Die große Dürre ist vorbei. Deutschland hatte fünf Jahre lang – von 2018 bis 2022 – unter teils viel zu geringen Niederschlägen zu leiden. Doch spätestens mit den schweren Überschwemmungen, die weite Teile Nord- und Ostdeutschlands zu Jahresbeginn im Griff hatten, wurde vielen klar: Diese Trockenphase ist Geschichte.

Doch damit ist längst nicht wieder alles "normal". Die Dürre hat langfristige Auswirkungen etwa in den Wäldern. Und ein entspanntes Jahr für die Landwirtschaft garantieren die derzeit feuchten Böden auch noch nicht. Mehr Anpassung an trockenere Sommer, die der Klimawandel bringen dürfte, tut not.

 

Das Dürrejahr 2018 schockte Deutschland. Die Felder knochentrocken, Ernteeinbußen praktisch bundesweit, Rekorde bei den Waldbränden und Flüsse, die zu Rinnsalen geworden waren.

Doch auch die nachfolgenden Jahre hatten es in sich, mit Niederschlägen deutlich unter normal, nur 2021 brachte etwas Entspannung. Vor allem die Wälder litten unter der ungewöhnlichen Trockenperiode. Auf rund fünf Prozent der Forstfläche starben die Bäume ab, am schlimmsten traf es dabei die Fichtenbestände. Ein veritables "Waldsterben 2.0".

Die Deutschlandkarte des "Dürremonitors", den das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig auf seiner Homepage täglich veröffentlicht, zeigt die Normalisierung. In den oberen Bodenschichten, dem "Oberboden" bis in 25 Zentimeter Tiefe, gibt es bundesweit keine zu trockenen Flächen mehr, die Karte ist komplett weiß.

Aber auch in der "Gesamtboden"-Karte, die für die Schichten bis 1,80 Meter gilt, finden sich nur noch relativ wenige kleinere Flecken vor allem im Osten der Republik, die ein Wasserdefizit melden. Ob sich auch dort die Lage ganz normalisiert, hängt vom weiteren Verlauf des Winters ab.

Seit 2018 hatten die Karten des UFZ praktisch durchweg anders ausgesehen. Sie zeigten überwiegend Flächen in Orange und Rot, den Signalen für "schwere Dürre" und "extreme Dürre".

Nicht alles Wasser ist auch "pflanzenverfügbar"

Das Ende der Mega-Trockenheit begann nicht erst mit den jüngsten Fluten, sondern schon vor gut einem Jahr, im ungewöhnlich niederschlagsreichen Dezember 2022, wie der UFZ-Experte Andreas Marx im Gespräch mit Klimareporter° berichtet. "Dann brachte das ganze Jahr 2023 relativ viel Wasser, und seit Oktober ist es gegenüber dem Durchschnitt viel zu nass", sagte er.

Im Gesamtjahr fielen laut dem Deutschen Wetterdienst mit rund 958 Litern pro Quadratmeter über 20 Prozent mehr Niederschläge als im Durchschnitt der Referenzperiode 1961 bis 1990 (789 Liter). Einen Niederschlagsüberschuss gab es bis auf Februar, Mai, Juni und September in allen anderen Monaten. Die Böden sogen sich wieder mit Wasser voll, und auch die Grundwasserspiegel normalisierten sich zusehends.

Blauer Lkw des Technischen Hilfswerks fährt durch hüfthohes Wasser.
Hochwasser, hier 2006 an der Elbe, bringt nicht so viel für die Pflanzen. (Bild: THW/​Wikimedia Commons)

In einigen Regionen im Norden Deutschlands, wie im jüngst Hochwasser-betroffenen Niedersachsen, ist der Bodenwassergehalt sogar so hoch wie statistisch betrachtet nur alle 100 Jahre. Richtig gut ist das allerdings auch wieder nicht. Die tiefblaue Farbe in der UFZ-Grafik zum "pflanzenverfügbaren Wasser" in der oberen Bodenschicht bis 25 Zentimeter bedeutet, dass alle Hohlräume im Boden im Wasser gefüllt sind.

Das führte nicht nur dazu, dass sich das Hochwasser mangels Versickerungsmöglichkeit schnell ausbreitete, es ist auch keine perfekte Voraussetzung für das Pflanzenwachstum und damit die Landwirtschaft im Frühjahr. Denn Pflanzen müssen aus den Poren im Boden auch Sauerstoff ziehen können.

Immerhin: Marx schätzt, dass in diesem Jahr dank der aktuell gesättigten Böden die Gefahr für einen neuen "Wasserstress" wie in den Jahren 2018 bis 2022 eher gering ist. Einschränkung: Gibt es einen sehr regenarmen Frühling, kann die für den Ackerbau entscheidende obere Bodenschicht dann auch schon wieder zu trocken sein.

Anpassung an trockenere Sommer bleibt nötig

Eine Prognose, wie häufig eine extreme Trockenperiode wie diese künftig auftreten wird, gibt UFZ-Forscher Marx nicht ab. Er verweist darauf, dass hierzulande zuletzt in den Jahren 1957 bis 1966 eine vergleichbare Situation verzeichnet wurde. "So etwas wird auch in Zukunft sehr selten sein", sagte er. Schweren Wasserstress, wie er etwa in Mittelmeerländern droht, dürfte es hierzulande in der Tat auf absehbare Zeit nicht geben, wenn die richtigen Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden.

Von Wasserstress spricht man, wenn die gesamte Wasserentnahme eines Jahres mehr als 20 Prozent des langjährigen mittleren Wasserdargebots beträgt. Davon ist Deutschland laut Umweltbundesamt (UBA) weit entfernt, der Wert lag nach der neusten Erhebung von 2019 bei nur 11,4 Prozent.

Allerdings ist Marx zufolge absehbar, dass durch den Klimawandel die Sommer künftig generell trockener sein werden und die Winter feuchter. Obwohl die Niederschlagsbilanz damit unter dem Strich mehr oder minder gleich bliebe, braucht es dem Forscher zufolge Anpassungsmaßnahmen. Ziel müsse es sein, das im Winterhalbjahr reichlich verfügbare Wasser im Sommer verfügbar zu machen. Er denkt dabei weniger an neue Talsperren, sondern an mehr Grundwasseranreicherung.

Dabei wird Flüssen Wasser entnommen und in der Nähe ins Grundwasser "versickert", wo es dann zusätzlich verfügbar ist. Eingesetzt wird dieses Verfahren seit Jahrzehnten, etwa zur Versorgung der Großstädte Frankfurt am Main, Magdeburg und Dresden. Das UBA wiederum empfiehlt, um bei Wasserknappheit nicht nur auf Oberflächengewässer und Grundwasser zurückgreifen zu müssen, künftig unter anderem die Nutzung von aufbereitetem Wasser zu forcieren.

Wichtig ist es nach Meinung der Fachleute auch, die Natur generell wieder besser in die Lage zu versetzen, Wasser aufzunehmen und zu speichern. Stichworte dazu: trockengelegte Moore wiedervernässen, Flussauen renaturieren und Städte zu "Schwammstädten" mit mehr Grün und offenen Flächen umbauen.

Besonders wichtig ist es auch, geschädigte Forste als wichtige Wasserspeicher möglichst naturnah nachwachsen lassen, wie Naturschutz-Professor Pierre Ibisch erläutert (siehe Interview).


"Die Wälder haben ein Dürregedächtnis"

Der Waldexperte Professor Pierre Ibisch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde über die Lage im deutschen Forst.

Klimareporter°: Herr Ibisch, die extreme Trockenheit der Jahre 2018 bis 2022 scheint überwunden. Wie geht es den Wäldern jetzt?

Pierre Ibisch: Den stark beanspruchten und zerschnittenen Wäldern und Forsten mit oft geschädigten Böden ging es schon vor der Trockenheits-Krise ab 2018 schlecht. Die Kombination extremer Witterungsbedingungen hat dann vorgeschwächte Bäume und vor allem Forstplantagen über Kipppunkte getrieben. Rekordhitze und -dürre bedeuten immer häufiger kritische Schwellenwerte für bestimmte Arten. Gerade Fichten-, aber auch Kiefernplantagen sind weiterhin stark bedroht.

Pierre Ibisch

ist Biologe und Professor für Natur­schutz an der Hoch­schule für nach­haltige Ent­wicklung Ebers­walde. Er forschte in Süd­amerika zu Land­schafts­ökologie und Bio­diversität und ist weltweit in Ökologie­projekten tätig.

Gibt es eine Erholung?

Das Wiederauffüllen der Bodenwasserspeicher bedeutet definitiv eine Erholungspause für viele Wälder. Das Problem ist allerdings, dass die Böden in großen Teilen der Landschaft ihre Wasseraufnahme- und Speicherkapazität zum Teil eingebüßt haben.

Das gilt etwa für humusarme Agrarflächen, aber auch für viele Forstflächen, insbesondere wenn dort, wo Bäume Schädigungen erlitten, alles kahlgeschlagen und die Biomasse weggeräumt wurde. Das bedeutet, dass einige Wochen warme Trockenheit im Frühjahr – vor allem in Gebieten mit Sandböden – schon wieder ausreichen können, die Systeme zu gefährden.

Leider ist es auch so, dass gestresste Wälder ein regelrechtes "Dürregedächtnis" haben. In der wissenschaftlichen Literatur wird auch von einem "Dürre-Vermächtnis" gesprochen, einer drought legacy. Im ganzen Ökosystem, in Bäumen, aber auch für die Mikroorganismen und Pilze im Boden ergeben sich nach einer "Dürreerfahrung" längerfristige Folgewirkungen, die eine erhöhte Anfälligkeit bedeuten können.

Muss man weiter mit Trockenperioden rechen – oder war das nur ein Ausreißer?

Angesichts des laufenden Klimawandels und der Klimaszenarien müssen wir leider damit rechnen, dass Extreme das neue Normal werden und stetig neue Überraschungen hinzukommen.

Zu den gefährlichsten Wetterlagen in Mitteleuropa gehören die Blockaden, die bedeuten, dass im Sommer für längere Zeit keine feuchte Meeresluft auf den Kontinent gelangt. Leider haben vegetationsarme Landschaften die unangenehme Eigenschaft, diesen Effekt zu verstärken. Das heißt: Wo es heiß und trocken ist, wird es leicht heißer und trockener.

Wie muss der Wald umgebaut werden? Wie weit ist man bei uns damit?

Ich warne davor, die Geschichte vom "Umbauen" der Wälder zu erzählen. Ökosysteme werden nicht gebaut, sie entwickeln sich, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wälder sind keine Maschinen, in denen Bäume wie kaputtgegangene Teile durch neue ersetzt werden können.

Um die Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit von Wäldern zu stärken, wäre es wichtig, Böden nicht weiter durch Befahrung und Biomasseräumung zu schädigen. Wege und Rückegassen müssen reduziert werden. Das Waldinnenklima muss geschützt werden.

 

Also keinerlei Eingriffe mehr in den Wald?

In Nadelbaum-Plantagen kann und sollte auch schonend eingegriffen werden, um das Aufwachsen von Laubbäumen zu unterstützen. Die schlechteste Möglichkeit ist dabei das Bäumepflanzen. Es gibt etliche Forstreviere, in denen man sich gut auf den Weg gemacht hat, aber allzu oft glaubt man immer noch, man könne "Brotbäume" in Plantagen aufziehen.

So werden aktuell im ganzen Land ausgedehnte neue Monokulturen mit nordamerikanischen Douglasien oder mit Lärchen gepflanzt. Ich frage mich, ob die entsprechenden Akteure die Botschaften der kombinierten Wald- und Klimakrise wirklich zur Kenntnis nehmen.

Das Umdenken reicht nicht?

Nein, deutschlandweit sind wir nicht auf einem guten Weg. In diesem Zusammenhang ist es auch so wichtig, dass die Bundesregierung ein neues, modernes Waldgesetz entwickelt hat, das klare Vorgaben macht. Die Holzlobby will das gerade mit absurden Argumenten verhindern.

Interview: Joachim Wille

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