Bei den Neuwahlen im Februar setzt die Erneuerbare-Energien-Branche in der Energiepolitik auf Kontinuität. Die Erneuerbaren sind Deutschlands wichtigste Stromlieferanten. Bei der Wärme ist der Einstieg in die Wärmewende gelungen. Ein Zurück in Zeiten fossiler oder atomarer Versorgung ist allein aus Kostengründen nicht mehr denkbar.

 

Es gilt aber, noch vor dem Wahltermin der Branche für ihre Planungen und Investitionen Sicherheit zu geben. Deswegen müssen in dieser Legislatur wichtige Gesetzesvorhaben abgeschlossen werden, die sich derzeit im Bundestag befinden. Dazu gehören die Umsetzung der RED-III-Richtlinie der EU in nationales Recht sowie darum, Genehmigungen bei Windkraft, Photovoltaik, Speichern, Offshore-Elektrolyse und beim Netzausbau zu beschleunigen.

Die entsprechende Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes enthält weitere für die Erneuerbaren unverzichtbare Regelungen, etwa die zur sogenannten Überbauung von Netzverknüpfungspunkten. Solar- und Windparks können dann deutlich effizienter ins Netz einspeisen. Das trägt zur Reduzierung der Netzentgelte bei.

Es drohen aber auch Stolperfallen bei der konkreten Ausgestaltung der Novelle, besonders in Bezug auf den Umgang mit negativen Preisen und der Steuerung von kleinen Erneuerbaren-Anlagen sowie zu Verbesserungen für Batteriespeicher. Die Branche hat aufgezeigt, wie man sie vermeidet, das muss im weiteren Verfahren berücksichtigt werden. Gründlichkeit geht hier vor.

Appell an demokratische Fraktionen des Bundestages

Nötig sind zudem Übergangslösungen für die Bioenergie, die Senkung der Stromsteuer für Industrie und Haushalte sowie die Sicherung der Wärmeförderprogramme im Bundeshaushalt.

Beschlussreif sind nach Ansicht der Erneuerbaren-Branche auch das Geothermie- und das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz sowie immissionsschutzrechtliche Vorschriften. Die Fraktionen der demokratischen Parteien sind aufgefordert, zu verhindern, dass die Energiewende durch die Neuwahlen zur Hängepartie wird und neue Dellen und Brüche erleidet.

Diese drohen mehrfach: Trotz Festlegungen im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung Flexibilität im Strommarkt nicht zum Leitprinzip eines neuen Marktdesigns gemacht. Damit nahmen Probleme wie steigende Zeiten mit negativen Strompreisen zu. Diese lassen wiederum die EEG-Kosten steigen, gefährden aber auch die Erlöse der Erneuerbaren.

Porträtaufnahme von Simone Peter.
Bild: BEE

Simone Peter

leitet seit 2018 den Bundes­verband Erneuerbare Energie (BEE), die Dach­organisation der Ökoenergie-Verbände. Die promovierte Biologin ist seit fast 25 Jahren als energie­politische Expertin bekannt. Sie baute die Agentur für erneuerbare Energien mit auf und leitete die Branchen­organisation bis 2006. In der ersten "Jamaika-Koalition" 2009 im Saarland wurde sie Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr. Bis 2018 war sie fünf Jahre Bundes­vorsitzende der Grünen.

Es mangelt auch an Perspektiven für die heimische Bioenergie und die Wasserkraft. Schon jetzt werden Biogasanlagen abgeschaltet, die nach 20-jähriger EEG-Vergütung keine Zukunft mehr sehen, und fallen als Lieferant von Strom, Wärme und "grünen" Molekülen aus.

Sichere Leistung mit Erneuerbaren

Gerade in Krisenzeiten können wir es uns nicht leisten, tausende Megawatt neuer Kraftwerke ausschreiben zu wollen zum Ausgleich von Wind und Sonne, ohne die Bioenergie als heimisches, dezentrales und auch günstiges Backup zu nutzen.

Die Erneuerbaren-Branche geht davon aus, dass sie perspektivisch 38.000 Megawatt gesicherte Leistung mittels Bioenergie, Wasserkraft, Kraft-Wärme-Kopplung, Geothermie und Speichern bereitstellen kann. Hierfür braucht es aber jetzt Anreize.

Auch muss die verbrauchsnahe Flexibilität mit Smart Metern, Wärmepumpen, E‑Autos und Photovoltaik beherzt angegangen werden, begleitet von dynamischen Tarifen, variablen Netzentgelten, mehr Energy Sharing sowie Bürger- und Mieterenergieprojekten. All das sichert Akzeptanz im Transformationsprozess.

Die Ampel-Regierung hat ohne Frage wichtige Weichen für ein Energiesystem gestellt, das sicher, bezahlbar, resilient und klimaneutral ist – vom Atomausstieg über den Ausbau der Erneuerbaren bis hin zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Die Maßnahmen halfen auch, die mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste fossile Kosten- und Versorgungskrise zu bewältigen und die Abkehr vom fossilen Gas einzuleiten.

Maßnahmen für grüne Energie vorantreiben

Dazu beschlossen die EU und der Bund mehrere Maßnahmepakete, um den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen, die Gasversorgung auf eine neue Grundlage zu stellen und mehr Resilienz bei Rohstoffen und Technologien zu erreichen.

Diese Maßnahmen sind weiter voranzutreiben. Dringlich ist, den Net Zero Industry Act der EU für mehr Resilienz und Sicherheit ebenso umzusetzen wie den Clean Industrial Deal, der grüne Energie für unsere Industrie sichert. Auch die Strommarktreform ist zügig umzusetzen.

Heimische Bioenergie lässt sich als bezahlbares dezentrales Backup nutzen, sagt Simone Peter. (Bild: I. M. Friday/​Shutterstock)

Die Leistungsträger der Energiewende, Wind- und Solarenergie, kamen in Deutschland wie anderswo in Europa gut voran. Die Wärmewende verlief dagegen hierzulande eher zögerlich.

Nach einem schmerzhaften Prozess rund um das Heizungsgesetz sind mit dem Gebäudeenergiegesetz, der kommunalen Wärmeplanung und den Förderprogrammen für Gebäude und Wärmenetze nun aber die Weichen gestellt.

Die Branche warnt hier aber vor einem neuen Fadenriss. Zu oft wurden in den letzten Jahrzehnten mit einer Stop-and-Go-Politik die Investitionen und Planungen im Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor gefährdet und damit auch Zigtausende von Arbeitsplätzen.

Neues Zulassungsverfahren für fortschrittliche Biokraftstoffe

Gerade die mittelständisch geprägten Erneuerbaren-Branchen bieten sich als zukunftssichere Arbeitgeber an und sehen sich als Partner von Branchen wie der Autoindustrie, in denen aufgrund der Transformation in den nächsten Jahren Arbeitsplätze verloren gehen.

Zu mehr Akzeptanz für die Erneuerbaren gehört auch eine bezahlbare Antriebswende. Diese sollte – neben dem Aufbau einer umfassenden Ladeinfrastruktur – das bidirektionale Laden erlauben sowie Kostenersparnisse durch intelligentes Laden und Speichern ermöglichen.

Hierzu gehört auch die Forderung, Betrugsfälle und fragwürdige Geschäftspraktiken im Kontext der Treibhausgasminderungsquote zu verhindern. Ein Zulassungsverfahren für Produzenten von fortschrittlichen Biokraftstoffen würde helfen, Betrug mit Zertifikaten aus gefälschten ausländischen Projekten und falsch deklarierte Biokraftstoffimporte zu beenden.

 

Der Bruch der Ampelregierung, die Neuwahlen und die neue Regierungsbildung dürfen keine Hängepartie für die Branche werden. Die Erneuerbaren erwarten neuen Schwung für bislang vernachlässigte Aufgaben. Wir setzen auf vertiefte Diskussionen über die Zukunft der Energieversorgung und des Standorts in Deutschland mit allen demokratischen Parteien.