Die nächste Bundesregierung wird von der Union geführt werden, das ist, schaut man sich die aktuellen Umfragewerte an, sehr wahrscheinlich. CDU und CSU werden folglich auch den Fortgang der Energiewende maßgeblich bestimmen.
Der Klimareporter° vorliegende Entwurf für ein Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit dem Titel "Neue Energie-Agenda für Deutschland" zeigt, wohin der Weg gehen soll – möglichst mit einer Reaktivierung der zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke, einer CO2-Bepreisung als "Leitinstrument" und einem Auslaufen der EEG-Förderung.
Interessant ist, dass an dem Ziel, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen, nicht gerüttelt werden soll – obwohl die Energie- und Effizienzwende gerade in den zentralen Sektoren Gebäude und Verkehr bisher äußerst zäh verläuft. In dem Papier heißt es sogar, die vorgeschlagene Agenda markiere "das größte zusammenhängende Infrastruktur-Investitionsprojekt in der Geschichte unseres Landes".
Dafür müssten allerdings "Wirtschaft und Klima zusammen" gedacht werden, es brauche eine "Kostenwende" und es dürfe nicht "weiter einseitig eine Subventionspolitik zugunsten einzelner Branchen" gemacht werden. Das Papier soll am 5. November auf einem Energiegipfel der Fraktion vorgestellt und diskutiert werden und auch Grundlage für das Wahlprogramm sein.
Rückkehr zu Freileitungen beim Netzausbau
Der im Frühjahr 2023 abgeschlossenen Atomausstieg wird in dem Papier als "ideologisch begründete Fehlentscheidung der Ampel bezeichnet". Die Bundesregierung wird aufgefordert, in einem "Optionenpapier zur Kernenergie" darzustellen, in welchem Stadium des Abbaus sich die sechs zuletzt abgeschalteten AKW befinden, und eine Kosten-Nutzen-Analyse eines Weiterbetriebs aufzustellen. Einschätzungen, wie realistisch die Reaktivierung ist, enthält das Papier nicht.
Interessanterweise hat CDU-Chef Friedrich Merz das Kapitel schon einmal abmoderiert. "Das Thema Kernenergie ist entschieden", sagte er im Juni auf einem Kongress des Energiebranchenverbandes BDEW.
Andere in der Union bringen es jedoch immer wieder aufs Tapet, etwa Fraktionsvize Jens Spahn (CDU), der für Energiepolitik zuständig ist. Und auch die CSU diskutierte auf ihrem jüngsten Parteitag über die Rückkehr zur Atomkraft.
Beim weiteren Umbau des Stromsystems wollen die Fraktionsfachleute, die das Papier geschrieben haben, grundsätzlich an dem in der letzten Legislaturperiode beschlossenen Kohleausstieg bis 2038 festhalten.
Die Ampel hatte im Koalitionsvertrag verabredet, den Ausstieg möglichst auf 2030 vorzuziehen. Die Union betont nun, es dürfe kein weiteres Abschalten von Kohlemeilern geben, solange als Ersatz keine neuen Gaskraftwerke gebaut sind und "zusätzliche alternative Leistung" verfügbar ist.
Der weitere Ausbau der Hochspannungsleitungen soll "in der Regel als Freileitungen" erfolgen, unterirdisch nur "wo nötig". Die Erdverkabelung als Standard war unter der Merkel-Groko 2015 beschlossen worden, um die Proteste in der Bevölkerung zu entschärfen.
Bei Übergang von Erdgas zum Energieträger Wasserstoff soll laut dem Papier nicht nur die "grüne", sondern auch die "blaue" Variante eingesetzt werden, die aus Erdgas hergestellt wird, wobei das entstehende CO2 per CCS "endgelagert" wird.
Wasserstoff soll nach dem Konzept in allen Sektoren zur Anwendung kommen können, auch im Autoverkehr und beim Heizen. In Fachkreisen ist dieser Ansatz umstritten, es wird argumentiert, dass der knappe und teure Wasserstoff lieber dort genutzt werden sollte, wo Alternativen in Form von Wärmepumpe oder Elektroantrieb fehlen.
Einspeisevergütung für Erneuerbare soll auslaufen
Weiter betont das CDU/CSU-Papier, dass man "mit Marktwirtschaft zum Klimaziel" kommen will. Zentrale, kosteneffiziente Instrumente dafür seien die CO2-Bepreisung und der Emissionshandel statt "kleinteilige Steuerung, Verbote und Zwang". Bei der Ausweitung der marktwirtschaftlichen Instrumente müsse allerdings darauf geachtet werden, "dass es zu keinen Industrieabwanderungen und zu keiner sprunghaften Belastung der privaten Verbraucher kommt".
Interessanterweise sprechen sich die Unionsfachleute für einen "Klimabonus" aus, mit dem Privatverbraucher und Unternehmen "schnell und effizient" entlastet werden sollen, was nach dem von der Ampel zwar angekündigten, aber nicht umgesetzten Klimageld klingt. Konkret sollen mit den CO2-Einnahmen zunächst die Stromsteuer "auf ein Minimum" und die Netzentgelte "erheblich" gesenkt werden.
Zur aktuell heiß debattierten EEG-Umlage heißt es in dem Text, die Einspeisevergütung solle anstelle einer "dauerhaften Subvention" an die Betreiber von Windkraft-, Solar- und Biomasseanlagen "marktgerechter ausgestaltet" werden und dann "schrittweise auslaufen".
Die EEG-Umlage wird seit Mitte 2022 nicht mehr über den Strompreis, sondern aus Mitteln des Bundes gezahlt. In diesem Jahr ist sie gegenüber den Planungen stark angestiegen, von zehn Milliarden auf voraussichtlich 19 Milliarden Euro, und auch für 2025 rechnen die Netzbetreiber mit 17 Milliarden.
Ein konkreter Vorschlag, wie der Umbau der EEG-Förderung geschehen soll, fehlt in dem Papier. Es heißt nur, dem "ungeförderten Ausbau" der Erneuerbaren komme eine immer stärkere Bedeutung zu.
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