Mit "Donk-EE" startete Naturstrom vor fünf Jahren ein Sharing-System für E‑Lastenräder. (Bild: Donk-EE)

Vor fünf Jahren ging das Düsseldorfer Ökoenergieunternehmen Naturstrom unter die Mobilitätsanbieter und gründete Green Moves. Heute bietet die hundertprozentige Naturstrom-Tochter in rund 30 Städten Nordrhein-Westfalens E‑Bikes im Abonnement an.

Ende vergangenen Jahres startete eine neue Kooperation mit den Kölner Verkehrsbetrieben. Insgesamt 30 elektrische Lastenräder von Green Moves stehen in vier Ortsteilen der Domstadt zur Ausleihe bereit.

Schon seit Mai letzten Jahres können die Leverkusener:innen auf E‑Lastenräder von Green Moves zurückgreifen. Eine Kooperation mit dem dortigen Nahverkehrsunternehmen Wupsi macht das Sharing-Angebot möglich.

Naturstrom unterstützt mit dem Projekt "Ladegrün" auch den Ausbau von E‑Ladeinfrastruktur. Ladegrün ist ein Joint Venture mit zwei anderen Ökostromern, EWS Schönau und Green Planet Energy, und verspricht seinen Kund:innen, dass ihr E‑Fahrzeug nur "echten" Ökostrom lädt.

So versucht sich Naturstrom – wie andere Ökoenergieversorger auch – am Auf- und Ausbau klimafreundlicher Mobilitätsangebote, um Menschen zu motivieren, auf das private Auto zu verzichten.

"Nachhaltige Mobilität ist ein schwieriges Geschäft", räumt Naturstrom-Vorstandschef Oliver Hummel bei der Präsentation der 2022er Jahresbilanz ein. Eine Verkehrswende werde zwar allgemein befürwortet, aber die Umsetzung sei verdammt schwer. "Kunden davon zu überzeugen, dass sie kein eigenes Auto brauchen – das ist noch ein langer Weg", meint Hummel.

Kritik am Preisbremsengesetz

Mehr Sorgen machte Hummel zuletzt aber die Energiekrise, die für ein angespanntes Jahr 2022 und einen herausfordernden Jahresbeginn 2023 sorgte, denn sie trieb die Strom- und Gaspreise in die Höhe.

Die Bundesregierung versuchte, bei den explodierenden Strom- und Gaspreisen gegenzusteuern – mit Preisbremsen, Mehrwertsteuersenkungen und der Aussetzung des Gasabschlags im letzten Dezember. Doch die Umsetzung sei an den Energieversorgern hängengeblieben, so der Tenor auf der Jahrespressekonferenz.

Hummel kritisiert das Preisbremsengesetz: "Es ist eine Regelung, die per se sinnig ist, aber ein unheimlicher Umsetzungsaufwand und Stressfaktor für die Energieversorger war." Die Versorger hätten ausbaden müssen, dass es in Deutschland immer noch nicht möglich ist, dass der Staat den Bürger:innen direkt Geld überweist, damit sie selbst entscheiden können, wofür sie es einsetzen.

 

Abgesehen von den gesetzgeberischen Regelungen hatte Naturstrom auch mit den, wie Hummel sagte, "turbulenten" Änderungen der Strom- und Gaspreise zu kämpfen. Zwar sei Ökostrom gegenüber den fossilen Alternativen kostengünstiger in der Herstellung, doch müsse auch er sich am Börsenpreis ausrichten.

Bereits im Laufe des Jahres 2021 verdoppelte sich der Strompreis und explodierte schließlich bis August 2022. Teils verzehnfachte er sich und lag an der Strombörse zeitweise bei fast einem Euro pro Kilowattstunde. Der Gaspreis entwickelte sich nahezu identisch.

"Das waren völlig unbekannte Größenordnungen", bilanziert Hummel. Trotzdem habe es Naturstrom geschafft, die Preise stabil zu halten und nach Einführung der Preisbremse im Januar stetig zu senken.

Seit Anfang April zahlen Naturstrom-Kund:innen 34,9 Cent pro Kilowattstunde für Strom, der Gaspreis liegt bei 10,9 Cent. Damit liegt der Energieversorger unter Preisbremsen-Niveau und gut platziert im Markt, nicht nur im Ökostrommarkt, wie Hummel betont.

Somit war 2022 trotzdem ein gutes Geschäftsjahr, in dem Naturstrom seinen Umsatz auf 737 Millionen Euro gegenüber 451 Millionen im Vorjahr steigern konnte.

Mehr Photovoltaik und dezentrale Energieversorgung 

Dieses Jahr sollen noch zwei neue Solarparks mit insgesamt 30 Megawatt Nennleistung fertiggestellt werden. Eine weitere Freiflächen-Solaranlage ist für das kommende Jahr geplant, auch kleinere Windprojekte stehen in den Startlöchern. Einen besonderen Fokus legt das Unternehmen auf die dezentrale Energieversorgung, bei der die Energie dort genutzt wird, wo sie auch erzeugt wird.

Das größte Naturstrom-Projekt entsteht im Nordosten Berlins. "Kokoni One" ist ein Quartier mit 84 Wohnungen, die brennstofffrei mit Wärme versorgt werden sollen – durch Erdwärmesonden und zwei Großwärmepumpen, die mit dem Strom der Solardächer betrieben werden. "Hier konnten wir unter Beweis stellen, dass eine komplett brennstofffreie Quartiersversorgung möglich ist", erklärt Naturstrom-Vorständin Kirstin Nölke.

Ein weiteres Projekt entsteht derzeit in einer kleinen Gemeinde in Rheinland-Pfalz. Hier wird die klimafreundliche Wärmeversorgung auf dem Land getestet. Am Rande der Gemeinde soll ein Windrad errichtet werden, das eine Power-to-Heat-Anlage betreibt.

Dabei wird eine große Menge Wasser erhitzt, zwischengespeichert und ins kommunale Wärmenetz eingespeist. Das soll nicht nur brennstofffrei sein, sondern für die Bewohner:innen auch die günstigste Form der Wärmeversorgung.

Um die Energiewende aus ihrem Winterschlaf zu holen, sei aber noch mehr nötig, sagt Hummel. "Viele Gesetze gehen in die richtige Richtung, aber es gibt auch noch viele Lücken."

Solche sieht Hummel besonders bei den Verfahren zum Bau neuer Anlagen: "Wenn ich in sieben Jahren einen Riesenausbau der erneuerbaren Energien haben möchte, dann kann ich nicht sieben Jahre brauchen, um ein Projekt im Windkraftbereich zu realisieren. Das ist aktuell noch der Fall."

Die Verfahren müssten beschleunigt werden, sonst werde es nichts mit dem angestrebten Erneuerbaren-Ausbau. Naturstrom versuche seinen Beitrag zu leisten, sei als Energieversorger aber auf den politischen Willen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen angewiesen.

Redaktioneller Hinweis: Naturstrom-Vorstand Oliver Hummel gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.