Mal ehrlich. Die Hoffnung, dass sich etwas für den Klimaschutz bewegt, war schon mal größer. Krieg in der Ukraine, Terror und Krieg in Nahost. Wer hat angesichts der Bilder den Nerv, sich über zukünftige Klimaflüchtlinge Gedanken zu machen?

Greta Thunberg mit Palästinenser-Tuch auf einer Bühne mit Israelfeinden. Wer mag da noch an eine schlagkräftige, weltumspannende Fridays-for-Future-Bewegung glauben? Heizungswirrwarr-Gesetz und 60‑Milliarden-Klimaloch der Ampel. Wer sieht da noch eine Fortschrittskoalition am Werk?

 

Gut, wenn es in dieser Lage auch noch etwas Positives zu vermelden gibt. Von uns selbst. Wir Bundesbürger glauben nämlich nach wie vor daran, dass wir persönlich etwas zum Klimaschutz beitragen können.

Klar, nicht alle, aber immerhin 76 Prozent. Das zumindest ergab kürzlich eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos im Auftrag der Rainforest Alliance. Nur 21 Prozent meinten, dass sie "wahrscheinlich" oder sogar "definitiv" nichts tun könnten, um hier einen Beitrag zu leisten.

Unglaublich, aber wahr

So weit, so doch ziemlich gut. Eine große Mehrheit sieht viele Ansatzpunkte, im eigenen Alltag etwas zu tun: Laut der Umfrage haben 78 Prozent vor, in den nächsten zwölf Monaten Lebensmittelabfälle im Haushalt zu reduzieren, und fast genauso viele, 77 Prozent, wollen ihren Stromverbrauch senken.

Weitere Öko-Pläne: lokal und nachhaltiger einkaufen (73 Prozent), auf klimafreundlichere Verkehrsmittel umsteigen (55), nachhaltigere Kleidung kaufen (52), mehr pflanzliche Lebensmittel statt Fleisch und Milchprodukte essen (48 Prozent).

Eines der Umfrageergebnisse aber stimmt sehr bedenklich. Nur ein Drittel der Befragten hält es für aussichtsreich, Politiker und Unternehmen dazu bewegen zu können, dass diese die CO2-Belastung reduzieren.

Kein Wunder, leider. Das ist eine Erfahrung aus über drei Jahrzehnten Klimapolitik. Schließlich wissen alle spätestens seit dem UN‑Erdgipfel in Rio 1992 und der dort verabschiedeten Weltklimakonvention, dass der CO2-Ausstoß begrenzt werden muss.

Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Weltweit ist das Gegenteil passiert. Die Emissionen steigen, und bei uns in Deutschland sinken sie viel zu langsam.

Ölkonzerne fahren Traumrenditen ein, Autokonzerne lobbyieren gegen EU-Abgasgesetze, Politiker verschaffen Öl- und Gasheizungen einen Boom – das sind keine Nachrichten aus früheren Jahrzehnten, sie sind aktuell.

Das ist doch unglaublich. Mal ehrlich.

 

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