbt weltweit menschliche Sicherheit. Vieles spricht für den Abschied von fossilen Energieträgern, für eine Modernisierungsstrategie hin zu Energieeinsparung und erneuerbaren Energien. Doch auch diese ist nicht ohne friedenspolitische Risiken. Beim letzten G7-Gipfel wurde das deutlich, als die britische Regierungschefin Theresa May sagte, für ernsthaften Klimaschutz spreche vor allem, dass man sich so von den energiepolitischen Erpressungen Russlands freimachen könne.
In der bislang methodisch belastbarsten Studie zum Zusammenhang von Klimawandel und bewaffneten Konflikten hat sich unter Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung herausgestellt: Klimabedingte Katastrophen erhöhen das Risiko für den Ausbruch bewaffneter Konflikte in Ländern, die einerseits verletzlich gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels und anderseits ethnisch oder sozial zerklüftet sind.
Zwischen 1980 und 2010 fielen in solchen Ländern – vor allem in Nord- und Zentralafrika sowie Zentralasien – 23 Prozent der Konfliktausbrüche mit dem Auftreten klimabedingter Katastrophen zusammen. Die globale Klimakrise nicht als alleinige Ursache, aber als Risikoverstärker für den Ausbruch von Konflikten – das wird immer deutlicher.
Weltweite Energiewende geht nur kooperativ
Für ein Land wie Russland – inzwischen zum weltgrößten Öl- und Gasexporteur sowie zum fünftgrößten Kohleexporteur aufgestiegen, muss eine solche Aussage wie ein aggressiver Akt klingen. Nein, wer mit Russland oder Saudi-Arabien die notwendige Transformation auch als Friedensprojekt vorantreiben will, der muss auf kooperative Energie-, Wasser- und Klimasicherheit als Schlüssel zu einem neuen Wohlstandsmodell setzen.
Im Umgang mit Russland würde das einerseits bedeuten, eine Energieeffizienz-Strategie zu unterstützen, die im Land eine Modernisierung voranbringt. Und anderseits die Exportstrategie des Landes immer stärker auf Gas statt Öl und Kohle zu konzentrieren, das schrittweise in nachhaltiges Biogas oder anderes erneuerbares Gas zum Beispiel aus Ökostrom transformiert wird.
Christoph Bals
Der Ökonom Christoph Bals ist politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Sein Beitrag erschien als Editorial zum Themenheft "Klimafrieden" des Umweltdebattenmagazins Movum.
Eine solche, an der humanitären Sicherheit orientierte Strategie hat das Potenzial, den Sicherheitsbegriff zunehmend zu entmilitarisieren. Nur durch Kooperation und Interessenausgleich – und nicht durch Drohungen und Waffengewalt – lässt sich eine Klimastrategie in die Tat umsetzen, die das Unbewältigbare vermeidet und das Unvermeidbare bewältigt. Ein Menschenrechts-orientierter Ansatz zur Gestaltung der globalen Energiewende und der Anpassung an den Klimawandel unterstützt eine solche Strategie.
Die im Pariser Klimaabkommen vorgesehene Kooperation zwischen Staaten beim Erreichen ihrer abgegebenen Klimaziele kann als außenpolitische Strategie konsequent dafür genutzt werden, um die Frage der Klimasicherheit mit dem Zugang zu nachhaltiger Energie, sauberem Wasser und Nahrung zusammenzudenken. So verstanden, bedeutet mehr Klimaschutz dann auch mehr humanitäre Sicherheit und weniger militärische Konflikte.