Meist muss die Schweiz herhalten, um in der bundesdeutschen Debatte die Machbarkeit einer CO2-Steuer zu belegen. Das Alpenland scheint dafür gut geeignet. Denn trotz – oder vielleicht auch wegen – der CO2-Abgabe gehört die Schweiz zu den Ländern mit hohem Lebensniveau.
Auch werden die Einnahmen mustergültig an die Bürger zurückgegeben, zu zwei Dritteln direkt und zu einem Drittel über die Wirtschaft. Und auch die Pro-Kopf-Emissionen der Schweizer sanken seit 2008 – dem Jahr der Einführung der Abgabe – von knapp sechs auf deutlich unter fünf Tonnen.
Obwohl auch in der Schweiz die CO2-Abgabe allein nicht ausreicht, um die Klimaziele zu schaffen, ist das dort kein Grund, sie infrage zu stellen, sondern eher einer, künftig auch fossile Kraftstoffe wie Benzin und Diesel zu besteuern. Das zeigt eine Klimareporter° vorliegende globale Studie zu CO2-Preisen, angefertigt von der Entwicklungsorganisation Germanwatch.
Der Blick über den steuerlichen Gartenzaun legt dabei offen, dass die Bundesrepublik bei der CO2-Bepreisung ins Hintertreffen gerät. Weltweit listet die Studie 57 regionale, nationale oder internationale CO2-Preisinstrumente in 46 Ländern auf, die bereits eingeführt sind oder auf die Einführung warten.
Deutschland wäre, bilanziert die Studie, mit einem eigenen CO2-Preis kein Vorreiter mehr, sondern würde sich lediglich einer "europaweiten, mehr und mehr aber auch weltweiten Entwicklung anschließen".
Abgabe schlägt Emissionshandel
Neben dem Emissionshandel gibt es in Europa, so die Studie, in zwölf EU-Staaten nationale CO2-Preise – und zwar ausschließlich als Steuer. Ein dreizehnter kommt Anfang 2020 mit den Niederlanden hinzu. In der G20-Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer existieren – nach dem Start der südafrikanischen CO2-Steuer im vergangenen Monat – in weiteren 13 Staaten regionale oder nationale CO2-Preise.
Allerdings hat die Studie starke Unterschiede bei der Preishöhe festgestellt. Unter den Vorreiterländern in Europa – neben der Schweiz sind das Frankreich und die skandinavischen Staaten – erreicht der CO2-Preis zwischen 45 und 114 Euro je Tonne. In den G20-Staaten fällt das durchschnittliche Preisniveau dagegen recht niedrig aus.
Die große Mehrheit der Staaten setzt beim CO2-Preis auf eine Steuer- oder Abgabenlösung. Sollte sich die Bundesregierung stattdessen für eine Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr entscheiden, wäre Deutschland damit in Europa ein "Sonderfall", stellt die Studie fest. "Europaweit hat sich kein Staat für eine Emissionshandelslösung in diesen beiden Sektoren entschieden", warnen die Autoren.
"Die Bundesregierung sollte noch dieses Jahr zumindest einen CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden beschließen und sich dabei – wie die europäischen Partner – für eine Steuerreform entscheiden", sagte Studienautor und Germanwatch-Klimaexperte Oldag Caspar am Donnerstag zu Klimareporter°.