Das Klimageld bleibt auf der politischen Agenda, zumindest bei den Grünen. Deren Bundestagsfraktion äußerte am Mittwoch nach ihrer Klausur in Leipzig die Erwartung, dass 2025 endlich die Auszahlung des versprochenen Klimageldes beginnt.
Weil die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung von Kraft- und Brennstoffen dafür nicht reichten, schlägt die Fraktion eine "ergänzende" Startfinanzierung aus dem Bundeshaushalt vor. Eine Möglichkeit hierfür sehen die Grünen im Abbau umweltschädlicher Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg. Auch Umschichtungen im Bundeshaushalt, etwa zulasten klimaschädlicher Ausgaben im Verkehrsetat, hält die Grünen-Fraktion für eine "sinnvolle Option".
Auch eine klare Mehrheit der Bevölkerung ist nach wie vor für das Klimageld. Das ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Yougov-Umfrage. Mehr als 80 Prozent der repräsentativ Befragten befürworten danach ein Klimageld. Nur bei den Modalitäten ist sich die Mehrheit nicht ganz einig, wie der auftraggebende Ökoenergieversorger Naturstrom mitteilte.
Die meisten wollen das Klimageld als volle Rückzahlung
Demnach wünschen sich 49 Prozent der Befragten, also fast die Hälfte, dass die Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis komplett über ein Klimageld an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen.
Etwa 28 Prozent der Befragten sind für eine Aufteilung in ein Klimageld sowie Entlastungs- und Förderprogramme. Neun Prozent ziehen es vor, die Einnahmen ausschließlich für Entlastungsprogramme zu verwenden und aufs Klimageld zu verzichten.
Das Ausbleiben des Klimageldes kritisiert auch die Klimaaktivistin Darya Sotoodeh. "Die Ampelkoalition ist mit Versprechungen von sozialer Politik und konkreten Klimaschutzmaßnahmen angetreten, übrig geblieben ist davon nichts", so die Sprecherin von Fridays for Future anlässlich des heutigen gemeinsamen Klimastreiks mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.
"Gerade in Zeiten von Rechtsruck und gesellschaftlicher Spaltung brauchen wir eine Klimabewegung, die Brücken baut und zeigt, dass uns mehr vereint als trennt", erläutert Sotoodeh eines der Motive zum Zusammengehen von Klimabewegung und Gewerkschaft.
Wichtige Forderungen beim Klimastreik sind gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten sowie Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) von 100 Milliarden Euro bis 2030.
Klimagerechte Maßnahmen wie eben die Finanzierung und der Ausbau des Nahverkehrs würden blockiert, kritisiert Darya Sotoodeh. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) lege den Fokus auf den Ausbau der Autobahnen und spare den Nahverkehr kaputt.
Gewerkschaft: Tarifkonflikt ist hochpolitisch
Auch für Andreas Schackert sind die Öffentlichen derzeit kein Garant für eine Verkehrswende. "Der kommunale ÖPNV steht kurz vor dem Kollaps", resümiert der Gewerkschafter, der die Bundesfachgruppe Busse und Bahnen bei Verdi leitet.
Das müssten seine Kolleg:innen tagtäglich erleben, so Schackert. Jede Woche würden Verkehrsangebote gekürzt, es gebe ungeplante Ausfälle, weil Personal fehle und keine Leute zu finden seien, die diese Arbeit tun wollten und könnten.
Hintergrund der Streiks im ÖPNV sind Tarifverhandlungen für die rund 90.000 Beschäftigten in über 130 kommunalen Unternehmen. Die Streikenden fordern Entlastung durch kürzere Wochenarbeitszeiten, mehr Urlaub, zusätzliche Ausgleichstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie eine Begrenzung geteilter Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst.
Für Andreas Schackert ist der Tarifkonflikt zugleich "hochpolitisch". In der Tarifrunde gehe es nicht nur um bessere Bedingungen für die einzelnen Fahrerinnen und Fahrer, sondern auch darum, einen funktionierenden ÖPNV aufrechtzuerhalten, betont er.
"Wir brauchen einen Einstieg in eine andere Finanzierung des ÖPNV", gibt der Gewerkschafter die Richtung an. Es sei nicht mehr tragbar, dass allein die Kommunen für den ÖPNV zuständig sind. "Da brauchen wir eine Verantwortung des Bundes und der Länder für die Finanzierung."
Klimanutzen des ÖPNV lässt sich schwer beziffern
Wie groß die Klimaeffekte eines gut ausgebauten ÖPNV sind, ist nicht genau bekannt. Das Umweltbundesamt (UBA) beziffert die CO2-Einsparung durch "Stärkung des Umweltverbunds" auf drei Millionen Tonnen im Jahr 2030. Im gesamten Zeitraum bis 2030 kämen neun Millionen Tonnen zusammen.
Dazu müssten die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV erhöht und mehr Gelder für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zur Verfügung gestellt werden, schreibt das UBA. Das sei eine wesentliche Grundlage für die Erweiterung des Angebots und die Steigerung der Qualität.
Den zusätzlichen Finanzbedarf veranschlagt das UBA ansteigend auf neun bis zwölf Milliarden Euro im Jahr 2030. Die Mittel könnten unter anderem durch Abbau klimaschädlicher Subventionen frei werden. Zum Umweltverbund gehören für das UBA hier nicht nur ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, sondern auch digitale Lösungen, besonders in ländlichen Räumen.
Konkrete Abschätzungen zu den Klimaeffekten gibt es lediglich für einzelne Maßnahmen im Nahverkehr. Mit dem Neun-Euro-Ticket könnten jährlich 0,8 bis 2,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, ist im aktuellen Prüfbericht des Expertenrats für Klimafragen nachzulesen.
Noch größer ist die Schwankungsbreite laut den Angaben beim Deutschlandticket. Hier sind es laut einer Quelle 1,9 bis 3,2 Millionen Tonnen jährlicher CO2-Minderung, nach anderen Daten soll das Ticket nur etwa eine halbe Million Tonnen CO2 jährlich einsparen.
Verdi-Gewerkschafter Andreas Schackert hält das Deutschlandticket für eine kluge verkehrs- und sozialpolitische Maßnahme. Sie zeige, dass Bund und Länder politische Verantwortung für den ÖPNV übernehmen, wenn der politische Wille da ist.
Das sollte auch möglich sein, wenn es um die Finanzierung des ÖPNV geht, fordert Schackert. Im Moment werde zwar das Ticket finanziert – wie aber der ÖPNV, der mit dem Ticket genutzt wird, am Ende zu Geld kommt, interessiere dann Bund und Länder nicht mehr, weist der Gewerkschafter auf den Widerspruch hin.
Der ÖPNV könne aber nicht aus 400 kommunalen Abgabensatzungen bezahlt werden, so Schackert. Hier brauche es eine Finanzierung aus Steuermitteln.