Delegierte auf der COP 26 vor einer Wand mit der Aufschrift: Hurry Up Please It's Time.
"Bitte beeilen Sie sich, die Zeit drängt", können Delegierte auf dem Weg zum nächsten Termin im Glasgower Konferenzzentrum lesen, wenn sie sich die Zeit dafür nehmen. (Foto: Doug Peters/​HMG/​Flickr)

"Wenn ihr schlauer wärt, wären wir in der Schule", steht auf dem Plakat, das eine junge Aktivistin von Fridays for Future am Freitagmittag durch Glasgow trägt. Die markigen Worte sind an die Delegierten auf der Weltklimakonferenz gerichtet, die aus Sicht der Jugendlichen nicht genug fürs Klima tun. Die für höhere Löhne streikende Glasgower Müllabfuhr beteiligte sich ebenfalls an dem Protest.

Zu Beginn der Woche hatten Klimaaktivist:innen die Müllabfuhr bei ihrem Streik unterstützt, im Gegenzug nahmen Müllwerker an der Klimademo teil. "Die Macht liegt nicht im Konferenzzentrum, in das nur die Mächtigen kommen können", sagte Anna Brown von Fridays for Future. Die Macht liege in der Solidarität mit Arbeitenden, Studierenden und jungen Menschen aus der ganzen Welt.

Im Konferenzzentrum waren allerdings nicht nur "die Mächtigen", sondern auch sehr viele andere: Knapp 40.000 Menschen haben sich für die Konferenz in Schottland registriert, 10.000 mehr als vor sechs Jahren in Paris.

In den ersten Tagen waren Großbritannien und die UN denn auch mit der Logistik überfordert. Vor dem Eingang bildeten sich lange Schlangen. Nach Abreise der Staatschefs verbesserte sich jedoch die Lage. Und das lange Warten hat sich gelohnt.

Die Internationale Energieagentur IEA hat eine Blitzanalyse der neuen Klimaziele und -initiativen veröffentlicht: Wenn die bisherigen Ankündigungen von Glasgow eins zu eins in die Tat umgesetzt werden, dann erwärmt sich das Klima um 1,8 Grad. Vor Glasgow lag dieser Wert noch bei 2,2 Grad.

Die IEA-Analyse ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. In der Hektik der ersten Tage war es nahezu unmöglich, die Wirkung der oft recht vagen Ankündigungen genau zu analysieren.

Viele Ankündigungen zur Dekarbonisierung

Bei den offiziellen Klimazielen der Staaten kamen in Glasgow viele neue Netto-Null-Ziele hinzu. So gehören nun Indien, Nigeria, Brasilien und Vietnam zum Kreis der Länder mit einem solchen Ziel.

Zudem haben diverse Ländergruppen neue Initiativen vorgestellt: So wollen die Mitglieder des "Methan-Versprechens" ihre Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent reduzieren. Ebenfalls bis 2030 soll zudem die Entwaldung gestoppt werden.

Viele Länder haben sich auch erstmals zum Ausstieg aus der Kohle bekannt, darunter Polen, die Ukraine, Vietnam und Indonesien. Dass die Kohleverstromung keine Zukunft mehr hat, war allerdings vor der Konferenz schon klar.

Inzwischen gilt das aber auch für Öl und Gas. 20 Länder und die Europäische Investitionsbank haben versprochen, keine Öl- und Gasprojekte im Ausland mehr zu fördern, darunter die USA, Kanada und Großbritannien – nicht aber Deutschland.

Pünktlich zur Konferenz kam dann auch die Nachricht, dass dieser Trend in der Realwirtschaft angekommen ist: Der US-Energiekonzern Exxon schrieb in seinem Jahresbericht, dass für manche Investitionen in Öl und Gas "das Risiko einer Wertminderung" bestehe. Damit gesteht der Konzern zum ersten Mal ein, dass ein Teil der Öl- und Gasreserven unverkäuflich sein könnte.

Auch bei der Klimafinanzierung gab es Fortschritte. Dank Zusagen von Japan, Italien und Spanien könnten nächstes Jahr 100 Milliarden Dollar für die Entwicklungsländer bereitstehen. Das ist zwei Jahre später als versprochen, aber schneller als zu Konferenzbeginn gedacht.

Zentrale Fragen weiter ungelöst

Zudem haben Finanzmarktakteure, die zusammen 130 Billionen US-Dollar verwalten, in Glasgow zugesagt, ihre Anlageportfolios bis zum Jahr 2050 auf netto null zu bringen. Das bedeutet, dass sie die Emissionen aller Firmen erfassen, in die sie investieren, und diese Emissionen schrittweise abbauen. Mark Carney, Exchef der britischen Nationalbank und Mitinitiator der Initiative, schrieb dazu: "Das Geld ist jetzt da, wenn die Welt die Klimakrise wirklich aufhalten will."

COP 26 in Glasgow

Nach 25 UN-Konferenzen gibt es noch immer keine Lösung für die Klimakrise, aber wenigstens das Pariser Klimaabkommen. Wie gut es funktioniert, wird sich beim 26. Gipfel in Glasgow zeigen. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Schottland und berichtet mehrmals täglich.

Wie bei all Initiativen zählt letztlich aber die praktische Umsetzung. Darum hat UN-Generalsekretär António Guterres angekündigt, ein Expertengremium zu berufen, das die Umsetzung der vielen Netto-Null-Ziele von Unternehmen überprüfen soll.

Parallel zu all diesen Ankündigungen der Staats- und Wirtschaftsführer verhandelten Klimadiplomaten über die fehlenden Kapitel der "Bedienungsanleitung" des Paris Abkommens. Durchbrüche wurden hier – wie erwartet – nicht erzielt.

Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation, zeigte sich allerdings positiv überrascht ob des Tempos der Verhandlungen und der "konstruktiven Einstellung" der Delegationen. Dies dürfe allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zentralen, politischen Fragen noch nicht gelöst sind. Ob das gelingt, zeigt dann Woche zwei.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar:

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