Kritisches Hochwasser gibt es in Zukunft wohl häufiger. (Bild: Dominik Rösch/​Bundesanstalt für Gewässerkunde)

Die Hochwassergefahr hält in vielen Teilen Deutschlands weiter an. Während Betroffene um ihre Häuser bangen, ist es auch wichtig, einen Blick darauf zu werfen, wie sich Flutereignisse in der Zukunft mit dem Klimawandel entwickeln werden. Und wie die Struktur der Landschaft Überflutungen und andere Extremereignisse häufig noch verschlimmert.

"Wir sehen mit Sorge, dass in der aktuellen Debatte ums Hochwasser nur sehr wenige Stimmen zu hören sind, die auf Zusammenhänge zwischen den langanhaltenden Niederschlägen, der Klimakrise und der Entwässerung unserer Landschaft hinweisen", sagt Sabrina Schulz, Naturschutzexpertin bei der Deutschen Umwelthilfe.

Wie sich die Ausprägung von Hochwasserereignissen in Zukunft mit dem Klimawandel entwickeln wird, ist schwer vorauszusagen. Denn viele verschiedene Faktoren bestimmen, ob sich eine Flutkatastrophe entwickelt.

Mehr Hochwasser durch Klimawandel

Schon abzusehen ist aber: Die Niederschläge im Winter werden zunehmen, auch Starkniederschläge. Besonders Flüsse, die hauptsächlich von Regenwasser gespeist werden, werden deswegen in Zukunft wohl häufiger über die Ufer treten. Das betrifft vor allem Ostdeutschland und die Mittelgebirge.

 

In seiner aktuellen Klimawirkungs- und Risikoanalyse für Deutschland warnt das Umweltbundesamt: "Durch den Klimawandel ist zu erwarten, dass höhere Spitzenabflüsse auftreten und sich das Wiederkehrintervall des derzeitigen Bemessungshochwassers verkürzt." Mit anderen Worten: Es wird häufigeres und höheres Hochwasser geben.

Auch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) betonte bei ihrem gestrigen Besuch im Hochwassergebiet im Südharz: "Hochwasser wie diese, auch starker, tagelanger Regen werden durch die Klimakrise häufiger."

Doch nicht allein die Regenmassen bestimmen darüber, wie sich die Hochwasserlage in einem Gebiet entwickelt. Auch der Versiegelungsgrad ist entscheidend. Je höher die Versiegelung, desto weniger Möglichkeiten hat das Wasser, im Boden zu versickern. Ebenfalls wichtig sind der Zustand der Kanalisation und die Möglichkeiten zur Entwässerung, so die Klima- und Risikoanalyse.

Entwässerte Landschaften steigern die Flutgefahr

Nicht zuletzt durch Veränderungen der Landschaft werden Dürre- und Flutereignisse künstlich verstärkt, heißt es bei der Deutschen Umwelthilfe. Verrohrung von Bächen, Begradigung von Flüssen, Trockenlegung von Mooren und Feuchtgebieten, Ausdeichung von Auen – alle diese im 20. Jahrhundert auf die Spitze getriebenen Maßnahmen führen dazu, dass das Wasser so schnell wie möglich aus der Landschaft geleitet wird.

Die entwässerten Landschaften können bei starken Niederschlägen das Wasser nicht mehr festhalten, es läuft schneller in den Flüssen zusammen, das verstärkt und beschleunigt Überschwemmungen. Aber auch Dürren werden verschärft, wenn das Wasser nicht in der Landschaft gehalten wird, sondern direkt über die Flüsse ins Meer abfließt.

Umweltorganisationen dringen deshalb darauf, Landschaften wie Moore, Bäche und Feuchtwiesen zu renaturieren und Flüssen wieder mehr Raum zu geben – anstatt noch mehr Flächen zu versiegeln. "Die Zeit der Strategien und Aktionsplanungen ist vorbei – jetzt braucht es Taten, und zwar mit dem nötigen politischen Rückenwind sowie einer ausreichenden Finanzierung", fordert die Deutsche Umwelthilfe in einer Petition an die Bundesregierung.

Die Renaturierung habe dabei gleich mehrere positive Effekte für Mensch, Umwelt und Klima, zählt Sabrina Schulz auf. "Gesunde Wälder, Auen und Moore tragen zur Reinigung und Grundwasserneubildung ebenso bei wie zur Kühlung bei Hitze. Sie speichern Kohlenstoff und bilden natürliche Senken, die für das Erreichen der Klimaziele wichtig sind."

Aber auch für die Artenvielfalt seien diese Landschaftselemente wichtig. Dafür brauche es die richtigen politischen Entscheidungen – einschließlich der notwendigen finanziellen Unterstützung, zum Beispiel über eine Aufstockung der Bundesförderung für Auen- und Moorrenaturierung, so die Naturschützerin.

Steffi Lemke scheint dabei grundsätzlich auf ihrer Seite zu stehen: "Wir brauchen starke Deiche und einen schlagkräftigen Katastrophenschutz, aber wir brauchen auch mehr intakte Natur", sagt die Ministerin. "Gesunde Ökosysteme, intakte Wälder, Auen und Moore können mehr Wasser aufnehmen als beschädigte Ökosysteme. Entsiegelte Böden sind aufnahmefähiger als mit Beton versiegelte Flächen."

Jetzt muss es nur noch mit den entsprechenden Gesetzen und der Finanzierung klappen.