Vertrocknete Maispflanzen auf einem Feld
Vertrocknete Maispflanzen: Sogenannte landwirtschaftliche Dürren werden immer häufiger. (Foto: Erich Westendarp/​Pixabay)

Trockene Felder, Waldbrände, Flüsse mit Niedrigwasser: Der vergangene Sommer war ungewöhnlich trocken – nicht nur in Europa, sondern auf fast der ganzen Nordhälfte der Erdkugel.

Ein internationales Forschungsteam hat nun ermittelt, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit von Dürreperioden hier um mindestens das 20-Fache erhöht hat. Dies bedroht die Nahrungsmittelproduktion und erhöht den Druck auf die Lebensmittelpreise.

Der Sommer 2022 war einer der heißesten, die bisher in Europa aufgezeichnet wurden. Im August meldete die Europäische Dürrebeobachtungsstelle, auf fast einem Fünftel der Fläche der EU sei die Trockenheit alarmierend, und gab sogar für knapp die Hälfte eine Dürrewarnung heraus.

Am stärksten betroffen waren danach Spanien, Teile Portugals, Südfrankreich, Mittelitalien, ein großes Gebiet in der Slowakei, Ungarn und Rumänien sowie Süddeutschland. EU-weit gab es die schlimmsten Waldbrände seit Beginn der Aufzeichnungen.

Doch auch in großen Teilen Nordamerikas und Chinas war der Sommer extrem. Es kam zu heftigen Hitzewellen, die Wasserknappheit, Waldbrände, Ernteausfälle und Probleme in der Stromversorgung auslösten. In den USA herrschte auf mehr als der Hälfte der Fläche große Trockenheit, und China gab seine erste nationale Dürrewarnung heraus.

Für die neue Studie analysierte ein Team der World Weather Attribution Group (WWA) Wetterdaten der gesamten Nordhemisphäre mit Ausnahme der Tropen sowie Werte zur Bodenfeuchtigkeit in den Monaten Juni, Juli und August.

In Computersimulationen wurde diese Situation mit dem Klima verglichen, wie es in vorindustrieller Zeit herrschte, also ohne erhöhte Treibhausgaskonzentration. Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die mittlere globale Temperatur um etwa 1,2 Grad erwärmt.

"Wurzelzone" besonders wichtig

Das Team betrachtete den Feuchtigkeitsgehalt der Böden in zwei Schichten, nämlich in den obersten sieben Zentimetern sowie in den obersten 100 Zentimetern. Die "Wurzelzone" bis in einen Meter Tiefe ist für die Pflanzen besonders wichtig, da die Wurzeln hier das Wasser entnehmen. Eine Trockenheit in diesem Bereich wird auch als landwirtschaftliche Dürre oder "Bodenfeuchte-Dürre" bezeichnet, wenn ein Niederschlagsdefizit in Verbindung mit hohen Verdunstungswerten, ausgelöst durch Hitze, auftritt.

Das Ergebnis: Der Klimawandel hat auf der Nordhalbkugel insgesamt die Wahrscheinlichkeit einer Dürre an der Oberfläche um mindestens das Fünffache und die einer Dürre bis in tiefere Schichten um mindestens das 20-Fache erhöht.

Anders gesagt: Hätte der Mensch den Planeten nicht erwärmt, wäre die landwirtschaftliche Dürre höchstens einmal in 400 Jahren zu erwarten gewesen. Im heutigen Klima muss man bereits einmal in 20 Jahren damit rechnen. 

Das Team betrachtete in seiner Analyse auch jene Zone in Europa, die besonders stark von Trockenheit betroffen war, was dort zu erheblichen Ernteverlusten führte. Sie erstreckt sich vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer und vom Mittelmeer bis zum Baltikum.

Auch hier gilt laut der Studie, dass der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit einer landwirtschaftlichen Dürre erhöht hat, allerdings schwächer, nämlich um das Drei- bis Vierfache. Dies bedeute aber nicht, dass der Klimawandel Europa weniger beeinflusst habe als andere Regionen auf der Nordhalbkugel, betonten die Fachleute. Die Ergebnisse ließen sich aufgrund der unterschiedlichen Größe der Regionen nicht direkt vergleichen.

"Wir müssen aus den fossilen Brennstoffen aussteigen"

Die WWA-Gruppe erläuterte, es sei schwierig, den exakten Beitrag des Klimawandels zu einer landwirtschaftlichen Dürre zu quantifizieren. Anders als Temperatur oder Niederschlag, die direkt gemessen werden können, müsse die Bodenfeuchtigkeit geschätzt werden.

Wegen dieser Ungenauigkeit habe man den Einfluss des Klimawandels in der Studie zurückhaltend bewertet. "Der tatsächliche Einfluss der menschlichen Aktivitäten ist wahrscheinlich höher", so das 21-köpfige Forschungsteam mit Mitgliedern unter anderem aus der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, den USA und Neuseeland.

Der diesjährige Sommer habe gezeigt, wie der vom Menschen verursachte Klimawandel die Risiken von landwirtschaftlichen Dürren in dicht besiedelten Regionen der Nordhalbkugel erhöht, sagte Studien-Mitautorin Sonia Seneviratne, Professorin an der ETH Zürich. "Wir müssen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe aussteigen, wenn wir die Klimabedingungen stabilisieren und eine weitere Verschlimmerung dieser Dürreereignisse vermeiden wollen."

Co-Autorin Friederike Otto, die am Imperial College London forscht, hob die Folgen für die Nahrungsmittelsicherheit hervor. Die Dürren hätten in Europa zu geringeren Ernten geführt. "Dies war besonders besorgniserregend, da es auf eine durch den Klimawandel ausgelöste Hitzewelle in Südasien folgte, die ebenfalls Ernten zerstörte und zu einer Zeit geschah, als die weltweiten Lebensmittelpreise aufgrund des Krieges in der Ukraine bereits extrem hoch waren."

Tiefere Bodenschichten immer noch zu trocken

Die oberen Bodenschichten haben sich in vielen Regionen Europas im letzten Monat wieder von der Trockenheit erholt. In Deutschland zum Beispiel war der September sehr regenreich, er brachte laut dem Deutschen Wetterdienst rund 60 Prozent mehr Niederschläge als normal. Fast überall sieht es wieder grün aus. Rasenflächen und Sträucher zum Beispiel erholen sich, wenn es ein, zwei Wochen regnet.

Tiefere Bodenschichten allerdings sind in vielen Regionen auch jetzt noch viel zu trocken, wie der "Dürremonitor" des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig zeigt. Besonders in einem Streifen von Nordrhein-Westfalen bis Brandenburg verzeichnet er für den "Gesamtboden" bis 1,80 Meter Tiefe immer noch viele Regionen mit "extremer" und "außergewöhnlicher" Trockenheit.

Der bisherige Regen nach dem Trockensommer habe nicht für eine "Auflösung der Gesamtbodendürre" ausgereicht, sagte UFZ-Forscher Andreas Marx. Vielerorts fehlten deutlich mehr als 100 Liter Wasser pro Quadratmeter. Um die Situation zu normalisieren, würden "überdurchschnittliche Niederschläge in einem Zeitraum bis zu einem halben Jahr" benötigt.

Redaktioneller Hinweis: Klimaforscherin Friederike Otto gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.

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