Nachdem er einen Entwurf für das reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz "EEG 2021" vorgelegt hat, setzt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) seine politische Offensive zu Energiewende und Klimaschutz fort. Am Freitag regte er an, eine übergreifende "Allianz für Klimaneutralität und Wohlstand" zu schaffen.
Altmaier räumte dabei ein, es sei in den letzten Jahren nicht gelungen, die guten Beschlüsse und Anstrengungen der Regierung beim Klimaschutz "ausreichend" zu erklären. Das liege auch an Fehlern, die "wir gemeinsam seit den 1990er Jahren gemacht haben.
Immer wieder, so der Minister, sei die Arbeit an klimapolitischen Themen gegenüber anderen in den Hintergrund getreten. Man müsse "einen Weg finden, den Klimaschutz vor die Klammer zu ziehen", sagte er und betonte: "Der Klimaschutz ist die zentrale Aufgabe unserer Generation." Man wisse seit drei Jahrzehnten, dass man einer ökologischen Katastrophe entgegengehe.
Ausgehend davon schlägt Altmaier in einem Neun-Seiten-Papier vor, noch vor Beginn des Bundestagswahlkampfes einen "breiten, parteiübergreifenden Konsens über die klimapolitischen Handlungsmöglichkeiten herbeizuführen". In dem Konsens sollen die Bundestagsparteien, aber auch "weite Teile der Klimabewegung, der Wirtschaft und der Kirchen" vertreten sein.
Der Konsens soll nach dem Willen des Ministers Grundsätze beinhalten, mit denen Klimaschutz über Regierungswechsel und "Zufälligkeiten täglicher Politik" hinaus gelingen kann. Dazu soll eine Charta für "Klimaneutralität und Wirtschaftskraft" beschlossen werden.
Mechanismen zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen
Altmaier beharrte in Bezug auf den zu erzielenden Konsens darauf, dass die künftige Klimapolitik "marktwirtschaftlich" erfolgen soll. Marktwirtschaft, so der Minister, ermögliche Klimaschutz zu geringeren Kosten, weil es zu einer "optimalen Ressourcenallokation" komme.
Wegen der hohen Transformationskosten habe er in seinem Plan auch Vorschläge aufgenommen, mit denen Unternehmen nicht be-, sondern entlastet werden, betonte Altmaier. "Wettbewerbliche relevante Belastungen der Wirtschaft im Klimaschutz sollten auf geeignete Weise ausgeglichen werden."
In dem Zusammenhang setzte sich der Wirtschaftsminister dafür ein, Unternehmen den Abschluss sogenannter "Carbon Contracts for Difference" zu ermöglichen. Diese Firmen sollten dann umso mehr Unterstützung bekommen, je schneller sie klimaneutral werden.
Weiter schlug er einen "Matching-Mechanismus" vor, wenn Unternehmen grüne Energie von anderen Unternehmen beziehen wollen und diese Energie von der öffentlichen Hand in nicht genügendem Maße sichergestellt werden kann. Was damit genau gemeint ist, bleibt bislang unklar.
Altmaier sprach sich außerdem für CO2-Auktionen aus, bei denen Unternehmen Gebote abgeben können, zu welchem Preis sie bestimmte Mengen an CO2 reduzieren können. Auch dürften die Sozialbeiträge für die Wirtschaft langfristig nicht über 40 Prozent steigen.
Konkreten Fragen, wie er sich zu einem möglicherweise verschärften EU-Klimaziel für 2030 und neuen EU-Emissionsgrenzen für die Autoindustrie stelle, wich Altmaier am Freitag allerdings aus und verwies unter anderem auf die vorrangige Zuständigkeit des Umweltministeriums.
Grünen-Skepsis und Klimaforscher-Lob
Für Grünen-Fraktionsvize Anja Hajduk klingt Altmaiers Ankündigung "zu schön, um wahr zu sein". Der Minister habe bereits genug Gelegenheiten gehabt, seinen klimapolitischen Ehrgeiz zu beweisen. Als Wirtschaftsminister sei er aber vor allem dadurch aufgefallen, dass er gegen den Klimaschutz arbeitete.
"Ob Kohleausstieg, CO2-Preis, erneuerbare Energien, Autoindustrie, Lufthansa-Rettung – Altmaier wirkt leider wie ein Teil des Problems und nicht der Lösung", sagte Hajduk.
Dagegen sprach Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) von einer "bemerkenswerten Ansage" Altmaiers. Sollten aus diesen Worten wirklich Taten werden, habe der Minister die Chance, als ein "Ludwig Erhard der Klimawende in die Geschichtsbücher einzugehen", lobte Edenhofer.
Entscheidend an Altmaiers Plan ist aus der Sicht des PIK-Chefs das Versprechen, dass die CO2-Bepreisung als Leitinstrument der Klimapolitik die europäischen Klimaziele vollständig abbilden soll – von der absehbaren Anhebung für 2030 bis hin zur Klimaneutralität 2050.
Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Altmaiers letzter Coup?