Das neu gegründete "Bundeszentralamt für Klimageld" sorgte vor der Sommerpause in Berlin für Aufsehen. Beamtinnen und Beamte der Institution informierten vor dem Gebäude der Bundespressekonferenz über den Regierungsbeschluss zur sofortigen Einführung eines Klimageldes, das die Lasten der Anfang 2021 eingeführten und seither ansteigenden CO2-Bepreisung von Heizenergie und Sprit abfedern soll.
Neben Informationsmaterial verteilten sie auch Gutscheine für die sofortige Auszahlung dieser Leistung, die von der Ampel-Koalition in ihrem Koalitionsvertrag versprochen worden war.
Die Aktion war ein Fake. Die "Beamt:innen" kamen von der Nichtregierungsorganisation Attac, die auf die Leerstelle bei dem Thema hinweisen wollte. Hintergrund war, dass bisher weder eine feste Zusage der Ampel für das Klimageld noch ein verbindlicher Zeitplan für dessen Auszahlung vorliegt.
"Wir wissen, dass Bundesregierungen grundsätzlich wortbrüchig werden, wenn es um soziale Belange der Menschen im Land geht – so spielt aktuell auch die Einführung eines Klimageldes keine Rolle mehr für die Ampelkoalition", sagte Werner Rätz von Attac. Daher müsse der Druck erhöht werden.
70 Umfragen aus 26 Ländern ausgewertet
Tatsächlich haben Umwelt- und Sozialverbände, Gewerkschaften und Verbraucherzentralen in diesem Jahr mit offenen Briefen und vielen Aktionen auf die Dringlichkeit eines Klimageldes hingewiesen. Sie alle treibt die Sorge um, dass die breite Zustimmung für Klimaschutzmaßnahmen zusammenschmilzt, wenn diese wegen des steigenden CO2-Preises hauptsächlich als Last empfunden werden.
"Wenn eine CO2-Bepreisung überhaupt Wirkung entfalten soll, dann müsste der Preis deutlich höher sein als 45 Euro pro Tonne", kritisiert Rätz. Aber selbst dieser aktuelle, eher niedrige CO2-Preis führe dazu, dass ohne den Ausgleich durch das Klimageld die Belastung für alle steigt. "Dies trifft vor allem ärmere Menschen überproportional – sie müssen durch eine vollständige Rückzahlung entlastet werden."
Unterstützung enthält eine solche Position durch eine neue Untersuchung des Berliner Klima-Thinktanks MCC. Die CO2-Bepreisung lässt sich danach politisch leichter durchsetzen, wenn sie sozial flankiert wird. Laut der Studie steigt die Akzeptanz dafür, wenn irgendeine Form von Rückverteilung der staatlichen Einnahmen durch die höheren Energiepreise mit im Politikpaket enthalten ist.
Für die im Fachmagazin NPJ Climate Action erschienene Studie hat ein MCC-Team die vorhandene Forschungsliteratur daraufhin analysiert, wie die CO2-Klimaaufschläge in der Bevölkerung bewertet wurden. In das Ergebnis gingen insgesamt 70 Umfragen mit zusammen rund 113.000 Befragten in 26 Ländern ein.
Aus diesem umfangreichen Datenmaterial destillierte das Team am Ende sogenannte Effektstärken heraus. Diese drücken aus, wie stark der Effekt auf die Akzeptanz ist, wenn man die Frage variiert und eine bestimmte Form der Rückverteilung des CO2-Geldes mit einer noch unbestimmten Verwendung der Einnahmen vergleicht.
Pro-Kopf-Rückerstattung mit Kommunikationsproblem
Das Ergebnis: Die Politik hat einen beträchtlichen Spielraum bei der Ausgestaltung der CO2-Bepreisung, doch stößt ein Konzept mit Rückverteilung durchweg auf mehr Zustimmung als eines ohne.
"Am besten kommt laut den bisherigen Umfragen die Vorstellung an, dass die Einnahmen in klimafreundliche Investitionen fließen, etwa Hilfen für besseren öffentlichen Nahverkehr oder Zuschüsse für klimafreundliche Haushaltsgeräte. Sehr gut schneiden auch gezielte Geldtransfers an bedürftige Haushalte ab", schreibt das MCC.
Interessant dabei: Zu einem Pro-Kopf-Transfer an alle, so wie auch das "Klimageld" der Ampel konzipiert ist, äußerten sich viele der Befragten "noch vergleichsweise skeptisch".
Jan-Steckel, MCC-Arbeitsgruppenleiter und Mitautor der Studie, sagte daher: "Beim Klimageld für alle gibt es noch Bedarf an politischer Kommunikation." Offenbar seien viele Menschen noch nicht überzeugt, dass die CO2-Bepreisung für sich genommen wirklich dem Klima hilft, und sie meinten, dann solle das wenigstens durch die Verwendung der Einnahmen sichergestellt werden.
Die Politik müsse die Idee der Pro-Kopf-Rückerstattung verständlicher vermitteln, rät der Experte. Etwa, indem sie den Menschen besser klarmacht, dass sie durch das Klimageld am Ende mehr Geld in der Tasche haben, wenn sie ihr Verhalten ändern und die mit CO2-Kosten belegte Energie einsparen.
Das Geld ist schon anders verplant
Betont werden solle auch die soziale Komponente. "Wenn alle den gleichen Betrag an Klimageld kriegen, aber Reiche mit ihrem größeren ökologischen Fußabdruck mehr für CO2-Bepreisung zahlen, sind unterm Strich die Armen bessergestellt als die Reichen", sagte Steckel.
Das Mercator-Institut schätzt die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Deutschland für 2025 übrigens auf etwa 24 Milliarden Euro, nachdem der Preis am 1. Januar von 45 auf 55 Euro steigt, was den Liter Sprit um weitere drei Cent und die Kilowattstunde Erdgas um 0,2 Cent verteuert.
Attac hat daraus die Forderung abgeleitet, das Klimageld in diesem Jahr auf 290 Euro pro Kopf festzusetzen. Zudem fordert die NGO, das Klimageld nicht gegen andere klimapolitische Maßnahmen auszuspielen – zu deren Finanzierung sollten zukünftig große Vermögen und hohe Einkommen herangezogen werden.
Die Chance, dass das Klimageld 2025 tatsächlich kommt, ist angesichts der Finanzknappheit der Ampel allerdings gleich null. Das CO2-Geld ist im Klima- und Transformationsfonds verplant.
Allenfalls der Auszahlungsmodus dürfte bis zum Ende der Legislaturperiode geklärt sein. Die Zahlungen sollen aber nicht über ein "Bundeszentralamt für Klimageld" erfolgen, sondern über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Das immerhin gibt es schon.