Präsentation einer großen Menge weggeworfener Lebenmittel, die noch verwendbar sind.
Der WWF beschreibt das Problem, will aber an den Strukturen im Food-Sektor lieber nicht so viel ändern. (Foto/​Ausschnitt: Love Food Hate Waste New Zealand/​Wikimedia Commons)

Jeder Tag des Klimagipfels COP 26 in Glasgow hat einen Schwerpunkt. So gibt es den Tag der Wissenschaft und Innovation, den "Gender Day" und auch den "Transportation Day" am heutigen Mittwoch. Einen "Food Day", also einen ganzen Tag zum Schwerpunkt Ernährung und Klima, gibt es jedoch nicht, bedauert João Campari am Dienstag bei einem Pressetermin.

Spätestens auf der kommenden COP 27 in Ägypten und dann auf jedem weiteren Weltklimagipfel müsse es einen Food Day geben, forderte Campari, bei der Umweltorganisation WWF für globale Ernährung zuständig.

Das zu begründen fällt dem WWF-Mann nicht schwer. Wenn die Ernährung für rund 30 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich ist, lässt sich ohne deren Transformation das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichen.

Dabei gilt: Wenn die anderen Sektoren in den nächsten Jahren ihre Emissionen hoffentlich deutlich reduzieren werden, steigt der "Food"-Anteil an. In Deutschland wird sich, wenn das Klimaschutzgesetz eingehalten wird, der Anteil der landwirtschaftlichen an den gesamten CO2-Emissionen von 1990 bis 2030 verdoppeln: von sechs auf zwölf Prozent.

Ähnlich wie in Deutschland bewegt sich der Agrarsektor auch in Glasgow noch weitgehend unter dem Klima-Radar. So stammt zwar, wie auch Campari sagt, die Hälfte der weltweiten Methan-Emissionen aus der Lebensmittelproduktion.

Doch der jetzt in Glasgow vorgestellte und hochgelobte "Global Methane Pledge" von zahlreichen Staaten erwähnt diese Emissionen eher nebenbei. Auch in der Debatte zu dem "Methan-Versprechen" spielte das agrarische Methan nur eine untergeordnete Rolle, erinnern sich Beteiligte.

Obwohl sich die meisten Länder in ihren Klimazusagen auch auf Landwirtschaft oder Landnutzung beziehen, fehlt es dort an konkreten Zielen und Umsetzungsplänen, kritisiert Campari. In allen 16 der bisher von den G20-Staaten eingereichten Klimapläne gebe es keine Ziele, um die Emissionen aus dem Agrarsektor zu reduzieren.

Schaut man auf die gesamten Treibhausgase aus der weltweiten Lebensmittelerzeugung, so entfällt nach WWF-Angaben mit 30 Prozent der größte Anteil auf die Tierhaltung einschließlich der Fischzucht.

Weitere 27 Prozent der weltweiten Food-Emissionen verursacht die Pflanzenproduktion für die menschliche Ernährung, darunter ist ein Anteil von sechs Prozentpunkten, der auf den Pflanzenanbau für Tierfutter zurückgeht.

24 Prozent der Agrar-Treibhausgase stammen schließlich von Landnutzungsänderungen wie kultivierten organischen Böden, trockengelegten Mooren beispielsweise, sowie aus Savannenbränden.

WWF-Vorschläge bleiben eher allgemein

Angesichts der Verhältnisse ist klar: Aus der Ernährung kann die Menschheit klimapolitisch nicht in derselben Weise aussteigen wie aus den fossilen Energien, das betont auch Campari. Um ihre Emissionen zu reduzieren, muss die Landwirtschaft seiner Auffassung nach teilweise selbst zu einer CO2-Senke werden.

Die Vorschläge, die der WWF dazu in einem gestern veröffentlichten "Food Manifesto" vorlegte, bewegen sich allerdings eher auf einer allgemeinen Ebene: mehr gesunde und nachhaltige Ernährungsweisen, weniger Abfall und Verluste vom Feld bis zum Teller. Ernährung müsse Teil aller NDCs, also der Klimazusagen sämtlicher Staaten, werden.

COP 26 in Glasgow

Nach 25 UN-Konferenzen gibt es noch immer keine Lösung für die Klimakrise, aber wenigstens das Pariser Klimaabkommen. Wie gut es funktioniert, wird sich beim 26. Gipfel in Glasgow zeigen. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Schottland und berichtet mehrmals täglich.

Die Organisation kritisiert in dem "Manifesto" auch, dass nur ein Bruchteil der milliardenschweren Agrarsubventionen dazu dient, für Klima und Natur hilfreiche Produktionweisen zu unterstützen. Diese Gelder müssten, heißt es, schneller umgewidmet werden, sodass sie die nachhaltige Erzeugung von Lebensmitteln belohnen.

WWF-Agrarexpertin Martina Fleckenstein weist auf die zersplitterten Zuständigkeiten hin, unter denen die Probleme des Agrarbereichs behandelt werden. Für jedes Problem, das den Ernährungssektor tangiert, gebe es eine UN-Konvention oder internationale Konferenzserie – für biologische Vielfalt, gegen Abholzung oder für nachhaltige Landnutzung.

"Es ist mehr als dringend, die verschiedenen Ansätze zusammenzubringen", sagt Fleckenstein – und gerade dazu brauche man einen "Food Day" auf den Klimagipfeln.

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