Zwei leere Ladeplätze an einer Stromtankstelle.
Eine Stromtankstelle mit zwei Ladeplätzen für E-Autos. (Foto: A. Krebs/​Pixabay)

Heranfahren, aussteigen und mit der Zapfpistole den Kraftstoff einfüllen. Tanken fügt sich nahtlos in den Autofahrer:innen-Alltag ein. Das Netz an Tankstellen steht fast schon repräsentativ für die unangefochtene Rolle des Pkw. Ob vor dem Einkaufen oder nach der Arbeit – das Tanken passiert nebenbei.

"Nebenbei", das soll weiterhin das Prinzip bleiben, auch wenn es in Zukunft weder um Benzin noch Diesel geht. So stellt es sich zumindest die Denkfabrik Agora Verkehrswende vor.

Laut Koalitionsvertrag der Ampelregierung sollen bis 2030 15 Millionen vollelektrische Pkw auf den deutschen Straßen fahren. "Ambitionierte Ziele", wie die Denkfabrik meint – angesichts von knapp 520.000 zugelassenen vollelektrischen E-Pkw im vergangenen Oktober. Auch bei immer mehr E-Autos soll Laden künftig nebenbei funktionieren, ganz nach dem Motto "Laden wie Tanken".

Derzeit gibt es laut Agora Verkehrswende keinen Mangel an öffentlich zugänglichen Ladepunkten. In einer Studie hat sich der Thinktank damit auseinandergesetzt, wie die Ladeinfrastruktur ausgebaut und finanziert werden kann, sodass auch künftig ausreichend Lademöglichkeiten bestehen.

Besonders wichtig: öffentlich zugängliche Schnellladepunkte, etwa auf Parkplätzen bei Supermärkten, Baumärkten, Einkaufszentren oder Kinos. Es geht um Orte, die von Fahrzeugen ohnehin regelmäßig, aber für begrenzte Zeit angefahren werden. Komfortabel für die Nutzer:innen, wirtschaftlich für die Betreiber:innen, so Agora Verkehrswende.

"Hohe Nutzungskonkurrenz um knappe Flächen"

Zusätzlich soll es in begrenztem Ausmaß sogenannte Ladehubs geben, quasi E-Tankstellen, an denen noch schneller als an Schnellladesäulen geladen werden kann. Besonders an Autobahnen und Fernstraßen seien sie wichtig, um bei langen Strecken nach kurzem Stopp mit gefüllter Batterie weiterfahren zu können.

Laden mit AC/DC

Grundsätzlich wird zwischen dem Laden mit Wechselstrom, dem sogenannten AC-Laden, und dem Laden mit Gleichstrom, dem DC-Laden, unterschieden.

  • AC-Ladepunkte sind mit einer Ladeleistung bis 22 Kilowatt vor allem für langandauerndes Laden, beispielsweise über Nacht, geeignet.
  • DC-Ladepunkte erlauben mit höherer Leistung schnelleres Laden, das sogenannte Schnellladen.

Die Studie schlägt vor, großflächig auf DC-Ladesäulen mit einer Leistung von 50 Kilowatt zu setzen. An innerstädtischen Ladehubs könnte zudem mit 150 Kilowatt schnell und dafür selten geladen werden – ähnlich wie beim Tanken. Für Ladehubs an Autobahnen käme die höchste Leistungsklasse ab 350 Kilowatt infrage.

Der weitere Ausbau von AC-Ladeinfrastruktur sei nur an Orten sinnvoll, an denen sich Fahrzeuge mehrere Stunden aufhalten, etwa an Bahnhöfen, Flughäfen oder Park-and-Ride-Plätzen.

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur müsse dabei vom Ziel her gedacht werden, also davon, wie der Verkehr in Zukunft aussehen soll. "Langfristig muss die Ladeinfrastruktur geeignet sein, eine rein elektrische Pkw-Flotte zu versorgen", heißt es in der Studie. Spätestens 2045 sei die deutsche Pkw-Flotte weitestgehend vollelektrisch.

Doch nicht nur die Anzahl der Pkw ist für die Vision des Verkehrs relevant, sondern auch der Platz, den der Autoverkehr langfristig einnehmen soll. So hält die Studie fest, dass es eine "hohe Nutzungskonkurrenz um knappe Flächen gibt".

Es ist also auch eine Platzfrage. "In dem Moment, in dem wir Ladeinfrastruktur bauen, müssen wir zwei Aspekte mitdenken: Welche Ladeinfrastruktur brauchen wir für eine vollelektrische Autoflotte und wie wollen wir in Zukunft unsere Flächen nutzen?", erläuterte Kerstin Meyer von Agora Verkehrswende im Gespräch mit Klimareporter°.

Daher ist für Meyer wichtig, Parkraummanagement und Ladeinfrastruktur zusammenzudenken. Viele einzelne Ladepunkte seien nicht die Lösung. Stattdessen gehe es darum, dort zu laden, wo sich Parkraum bündelt und die Fahrzeuge ohnehin stehen.

Die Parkfläche insgesamt dürfe durch Ladeinfrastruktur nicht erhöht werden. Stattdessen müsse langfristig bei weniger Autos auch der Platz zum Parken rückläufig sein.

Eine Stunde laden pro Woche kann reichen

Aus Meyers Sicht werden diese Aspekte der Mobilitätswende bereits vielfach diskutiert: "Die Debatte über Stau, begrenzten Platz und Lebensqualität wird schon heute in den Städten geführt." Die Herausforderung sei, verschiedene Akteur:innen zusammenzubringen und so die Expertise für Mobilitätswende und Elektrifizierung zu vereinen.

 

Werden Ladestationen möglicherweise neuen Verkehr, quasi Ladeverkehr, erzeugen, nach dem Motto "Ich muss noch laden, also lass uns das Auto nehmen"? "Das ist aus heutiger Sicht schwer zu beurteilen. Aber das wird sich wahrscheinlich in Grenzen halten, weil man das Laden mit ohnehin anfallenden Wegen verbinden wird", vermutet Meyer.

Gerade durch die Schnellladesäulen müsse man nicht mehr so lange und häufig laden. Die Denkfabrik hat das einmal exemplarisch berechnet. Demnach kann die durchschnittliche Autofahrer:in in Deutschland schon mit einer wöchentlichen Ladedauer von einer halben bis zu einer Stunde an einer Schnellladesäule die notwendige Reichweite erzielen.

Ob in Zukunft neuer Verkehr induziert werde, hänge vielmehr damit zusammen, wie hoch die Kosten pro Kilometer sein und wie autonomes Fahren das Verkehrsaufkommen beeinflusse.

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