Wir sind mobiler und flexibler denn je. Unser Stresslevel dankt uns das oft nicht. Das Klima auch nicht.
Der Verkehr ist eines der großen Sorgenkinder beim Klimaschutz. In den vergangenen 30 Jahren ist der CO2-Ausstoß in diesem Bereich im Grunde nicht gesunken. Dabei ist der Sektor nach der Energiewirtschaft und der Industrie der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen in Deutschland, macht etwa ein Fünftel von ihnen aus.
Daran sind vor allem die vielen Autos schuld. Die werden zwar effizienter – aber auch größer und werden im Vergleich zum Anfang der 1990er Jahre mehr gefahren.
Das heißt: Wer Deutschland klimaneutral machen will, der muss eine Antwort auf die Frage haben, wie wir in Zukunft von A nach B kommen.
Gewichtung: Auf 66 Seiten Wahlprogramm kommen die Begriffe Verkehr und Mobilität zusammen 40-mal vor, das ergibt rechnerisch pro Seite 0,6 Nennungen.
Inhalt: Die SPD will den öffentlichen Verkehr stärken und eine "Mobilitätsgarantie" einführen. Das heißt: Jede:r soll "wohnortnah" Anschluss an Bus und Bahn haben. Wie weit eine Haltestelle dafür entfernt sein darf, steht nicht dabei.
Was die Sozialdemokraten nicht vorhaben, ist eine Reduktion klimaschädlichen Verkehrs, also von Autos oder Flügen.
Im Straßenverkehr will die SPD die E-Mobilität fördern, im Jahr 2030 sollen 15 Millionen voll elektrisch betriebene Autos in Deutschland fahren. Bliebe die Gesamtzahl der Autos insgesamt gleich, wären das 30 Prozent. Zurzeit gibt es rund eine halbe Million E-Autos. Keine Rede ist davon, ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen.
Ein Tempolimit soll es aber geben. Und das Fliegen will die SPD durch den verbesserten Bahnverkehr weniger attraktiv machen, zumindest innereuropäisch.
Gewichtung: Auf 140 Seiten Wahlprogramm kommen die Begriffe Verkehr und Mobilität zusammen 98-mal vor, pro Seite sind das rechnerisch 0,7 Nennungen.
Inhalt: Die Union will den Verkehr früher oder später klimaneutral machen, verrät aber nicht so recht, wie. Den Autoverkehr zu reduzieren ist jedenfalls nicht ihr Plan. Stattdessen soll es neue Straßen geben.
Mit anderen Antrieben sollen die Fahrzeuge natürlich fahren, etwa als Elektro- oder Wasserstoffautos. Aber: Autos mit Verbrennungsmotoren zu verbieten steht nicht im Programm. Zwar will die Union auf den CO2-Preis setzen – eine massive Steigerung, die den Wechsel zu klimafreundlichen Technologien durch hohe Spritpreise voranbringen würde, ist aber nicht abzusehen.
Für eine Reduktion des Flugverkehrs sieht sich die Union nicht verantwortlich, sie spricht sich sogar explizit gegen höhere Ticketpreise aus. Den Klimaschutz in diesem Bereich soll allein der europäische Emissionshandel übernehmen.
Gewichtung: Auf 272 Seiten Wahlprogramm kommen die Begriffe Verkehr und Mobilität zusammen 127-mal vor, pro Seite macht das 0,5 Nennungen.
Inhalt: Die Grünen werden am konkretesten dabei, wie sie sich klimafreundliche Mobilität vorstellen. Ab 2030 sollen nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden, vorher sollen bereits Subventionen wie das Dieselprivileg wegfallen. Wie die SPD wollen die Grünen im Jahr 2030 durch Kaufprämien mindestens 15 Millionen E-Autos auf den Straßen bringen.
Sie sagen aber auch: Die Gesamtzahl der Autos muss sich verringern, besonders in den Städten. Und neue Straßen soll es für die Blechkisten vorerst nicht geben. Auf den vorhandenen sollen Tempolimits gelten.
Auch eine Reduktion des Flugverkehrs wollen die Grünen erklärtermaßen erreichen. Hier ist allerdings weniger klar als an anderen Stellen, wie das vonstatten gehen soll. Der Fokus liegt auf der Verbesserung des Bahnverkehrs, um Flüge überflüssig zu machen.
Gewichtung: Auf 68 Seiten Wahlprogramm kommen die Begriffe Verkehr und Mobilität zusammen 60-mal vor. Damit bekommt das Thema im Verhältnis gesehen bei der FDP am meisten Platz, nämlich 0,9-mal pro Seite.
Inhalt: Die FDP will im Verkehrswesen, ob auf der Straße, auf der Schiene oder in der Luft, eigentlich nicht viel ändern. Sie setzt auf technische Innovationen, die die Antriebe sauber machen sollen – und auf eine CO2-Bepreisung. Die wünscht sie sich für alle Sektoren einheitlich.
Aber: Um einen Wandel im Verkehrssektor ohne weitere Maßnahmen anzustoßen, müsste der CO2-Preis exorbitant hoch sein. Damit würde logischerweise auch der Benzinpreis extrem ansteigen. Dagegen hatte sich die FDP allerdings im Wahlkampf ausgesprochen, wenn auch nicht im Wahlprogramm selbst.
Im geringeren Maße trifft dieser Vorwurf auch SPD und Union – die beiden Regierungsparteien haben selbst einen steigenden CO2-Preis in Deutschland eingeführt und sich im Wahlkampf dennoch über die Grünen mokiert, die zustimmend über steigende Benzinpreise sprachen. Der Widerspruch ist aber bei der FDP besonders groß, weil ihr Plan auf einen massiven Anstieg des CO2-Preises ohne weitere politische Maßnahmen hinausläuft.
Gewichtung: Auf 168 Seiten Wahlprogramm kommen die Begriffe Verkehr und Mobilität zusammen 136-mal vor, auf die Seite heruntergerechnet sind das 0,8.
Inhalt: Die Linke will ausdrücklich das Verkehrsaufkommen reduzieren und vor allem eine Abkehr vom motorisierten Individualverkehr erreichen. Neuwagen mit Verbrennungsmotor will sie ab 2030 nicht mehr zulassen, was allerdings nur knapp vor ihrem Klimaneutralitätsziel im Jahr 2035 liegt, während das durchschnittliche Auto länger als fünf Jahre auf der Straße ist. Was mit den Fahrzeugen dann geschehen soll, hat die Linke nicht präzisiert.
Der Fokus der Linken liegt darauf, ein soziales Verkehrssystem zu schaffen. Deshalb will sie zum Beispiel nicht auf Kaufprämien für E-Autos setzen, die eher Gutverdienenden zugutekommen, die sich überhaupt ein Auto leisten können. Stattdessen will sie den öffentlichen Verkehr verbessern, die Innenstädte möglichst autofrei gestalten, Tempolimits einrichten und keine Autobahnen mehr (aus)bauen.
Gewichtung: Auf 210 Seiten Wahlprogramm kommen die Begriffe Verkehr und Mobilität zusammen 50-mal vor. Damit ist das Thema bei den Rechtsnationalisten am schwächsten gewichtet, rechnerisch kommt es nur 0,2-mal pro Seite vor.
Inhalt: Die AfD leugnet den von Menschen verursachten Treibhausgasausstoß als Ursache des Klimawandels, auch wenn der Zusammenhang einwandfrei erwiesen ist, und lehnt deshalb Klimapolitik ab. Entsprechend ist auch ihre Verkehrspolitik nicht auf Dekarbonisierung ausgerichtet.
Die Rechten wollen Straßen, Parkplätze und Flugverkehr ausbauen. Einzig beim Güterverkehr findet sich eine unbeabsichtigt klimafreundliche Forderung, nämlich die Verlagerung von der Straße auf Schiene und Wasserwege. Begründet wird das mit der Entlastung der Autobahnen, also der Stärkung des motorisierten Individualverkehrs.