Justin Trudeau, umgeben von unscharfer, rot gekleideter Menschenmasse
Kanadas Premier Trudeau, hier bei einem Amateursportfest, legt die Latte höher. (Foto: 2017 Canada Summer Games/​Flickr)

Ein weiteres Schwergewicht unter den Treibhausgas-Emittenten bereitet sich vorsichtig auf die Klimaneutralität vor. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat angekündigt, Kanada bis 2050 treibhausgasneutral machen zu wollen.

Das nordamerikanische Land soll dann also höchstens noch so viel Treibhausgase ausstoßen, wie gleichzeitig auch wieder aus der Atmosphäre verschwindet, weil zum Beispiel Bäume CO2 binden.

Die Europäische Union hat sich bereits auf dieses Ziel geeinigt. Der künftige US-Präsident Joe Biden will dasselbe in den Vereinigten Staaten durchsetzen.

Am Donnerstag hat Trudeau das Vorhaben dem Parlament in Ottawa vorgestellt. Ab 2030 soll es demnach kurzfristige Klimaziele geben, immer für einen Fünfjahreszeitraum. Kommt Trudeaus Plan durch, müssten künftige Regierungen regelmäßig Rechenschaft darüber ablegen, wie sie auf die Klimaneutralität hinarbeiten.

Sein Gesetzentwurf verrät aber noch nicht viel darüber, was in der Dekade vor 2030 geschehen soll – und wo Kanada dann bei der Reduktion der Emissionen stehen will.

Bisher wollte das Land bis zum Ende des Jahrzehnts 30 Prozent seiner Emissionen gegenüber dem Niveau von 2005 einsparen. Laut dem "Climate Action Tracker", einem Infoportal der Denkfabriken New Climate Institute und Climate Analytics, ist das "unzureichend".

Das bedeutet: Wenn alle Länder dieses Ambitionslevel hätten, würde die Entwicklung auf bis zu drei Grad Erderhitzung gegenüber vorindustriellen Zeiten hinauslaufen – sofern die Pläne dann auch Wirklichkeit werden.

Im Paris-Abkommen haben die Regierungen aber versprochen, den Temperaturanstieg im Weltdurchschnitt bei "deutlich unter zwei Grad" und möglichst bei 1,5 Grad zu begrenzen, was zur Rettung besonders verletzlicher Staaten unbedingt nötig wäre.

Der Trend geht zum langfristigen Klimaziel

Das kanadische Ziel für 2030 ist aber auch schon etliche Jahre alt. Eigentlich muss die Regierung laut Paris-Abkommen dieses Jahr noch ein neues beim UN-Klimasekretariat einreichen – wie auch alle anderen Staaten.

Das Abgeben langfristiger Klimaziele entwickelt sich zum Trend. Während bislang kaum ein Land ein tatsächlich verbessertes Ziel für die Etappe bis 2030 abgegeben hat, wie es das Paris-Abkommen fordert, haben sich kürzlich mehrere Regierungen zur Klimaneutralität in weiter Ferne verpflichtet, neben der EU noch Japan, China, Südafrika und Südkorea.

Auch das ist laut Paris-Abkommen erwünscht. Nur sind die Weichenstellungen und Maßnahmen im kommenden Jahrzehnt natürlich entscheidend dafür, ob ein Land 20 Jahre später tatsächlich klimaneutral sein kann oder nicht.

Das sehen auch kanadische Umweltorganisationen so. "Dem Gesetz fehlen Schlüsselelemente", sagte Dale Marshall von Environmental Defence Canada. "Zum Beispiel müssen alle fünf Jahre die richtigen Ziele gesetzt werden, inklusive dem entscheidenden Zeitraum, nämlich bis 2025."

Marshall fordert außerdem, dass unabhängige Expert:innen den Fortschritt der Regierung überprüfen. "Und zwar das Handeln der Regierung, nicht die Ziele."

Catherine Abreu vom Climate Action Network Canada nannte Trudeaus Vorstoß einen "wichtigen Schritt vorwärts". Auch sie findet aber, dass der Plan zu spät ansetzt. "Wir müssen daran arbeiten, dass das neue Gesetz Kanadas Ansprüche beim Klimaschutz kurzfristig hochschraubt und nicht die ganze Arbeit nur in ferne Jahrzehnte schiebt."

Anzeige