Einige Leute versuchen sich einen Weg durch die Trümmer auf einer Straße auf Dominica zu bahnen.
Vor fünf Jahren riss der Hurrikan Maria in der Karibik über 3.000 Menschen in den Tod und richtete verheerende Schäden an. (Foto: Roosevelt Skerrit/​Wikimedia Commons)

Die 27. UN-Klimakonferenz (COP 27) im November im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh wird vor dem Hintergrund schnell eskalierender Folgen der globalen Erwärmung stattfinden.

Im Jahr 2022 war die gesamte Nordhalbkugel der Erde von Hitzewellen und einer schweren Dürre betroffen – von Europa über die USA bis China. In Pakistan kam es anschließend zu einer Überschwemmung, die mehr als ein Zehntel des Landes betraf und zu mehr als 1.500 Toten führte.

Auch die Kosten derartiger Extremwetterereignisse sind enorm. Die Flutkatastrophe letztes Jahr im Ahrtal hat gemäß dem Rückversicherer Munich Re Schäden im Wert von 33 Milliarden Euro angerichtet. Gemessen am deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 3.570 Milliarden Euro ist das zwar verkraftbar.

Anders sieht das jedoch in vielen Inselstaaten aus. So verursachte der Hurrikan Maria auf Dominica im Jahr 2017 Schäden von 1,37 Milliarden US-Dollar, was 226 Prozent des dortigen BIP entspricht.

Mit diesen Folgen der Klimakrise stehen die Länder weitgehend alleine da, denn es gibt keinen Finanzmechanismus für angemessene Unterstützung. Die Klimahilfen der Industriestaaten sind für die Senkung der Treibhausgasemissionen und die Anpassung an den Klimawandel gedacht, aber nicht zur Kompensation unwiederbringlicher Verluste oder zur Behebung von Schäden.

"Die Debatte muss jetzt geführt werden"

Die Entwicklungsländer und vor allem die kleinen Inselstaaten verlangen seit Jahrzehnten, dass Verluste und Schäden abgesichert werden, doch die Industriestaaten haben dies bislang immer abgelehnt. Die reichen Länder fürchten, dass die Entwicklungsländer andernfalls einen Anspruch auf Schadenersatz erheben könnten.

Simon Stiell, der neue Chef des UN-Klimasekretariats, möchte dennoch über das Thema verhandeln: "Verluste und Schäden müssen angesprochen werden." Es sei eine sehr schwierige Diskussion, die aber geführt werden müsse, so Stiell. "Die Positionen haben sich im Laufe der Jahre aufgeweicht, von der Ablehnung und der Weigerung, darüber zu sprechen, bis hin zu einem Punkt, an dem diese Themen nun auf der Tagesordnung der Verhandlungen stehen."

Ob insbesondere die USA bereit sind, auch über Finanzhilfen für betroffene Länder zu verhandeln, ist allerdings noch unklar. Der US-Klimagesandte John Kerry hat sich bislang nicht festgelegt. Er sagt aber auch: "Das Ausmaß der Schäden in weniger entwickelten Ländern ist außerordentlich" – und signalisiert zumindest Gesprächsbereitschaft: "Wir sind alle entschlossen, einen Fortschritt zu erzielen."

Ob das gelingt, hängt auch von Deutschland ab: Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Außenministerium, wurde damit beauftragt, zusammen mit ihrer chilenischen Kollegin die entsprechenden Sondierungen zu leiten.

Dabei ist Deutschland gut vorbereitet. Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig betont: "Mit dem 'Global Shield Against Climate Risks' haben wir als einziges Industrieland eine Strategie zum Umgang mit Verlusten und Schäden in die Diskussion eingebracht."

Dieses Schutzschild konnte Deutschland in der Abschlusserklärung des diesjährigen G7-Gipfels auf Schloss Elmau verankern. Trotzdem mahnt Schwarze zur Vorsicht: "Ob dies den am schwersten betroffenen Inselstaaten und Küstenländern des Südens reichen wird, bleibt abzuwarten."

Klimaschutz als Gegenleistung

Bei diesen Verhandlungen kommt erschwerend hinzu, dass in Sharm el-Sheikh auch ein Prozess aufgesetzt werden soll, um über die Klimahilfen ab dem Jahr 2025 zu entscheiden, mit denen die Industriestaaten den Klimaschutz und die Anpassung an die Erwärmung in den Entwicklungsländern unterstützen. Weil sich die Themen "Verluste und Schäden" und Klimahilfen überschneiden, besteht die Gefahr, dass sich die beiden Diskussionen gegenseitig blockieren.

Und schließlich wollen die Industriestaaten auch eine Gegenleistung sehen, wenn sie sich bei den finanziellen Themen bewegen. Der Leiter der Schweizer Verhandlungsdelegation, Franz Perrez, sagt, was für ihn in Sharm el-Sheikh Priorität hat: "Das wichtigste Thema sollte die Minderung der Emissionen und namentlich die Verabschiedung eines Arbeitsprogramms sein." Schließlich habe die COP 26 letztes Jahr in Glasgow ausdrücklich beschlossen, dass dies auf der COP 27 geschehen soll.

Abgesehen von den drei "großen" Themen ist wieder mit sektorspezifischen Initiativen zu rechnen, etwa solchen, die gezielt auf afrikanische Länder zugeschnitten sind – damit die Konferenz wirklich zu einer "African COP" wird, wie die ägyptische Konferenzpräsidentschaft angekündigt hat.

Am Rande der Konferenz könnten zudem neue bilaterale Initiativen angekündigt werden. Letztes Jahr etwa hat Südafrika mit einigen Geberländern wie Deutschland vereinbart, einen Plan für den Kohleausstieg zu entwickeln.

An ähnlichen Plänen arbeiten nun Geberländer und die Asiatische Entwicklungsbank ADB auch mit Indonesien und Vietnam. Die dortigen Kohlekraftwerke sind oft noch sehr neu und haben sich noch nicht amortisiert. Daher sind raffinierte Finanzkonstrukte erforderlich, wenn sie vor Ablauf ihrer Nutzungsdauer stillgelegt werden sollen.

Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise in vielen Entwicklungsländern könnten zudem "Debt-for-Nature Swaps" vereinbart werden. Dabei werden einem Land Schulden erlassen, wenn es sich verpflichtet, einen Teil des gesparten Geldes in Klima- und Artenschutz zu investieren. Ende September wurde bekannt, dass der karibische Inselstaat Barbados dank eines solchen Swaps knapp ein Drittel seiner Meeresgebiete unter Schutz stellen wird.

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