Vorher-nachher-Bild: Grüne statt fossiler Kraftwerke und Verkehrsmittel.
Worum es geht, hat das Unep schon auf dem Titelblatt zusammengefasst. (Abbildung: UNEP)

Die Chancen der Weltgemeinschaft, bis 2100 die größten Klimaschäden doch noch abzuwenden, sind gestiegen. Das UN-Umweltprogramm Unep erwartet laut einem am heutigen Mittwoch vorlegten Report eine Trendwende beim CO2-Ausstoß, wenn die von vielen Staaten geplanten Corona-Konjunkturprogramme "grün" ausgerichtet werden.

Die Programme könnten die Emissionen bis 2030 auf ein Niveau herunterbringen, das zur Einhaltung des Zwei-Grad-Erwärmungslimits laut Pariser Klimaabkommen benötigt wird.

Der Unep-Bericht zeigt aber auch: Ohne einen "grünen Wiederaufbau" mit einem Schwerpunkt auf klimafreundliche Energieträger, Abbau fossiler Subventionen, Wiederaufforstung und andere ökologische Maßnahmen sieht es finster aus.

Bisher steuere die Welt nämlich auf einen Temperaturanstieg bis 2100 von mehr als drei Grad zu, wodurch der Klimawandel nicht mehr beherrschbare Formen annehmen würde. 2019 wurden 59,1 Milliarden Tonnen CO2 und andere Klimagase (CO2-Äquivalente) freigesetzt, 2,6 Prozent mehr als 2018. Der Anstieg sei größtenteils der Zunahme von Waldbränden geschuldet.

Die CO2-Emissionen werden laut dem "Emissions Gap Report 2020" wegen der weltweiten Corona-Lockdowns in diesem Jahr um bis zu sieben Prozent gegenüber 2019 sinken. Das allein verringere die Lücke zwischen den bisherigen Klimaplänen der Länder und den Zielen des Paris-Vertrags aber nur wenig. Der Rückgang bedeute lediglich eine Verringerung der globalen Erwärmung um 0,01 Grad bis 2050.

Dreifache Klima-, Arten- und Umweltkrise

Unep-Chefin Inger Andersen forderte die Regierungen deswegen "dringend" auf, sich "für einen grünen Aufschwung einzusetzen und ihre Klimaschutz-Ambitionen 2021 deutlich zu erhöhen". Die für 2030 erwarteten Emissionen könnten so um bis zu 25 Prozent reduziert werden.

Die Corona-Pandemie bezeichnete Andersen als "Warnung, dass wir dringend von unserem zerstörerischen Wachstumspfad abkommen müssen, der die drei globalen Krisen Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Umweltverschmutzung vorantreibt." Sie sei aber auch eine Chance, das Klima und die Natur auf Jahrzehnte hinaus zu schützen.

Ein gezieltes Umsteuern fordert der Report beim Konsumverhalten sowie im Luft‑ und Seeverkehr. Rund zwei Drittel der weltweiten Emissionen seien bei entsprechender Kalkulation den privaten Haushalten zuzurechnen, sie hätten damit einen großen Einfluss auf den CO2-Ausstoß.

Dabei trügen die Wohlhabenden die größte Verantwortung. Die Emissionen des reichsten Prozents der Weltbevölkerung seien doppelt so hoch wie die der ärmeren Hälfte der Bürger. Diese Gruppe müsse ihren CO2-Fußabdruck auf ein Dreißigstel senken, um Paris-kompatibel zu sein.

Staaten mit neuen Plänen

Einen verhalten optimistischen Ausblick auf die Klimazukunft hat jüngst die Wissenschaftsinitiative "Climate Action Tracker" geworfen. Laut ihrer Auswertung wird die globale Erwärmung 2100 rund 2,1 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit betragen, falls alle Staaten ihre Versprechen zum CO2-Sparen einhalten. Damit wäre das Paris-Ziel, deutlich unter zwei Grad zu bleiben, noch in Reichweite.

Grund für die positive Sicht sind die jüngsten Klimaankündigungen von wichtigen Staaten wie China, Japan, Kanada und Südkorea, bis 2050 klimaneutral zu werden, sowie entsprechende Äußerungen des designierten US-Präsidenten Joe Biden. Werden nur die bisher tatsächlich in Gang gesetzten politischen Instrumente berücksichtigt, lautet die Prognose 2,9 Grad. Das Paris-Limit würde gerissen.

Die Europäische Kommission legte unterdessen einen Aktionsplan für eine klimafreundliche Verkehrswende bis 2050 vor. Danach sollen bereits in zehn Jahren 30 Millionen abgasfreie Autos in Europa fahren, der Verkehr in Hochgeschwindigkeitszügen soll sich verdoppeln, und mindestens 100 europäische Städte sollen klimaneutral sein.

2035 will die EU "saubere große Flugzeuge" marktreif sehen. Konkrete Gesetzgebungspläne kündigte Brüssel allerdings erst für die Jahre ab 2021 an. Der jetzt vorgelegte Plan listet rund 80 Einzelmaßnahmen auf und ist eine Weiterentwicklung des zehn Jahre alten "Weißbuchs Verkehr". Autoindustrie und Umweltverbände kritisierten den Aktionsplan aus entgegengesetzten Gründen.