Beim Tanken die Corona-Schulden abtragen – der CO2-Minipreis würde es möglich machen. (Foto: Rudy und Peter Skitterians/​Pixabay)

2020 begann mit der erwarteten Horrormeldung über die Tankstellen-Preise: Um bis zu 17 Cent habe sich in der Nacht von Silvester zu Neujahr der Liter Sprit verteuert, rechneten Boulevard-Medien sogleich vor und wärmten das Bild vom "Preishammer" auf.

Vor dem Jahresende hatten der Mineralölwirtschaftsverband und der Autofahrerverein ADAC schon einen Aufschlag von "zehn bis elf Cent" für den Liter Kraftstoff vorausgesagt. Begründung: Anfang 2021 werde nicht nur der nationale CO2-Preis von 25 Euro aufgeschlagen, sondern auch die Mehrwertsteuer kehre von den coronabedingten 16 wieder auf die üblichen 19 Prozent zurück.

Der zeitliche Zusammenfall mit der Mehrwertsteuer ist für den Start einer neuartigen CO2-Bepreisung nicht gerade günstig, die Prognose der Lobbyisten war aber von Anfang an eher Panikmache. Von einem "Preishammer" kann erst recht nicht die Rede sein. Tatsächlich sind Benzin und Diesel seit Jahresbeginn nur um etwa sechs Cent je Liter teurer geworden, teilte der ADAC letzte Woche mit, die Mineralölwirtschaft kam auf sieben Cent.

Die sechs bis sieben Cent liegen im Bereich dessen, was seriöse Studien als Anstieg durch den CO2-Preis allein – und ohne die drei Prozentpunkte Mehrwertsteuer – angenommen haben. Und noch eine Voraussage trat ein: Die sechs oder sieben Cent liegen im Bereich üblicher Preisschwankungen an den Zapfsäulen.

So lagen vor Jahresfrist, also Anfang Januar 2020, Super-E10-Benzin mit 1,40 Euro und Diesel mit 1,30 Euro um jeweils rund zehn Cent pro Liter über den aktuellen Preisen samt CO2-Aufschlag. Autonutzer müssen derzeit an den Tankstellen also weniger zahlen als zwölf Monate zuvor, was auch der ADAC einräumt. Der Ölpreisabsturz im März und April habe dafür gesorgt, dass 2020 "eines der günstigsten Tankjahre seit Langem" gewesen sei, teilte der Autoclub mit.

Absurde Situation beim Diesel

So schön das für die Geldbeutel der Autofahrer sein mag – manch einer hält superbilligen Kraftstoff inzwischen für den Normalzustand –, klimapolitisch tritt gegenwärtig genau das ein, wovor die Experten angesichts des niedrigen Einstiegspreises von 25 Euro pro Tonne CO2 gewarnt hatten: Es gibt nicht einmal ein kleines "Preishämmerchen", irgendein Signal, das den Bedarf an fossilen Kraftstoffen und die daraus resultierenden Emissionen im Verkehr irgendwie verringern könnte.

Das liegt auch daran, dass die Subventionen für den Verbrauch fossiler Kraft- und Brennstoffe weiter munter sprudeln. Mit öffentlichen Milliarden wird der Dieselpreis nach wie vor abgesenkt. Auch das Dieselprivileg bei Dienstwagen wird nicht abgeschafft. Und gegen die angebliche Kostensteigerung bei den Pendlern gibt es parallel eine erhöhte Pendlerpauschale, obgleich viele der davon betroffenen Beschäftigten vermutlich noch Wochen oder gar Monate im Homeoffice sitzen werden.

Inzwischen mutet es einigermaßen absurd an, dass beim Diesel zwar ein CO2-Aufschlag erhoben, zugleich aber dessen Wirkung durch die Dieselsubventionen aufgehoben wird. Solange das so bleibt, wird der Klimaschutz im Verkehr nicht vorankommen. Das ist allein über einen vorsichtig steigenden CO2-Preis nicht zu bewerkstelligen.

Etwas anders sieht es beim Strompreis aus. Die seit Jahresanfang geltende Senkung der EEG-Umlage von 6,75 auf 6,5 Cent erspart dem Normalhaushalt nur etwa zehn Euro im Jahr bei den Stromkosten. Diese Senkung wird vielfach durch weiter steigende Netzentgelte wettgemacht.

Deutschland wird dadurch seine vergleichsweise hohen Strompreise behalten. Anreize zum Stromsparen oder dazu, sich – falls möglich – eine Solaranlage zum Eigenverbrauch aufs Dach zu setzen, bleiben bestehen.

Preislicher Spielraum nach oben

Klimapolitisch zeigt sich 2021 genauso ambivalent wie das vergangene Jahr. "Dank" der Pandemie und der Einschränkungen von Wirtschaft und Leben sinken die CO2-Emissionen spürbar. Der Shutdown beim Verbrauch und das darauf resultierende Überangebot gerade bei den fossilen Kraft- und Brennstoffen hält deren Preise ziemlich im Keller und lässt den CO2-Preis ins Leere laufen.

Hier gibt es nicht nur einen preislichen Spielraum nach oben, sondern es ist offenbar auch klimapolitisch geboten, den CO2-Preis nachzujustieren. In diesem Sinne könnte man problemlos einen Corona-Cent auf die Preise für Kraftstoff und Heizöl aufschlagen – und damit zum Beispiel die Pandemie-Schulden im Bundeshaushalt tilgen.

Bei einem jährlichen Kraftstoffverbrauch von rund 56 Millionen Tonnen wie 2019 käme da überschlagsweise fast eine Milliarde Euro zusammen. Weiteres Steuergeld ließe sich einspielen, wenn endlich die Subventionen für fossile Energieträger zurückgefahren werden, gern auch schrittweise.

 

Aus der Politik ist dazu nichts zu vernehmen. Dabei werden, jedenfalls offiziell, schon händeringend Möglichkeiten gesucht, die Corona-Schulden nicht einfach den nachfolgenden Generationen überzuhelfen. Die protestieren schon seit zwei Jahren dagegen, dass sie das klimapolitische Desaster ausbaden sollen.

Warum also nicht das fiskalisch Gebotene mit dem klimapolitisch Notwendigen verbinden? Das wäre mal Klimapolitik im Interesse der Zukunft.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Benzinwut ist out

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