Fridays for Future befindet sich in einem Strategiewechsel. Demonstrationen soll es zwar weiterhin geben. Aber dazu kommt etwas anderes. "Nach fünf Jahren müssen wir nicht mehr mit 100.000 Menschen jeden Freitag auf der Straße stehen, damit die Bundesregierung im Schlaf leise Klimaschutz flüstert", erklärt Luisa Neubauer von Fridays for Future Deutschland am Donnerstag vor der Presse in Berlin.
Die Bewegung habe erreicht, dass auf allen Ebenen Klimaschutz als Selbstverständlichkeit behandelt werde, so Neubauer. "Wir haben die demokratische Politik weit Richtung Klimaschutz mobilisieren und dabei Mehrheiten in der Gesellschaft für klaren und radikalen Klimaschutz gewinnen können."
Jetzt will sich Fridays for Future auf die Umsetzung von Klimaschutz konzentrieren. Dafür arbeitet die Bewegung seit zwei Jahren mit der Gewerkschaft Verdi zusammen und hat seitdem viele Gespräche mit den Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs geführt. Gemeinsam wollen sie sich für sozial gerechten Klimaschutz einsetzen. Ziel ist es auch, mit besseren Löhnen und Arbeitszeiten die Grundlage für eine Verdopplung des ÖPNV-Angebots bis 2030 zu schaffen.
Bleiben die Arbeitsbedingungen weiterhin so schlecht, werde es irgendwann keine Menschen mehr geben, die die Busse und Bahnen fahren, sagt Pauline Brünger von Fridays for Future. Dazu gehörten auch mehr Investitionen in den Nahverkehr. Mindestens 16 Milliarden Euro pro Jahr seien notwendig, um die Verdopplung bis 2030 zu erreichen, so Brünger.
Der nächste große Aktionstag ist für den 1. März geplant. An dem Freitag sollen deutschlandweit Streiks und Demonstrationen stattfinden. Bereits im Februar hatten sich 80 Ortsgruppen von Fridays for Future an Aktionen von Verdi im öffentlichen Nahverkehr beteiligt. Brünger kündigte an, dass in diesen und noch weiteren Städten am 1. März gemeinsame Proteste stattfinden werden.
Scharfe Kritik an ausbleibender sozialer Entlastung
Immer wieder betonen die Mitglieder von Fridays for Future am Donnerstag, wie wichtig die soziale Gerechtigkeit beim Klimaschutz ist. Klimapolitik und Soziales dürften nicht länger als Gegensätze hingestellt und gegeneinander ausgespielt werden. Beides müsse und könne Hand in Hand gehen.
Den versprochenen sozialen Ausgleich bei Klimaschutzmaßnahmen zu unterlassen, untergrabe nicht nur die Bereitschaft zum Klimaschutz, sondern auch das Vertrauen in die Demokratie, so die Aktivist:innen. Es führe zu einem Gefühl, alleingelassen zu sein, zu der Überzeugung, dass sich die Politik nicht für die eigenen, klar geäußerten Bedürfnisse einsetzt. Konkret: "Die Menschen sollten nicht länger auf das lange versprochene Klimageld warten müssen", sagt Brünger.
Dabei betont Fridays for Future, sein Engagement für den Klimaschutz sei schon immer auch ein Engagement für die Demokratie gewesen. Brünger warnt: "Wenn in der Zukunft Ressourcen knapper werden, wenn Naturkatastrophen zunehmen, dann ist das der Nährboden, an dem auch Rechte weiter erstarken können. Dann ist das die Grundlage dafür, dass Demokratien sich destabilisieren."
Deswegen ist die Mobilisierung gegen rechts für Fridays for Future in diesem Jahr ein wichtiger Vorsatz. In den vergangenen Wochen waren die Ortsgruppen bereits in vielen Städten bei den Demos gegen rechts präsent und haben häufig aktiv an der Organisation mitgewirkt.
Auch zu den kommenden Europawahlen und den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg möchte die Bewegung mobilisieren und gerade bei jungen Menschen die Wahlbeteiligung fördern. Das soll nicht nur mit Demos geschehen, sondern auch in Workshops und über Social Media. "Die Wahlen in diesem Jahr werden auch im Internet bestritten", merkt Luisa Neubauer an.
Die Bewegung sieht sich dabei grundsätzlich als Vertreterin der jungen Generation. "Gerechtigkeit für unsere Generation ist mit dem aktuellen Sparkurs der Bundesregierung nicht vereinbar", stellt Brünger dazu fest.
Die konkrete Forderung an die Politik: ein Ende des Sparkurses und stattdessen großflächige Investitionen in den Klimaschutz und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Als ersten Schritt fordert Fridays for Future ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro – für den Ausbau des Nahverkehrs und die Einführung des Klimageldes, aber auch für eine ökologische Agrarwende und für den natürlichen Klimaschutz.
Selbst in die Politik gehen und beispielsweise eine Partei gründen will die Bewegung nicht. Eine Partei allein könne nicht den gesamten Klimaschutz wuppen, so Neubauer. "Vielmehr ist unser Ansatz, von Anfang an den demokratischen Diskurs Richtung Klimaschutz zu verschieben – und das in allen demokratischen Parteien."