Ein Wasserball-Globus wird zwischen zwei schwarzen Autos zusammengepresst.
Gerät Deutschlands guter Ruf in der internationalen Klimapolitik jetzt unter die Räder? (Foto: Jeyaratnam Caniceus/​Pixabay)

Wochen vor dem Weltklimagipfel kamen Zweifel auf. Mitte November wird in Glasgow darüber entschieden, wie der schlimmste Klimawandel noch zu verhindern ist. Im nächsten Jahrzehnt, sagt die Wissenschaft, muss so viel passieren wie in 20 oder 30 Jahren zuvor.

Und zu dem Zeitpunkt wird Deutschland ohne richtige Regierung sein? Die Groko wird nicht mehr und die Ampel-Koalition noch nicht regieren können, jedenfalls nicht richtig. Einer der wichtigsten Player in der Klimadiplomatie wird doch nicht etwa eine lame duck sein?

Nein, wurden Zweifler damals beruhigt. Deutschland verhandle in Glasgow ja gar nicht selbst, sondern das mache doch eigentlich die Europäische Union als Staatengruppe. Und im Übrigen seien alle Fragen längst geklärt und geregelt. Regierung? Brauchen wir Klimadiplomaten eigentlich nicht, bekam man, etwas zugespitzt gesagt, zu hören.

Es ist Mitte November. Der Klimagipfel tritt in seine entscheidende Phase – und Deutschland gibt mehr und mehr ein Bild des Jammerns ab. Die politischen Fauxpas häufen sich.

Erst will Deutschland die Erklärung zum Ausstieg aus der Öl-, Gas- und Kohlefinanzierung im Ausland nicht unterschreiben – dann wird doch gezeichnet, weil es nun Ausnahmen gebe, zum Beispiel für Erdgasinfrastrukturprojekte, die zum Ziel haben, grünen Wasserstoff herzustellen.

Erdgas als "Brücke" für Erneuerbare? Da muss man schon sehr diplomatisch sein, um das als einen guten Grund zu erkennen, eine Erklärung zum Abschied aus fossilen Energien zu unterzeichnen.

Gruß von der Autolobby

Auch der gestern in Glasgow geschlossenen Allianz für mehr Klimaschutz in der Luftverkehrsbranche schloss sich Deutschland zunächst nicht an. Stunden später teilte allerdings das Bundesverkehrsministerium im Berlin einer Nachrichtenagentur mit, Deutschland werde doch beitreten.

Die deutsche Verhandlungsdelegation in Glasgow wollte das jedoch nicht bestätigen und verwies zurück an das Verkehrsministerium. Kompetenzwirrwar komplett.

Der "Net Zero Car"-Initiative, die ab 2035 nur noch emissionsfreie Autos zugelassen sehen will, verweigert Deutschland nach wie vor ganz die Unterschrift.

Bei den Autos scheitert es an einer Fußnote im Papier, die den Einsatz synthetischer Kraftstoffe für Pkw ausschließt. Denn mit E-Fuels angetriebene Fahrzeuge gelten in der EU – im Unterschied zu reinen Batterieautos – nicht als Null-Emissions-Fahrzeuge.

Das will ein Teil der deutschen Autolobby noch erreichen, damit sie sich auch E-Fuels auf ihre CO2-Flottengrenzwerte anrechnen lassen kann. Da kann man eine hinderliche Unterschrift unter eine Klima-Initiative gar nicht gebrauchen.

COP 26 in Glasgow

Nach 25 UN-Konferenzen gibt es noch immer keine Lösung für die Klimakrise, aber wenigstens das Pariser Klimaabkommen. Wie gut es funktioniert, wird sich beim 26. Gipfel in Glasgow zeigen. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Schottland und berichtet mehrmals täglich.

Um sich so etwas vom Hals zu schaffen, gibt es zu Hause, in Berlin, auch zwei gut bekannte Adressaten: die CSU, die in persona Andreas Scheuer im Verkehrsministerium noch den Ton angibt, und die FDP, die die Ampel klimapolitisch blockiert und das Lob der E-Fuels ins Sondierungspapier lancierte.

Deutschland nur eine "lahme Ente"? Tatsächlich verkommt Klimaschutz derzeit zu einer Fußnote deutscher Politik – ob in Glasgow oder in Berlin.

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