Auch Donald Trump reist nicht nach Baku, wird aber allgegenwärtig sein. (Bild: John Pemble/Flickr)

2024 wird in die Klimageschichte eingehen – und zwar gleich aus drei Gründen. Erstens: Es wird das 1,5-Grad-Jahr sein, das erste Jahr also, in dem die Menschheit mit ihren Emissionen die globale Temperatur durchgehend so stark gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter erhöht hat.

Zweitens: Es dürfte auch das Jahr sein, in dem der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen seinen absoluten Höhepunkt – mit der Chance zur Trendwende – erreicht.

Und drittens: Es ist das Jahr, in dem in der größten Volkswirtschaft erneut ein Mann zum Präsidenten gewählt wurde, der solche Fakten, die über die Zukunft des Planeten entscheiden, leugnet. Oder dem sie zumindest egal sind.

Das ist die Lage zu Beginn des 29. UN-Klimagipfels, der COP 29 in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Die Situation ist verstörend. Denn sie zeigt, dass offenbar 28 dieser Mega-Konferenzen seit 1995, als die erste in Berlin stattfand, es nicht geschafft haben, die Welt auf einen noch halbwegs verträglichen Klimakurs zu bringen.

Ein unübersehbares Signal dafür ist das Reißen des 1,5‑Grad-Erwärmungslimits, das im Pariser Klimaabkommen von 2015 zumindest als Ziel fixiert ist. Das Limit dürfte im Laufe des nächsten Jahrzehnts auch dauerhaft, also um natürliche Schwankungen bereinigt, kippen. Damit und mit jeder weiteren Erhöhung auch nur um Zehntelgrade droht das irreversible Auslösen gefährlicher Kippelemente, was dramatische Folgen für die Welt nach sich ziehen würde.

Natürlich: Das wissen alle, die in Baku über die Klimarettung verhandeln, das heißt über Schritte zur Reduktion des CO2-Ausstoßes und über die für Klimaschutz und Klimaanpassung entscheidende internationale Finanzierung. Aber das ist eben nur ein Teil der Agenda.

Im Kern geht es stets um wirtschaftliche Interessen

Die Klimakrise gibt bei den Gipfeln den Hintergrund ab für einen beinharten Poker um wirtschaftliche Interessen. Dabei spielen vor allem die fossilen Lobbys ihren Einfluss auf die Regierungen aus. Sie haben schon gleich zu Beginn erkannt, dass es auf den Klimagipfeln um ihre Geschäfte geht.

Mit anderen Worten: Der Trumpismus war schon immer Teil der Klimakonferenzen, selbst in Zeiten, als man das Wort noch gar nicht kannte.

Immer wieder in den drei Jahrzehnten Klimaverhandlungen hat sich die Frage gestellt: Machen die alljährlichen Mega-Events mit zigtausend Teilnehmern überhaupt noch Sinn? Auch diesmal sind die Zweifel sehr groß. Die Konferenz findet in einem Erdgas- und Erdölstaat statt, dessen nationale Politik der Klimagipfel-Idee zuwiderläuft.

COP 29 in Baku

Bei der 29. UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan geht es um ein neues Ziel für die internationale Klimafinanzierung. Klimareporter° ist mit einem Team vor Ort und berichtet täglich.

Die Staats- und Regierungschefs der drei größten Emittenten China, USA und Indien – zusammen sind sie für die Hälfte des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich – bleiben gleich ganz fern. Und mit Washington steht eine der wichtigsten Regierungen erneut vor dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen.

Wer wollte es jemandem wie Justin Tkatchenko, Außenminister des vom Klimawandel akut bedrohten pazifischen Inselstaates Papua-Neuguinea, verübeln, wenn er sagt: Die COP 29 sei "eine totale Zeitverschwendung", in seinem Land habe man die Misserfolge vergangener Gipfel und "die Rhetorik satt". Der Mann bleibt lieber zu Hause, als um die halbe Welt zu jetten.

Wer wollte es leugnen, die Aussichten für Baku sind nicht rosig. Es wird schwer werden, Ziele wie eine vollständige Abkehr von den fossilen Energien mit handfesten Daten zu versehen, auch wenn die G20-Staatengruppe hier zuletzt positive Signale gesetzt hat.

Alle Staaten werden immer wieder in die Pflicht genommen

Die Debatte über die Finanzen als Hauptthema der COP 29 wiederum verspricht heftige Auseinandersetzungen. Hier geht es um die dringend nötige Anhebung der Klimahilfen für die ärmeren Länder über die aktuell geltend 100 Milliarden Dollar jährlich hinaus.

Trump will die Zahlungen des wichtigen Gebers USA ohnehin rasieren. Aber auch sonst ist bei vielen anderen Staaten des Westens das Geld wegen der gestiegenen Rüstungsausgaben knapp.

Hinzu kommt, dass "neureiche" Länder wie China oder Saudi-Arabien hier bisher mauern. Sie wollen nicht genauso wie die Alt-Verschmutzer, die klassischen Industrieländer, in die Pflicht genommen werden, obwohl das angesichts ihres Emissionsniveaus und ihrer finanziellen Potenz längst angezeigt wäre. Hier drohen Blockaden, wenn keiner sich bewegen will.

 

Trotzdem wäre es falsch, die Klimakonferenzen abzuschreiben. Es ist wichtig, dass dort fast alle Staaten der Erde vor der Weltöffentlichkeit immer wieder demonstrieren müssen, dass sie das Thema nicht abgehakt haben – womit der Druck aufrechterhalten bleibt, zu Lösungen zu kommen.

Man darf, bei allen Unzulänglichkeiten, nicht vergessen: Eine Umsetzung der inzwischen abgegebenen Ankündigungen der Staaten zum Erreichen der Klimaneutralität bis Mitte des Jahrhunderts würde immerhin auf einen 1,8-Grad-Pfad führen – noch dramatisch genug, aber nicht die Apokalypse einer Aufheizung um drei oder vier Grad.

Die dazu nötige Technologie – Erneuerbare plus Effizienz – ist vorhanden, inzwischen auch billig genug, und es gibt ausreichend Geld auf der Welt, um die Wende zu schaffen. Bereits die Umlenkung der jährlich Billionen Dollar schweren fossilen Subventionen in die Energiewende würde dafür genügen. Das muss das Thema der Klimaverhandlungen werden.