Mehrere Lufthansa-Flugzeuge stehen auf dem Flughafen Franfurt.
Nachdem die Luftfahrt jahrzehntelang vom Staat massiv gefördert wurde, geht es nach Meinung der Umweltbewegung jetzt um den geordneten Rückzug. (Foto: Nate Hovee/​Shutterstock)

Bald geht es wieder aufwärts für die Lufthansa: Statt der Corona-bedingten Insolvenz winken der Fluggesellschaft nun Staatsgelder in Milliardenhöhe. Bundesregierung und Lufthansa-Vorstand haben sich nach wochenlangen Gesprächen auf eine Lösung geeinigt.

Insgesamt neun Milliarden Euro fließen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes an die Lufthansa. Unter anderem bedeutet das, dass der Staat nach mehr als zwei Jahrzehnten wieder ein paar Anteile an dem Konzern hält. Eine "insgesamt sehr, sehr gute Lösung" nannte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Einigung.

Bei Linken, Grünen und in der Umweltbewegung sieht man das ganz anders. Was sie gefordert hatten, ist nicht Teil des Deals: dass die Staatsmilliarden an Klimaschutz-Auflagen gebunden werden. Das Fliegen ist schließlich die klimaschädlichste Art und Weise, sich fortzubewegen.

Die Lufthansa verpflichte sich zur Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen, heißt es in der Mitteilung der Bundesregierung nur vage.

Dass der Staat durch seine neuen Aktien Einfluss von innen nehmen kann, ist kaum anzunehmen: Er hält nur ein Fünftel der Anteile mit "inhaltlich beschränkten Stimmrechten". Nur unter bestimmten Notfallbedingungen, etwa bei einer feindlichen Übernahme, könnte die Bundesregierung eine stille Beteiligung in normale Aktien umwandeln und eingreifen.

"Ein schlechter Witz"

"Das Verhandlungsergebnis ist ein schlechter Witz", findet Linken-Chef Bernd Riexinger. "Die Bundesregierung hätte es in der Hand gehabt, die Vergabe von Staatshilfen an klare Bedingungen zu knüpfen, die die Jobs erhalten, die betriebliche Mitbestimmung der Beschäftigten ausbauen und den Konzern im Sinne der Klimaziele ökologisch umbauen."

Sprich: Hätte ein Konzern kurz vor der Pleite ein Milliardengeschenk des Staates ernsthaft wegen einiger Auflagen abgelehnt?

Perspektivisch braucht es grundsätzlich strengere Regeln für den Flugverkehr, so der Linken-Politiker. "Eine Branche, die dramatische Folgen für das Klima haben kann, darf nicht unreguliert bleiben", sagte Riexinger. Für ihn bedeutet das: "Fluggesellschaften gehören in staatliche Hand."

Die Klimaziele der Luftfahrt

Wenn die UN-Staaten sich zu Klimakonferenzen treffen, klammern sie Luft- und auch Schifffahrt weitgehend aus. Der Klimaschutz in diesen Sektoren wird in eigenen Sonderorganisationen der UN geregelt, bei der Luftfahrt ist das die ICAO.

Die ICAO hat Ende 2016 erstmals ein Klimaziel für die Branche festgelegt. Das dazu entwickelte System heißt Corsia, das ist kurz für Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation – also in etwa CO2-Verrechnungs- und Minderungs-Plan für die internationale Luftfahrt.

Pikant ist daran unter anderem, dass es nicht einmal darum geht, die Emissionen zu senken. Die Luftfahrt soll nach Beschlusslage immer weiter wachsen dürfen. Die Fluggesellschaften müssen lediglich ihre Emissionen auf dem Niveau von 2019 bis 2020 halten, wobei der Klimaschutz vor allem durch CO2-Kompensation erfolgen soll.

Weil die Emissionen der Luftfahrt wegen der Coronakrise stark gesunken sind und das Emissionsniveau von 2019/​2020 absehbar niedriger liegen wird als gedacht, fordern die Airlines nun sogar die Streichung des Jahres 2020 aus der Berechnungsgrundlage. Für den Fall, dass sie damit nicht durchkommen, drohen sie mit einem "Rückzug großer Staaten aus Corsia".

Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan hätte sich zumindest Auflagen gewünscht. "Ein mit Steuermilliarden finanzierter Neustart von Fluggesellschaften muss auch den Klimaschutz voranbringen", sagte er. "Die Fluglinien müssen ihren rasant steigenden CO2-Ausstoß bändigen, etwa indem sie einen festen Anteil saubere Kraftstoffe beimischen und Inlandsflüge dauerhaft einstellen."

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte Ende April beim Petersberger Klimadialog den Kurs der Regierung damit verteidigt, dass es erst um Öko-Auflagen gehen müsse, wenn ein Konjunkturpaket für die Zeit nach Corona aufgesetzt werde. "Bei einem Neustart der Wirtschaft muss ein Konjunkturpaket einen klaren Kompass haben." Erstmal aber gehe es darum, Unternehmen mit Liquiditätsproblemen zu helfen.

Das sieht die Klimagerechtigkeitsgruppe Am Boden bleiben anders. "Es kann nicht sein, dass Unternehmen in guten Zeiten die Profite in die Tasche stecken und versuchen, durch Trickserei Steuern zu vermeiden, und in schlechten Zeiten dann auf Kosten der Gesellschaft vom Staat gerettet werden", sagte Sprecherin Klara Strauß.

"Wenn es dann noch um eine Branche geht, die sich seit Jahrzehnten dem Klimaschutz verweigert und deren Geschäftsmodell auf dem klimaschädlichsten Transportmittel überhaupt basiert, zeigt sich mal wieder, dass die Bekenntnisse der Bundesregierung zum Klimaschutz nur leere Worte sind."

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